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domingo, 9. febrero 2025
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Porträt – Claus Behn

Arzt und Professor an der Medizinischen Fakultät der Universidad de Chile

«Der Rhythmus ist in jeder Hinsicht für den Menschen wichtig»

Claus Behn ist Professor an der Medizinischen Fakultät der Universidad de Chile. Dank seiner Forschungsergebnisse zu extremen Lebensbedingungen wurden die Arbeitsbedingungen vieler Menschen vor allem im Bergbau verbessert. Seit 2020 ist der deutsch-chilenische Arzt und Wissenschaftler Mitglied der Chilenischen Akademie für Medizin am Instituto de Chile. 

Von klein auf hat Claus Behn die Erforschung der Natur begeistert – und sein erster großer Förderer war sein Großvater Conrad Behn, ein promovierter Chemiker. Dieser war um die Jahrhundertwende während des Salpeter-Booms  nach Chile gekommen und wurde später ein bekannter Botaniker. In seinem Herbarium hatte er Samen des Tolomiro, eines Baums auf der Osterinsel, der bereits ausgestorben war. Claus säte diesen Samen. Die dadurch wiedergewonnenen Exemplare dieser Art wurden zur weiteren Vermehrung dem Parque Salitre in Viña del Mar vermacht. 

Auf dem Dachboden seines Hauses in Viña del Mar hatte Großvater Behn ein chemisches Labor eingerichtet. Hier machte Claus Behn gemeinsam mit ihm seine ersten Experimente. Dabei geriet das Haus allerdings nicht selten in Brandgefahr, wie er sich erinnert. «Die Wunder des Lebens mittels der Physiologie zu erforschen», motiviert ihn seit seiner Zeit in Viña del Mar bis heute.

Genauso wie sein Vater und seine drei Geschwister und zeitweise auch seine Kinder besuchte Claus die Deutsche Schule in Valparaíso. Da seine Eltern auf dem Land lebten, wohnte er in der Hafenstadt im Haus des evangelischen Pastors Martin Kannegießer als Pensionsschüler: «Ich habe nur sehr schöne Erinnerungen. Es war eine große fröhliche Familie.»

Nach dem Schulabschluss begann er 1958 an der Universidad de Concepción mit dem Medizinstudium und wechselte nach dem Erdbeben 1960 an die Universidad de Chile in Santiago. Besonders beeindruckt haben ihn dort seine Lehrer Alejandro Garretón, Antonio del Solar und Armando González Benedetti, die auch seine einstweilige Entscheidung beeinflussten, Internist zu werden. Nach dem Abschluss seines Medizinstudiums hatte er 1965 die Gelegenheit, sein Studium zum Internisten an der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen zu beginnen. Die erste Herausforderung habe darin bestanden, die Einheimischen zu verstehen: «Wir hatten zuhause eigentlich immer Deutsch gesprochen, aber das Schwäbisch war nicht einfach für mich.» 

Anschließend promovierte und habilitierte er in den Fächern Physiologie und Physiopathologie an der Freien Universität Berlin. Aus dieser Zeit erinnert er sich gern an wissenschaftliche Vorbilder wie die deutschen Professoren Otto Heinrich Gauer, Ekkehard Zerbst, Karl Kirsch, Hanns-Christian Gunga, Klaus Hierholzer und Michael Wiederholt. 

Von nun an zieht sich durch Claus Behns wissenschaftliche Laufbahn wie ein roter Faden die Frage: Wie geht der Mensch mit extremen Umweltbedingungen um? Welche Rolle spielen dabei physiologische Rhythmen, der natürliche Lebensrhythmus des Körpers?

Der Wissenschaftler erklärt: «Der Rhythmus, den alle Prozesse in lebenden Organismen aufweisen, ist in jeder Hinsicht auch für den Menschen wichtig. Das zeigt allein, dass es in allen Kulturen Musik und Tanz gibt.» Ein regelmäßiger Rhythmus sei entscheidend für ein gesundes Leben, «insbesondere der Wechsel zwischen Licht und Dunkelheit, zwischen Ruhephasen und Aktivität spielen eine große Rolle». Das Fehlen eines regelmäßigen Tag-Nacht-Rhythmus habe viele Menschen während der Pandemie aus der Bahn geworfen.

1978 erhielt Claus Behn vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) eine Förderung für eine fünfjährige Austauschprofessur an der Universidad de Chile in Montemar. Ab dem Jahr 1985 wechselte er an die Universidad de Valparaíso, wo auch Professor Bruno Günther gearbeitet hatte. Ihm verdankt Behn, wie er betont, ein in langen anregenden Gesprächen erworbenes physiologisches Grundwissen.  

Danach kam wieder ein Zeitraum an der Freien Universität Berlin, wo er stellvertretender Direktor des Sportmedizinischen Instituts war. In diesen Jahren erlebte Claus Behn den Fall der Mauer in Berlin. 1992 fällte er die Entscheidung, nach Chile zurückzukehren – eine Rolle habe unter anderem auch das sonnige Klima gespielt: «Immerhin ist es fast acht Monate recht wolkig und grau in Berlin.» Dennoch fiel es ihm nicht leicht, sich nach 20 Jahren in Chile wieder einzugewöhnen. Er zitiert Wolf Biermann: «Das eigentliche Exil beginnt bei der Rückkehr.» Doch habe er seinen Entschluss nie bedauert. Dazu trägt auch seine jetzige Frau Claudia bei. 

Seine Kinder sind in Deutschland geboren. Seine Tochter Cornelia, eine promovierte Tiermedizinerin, lebt in Gießen und sein Sohn Oliver, ein promovierter Agraringenieur und Baumgutachter, in Berlin. Sein Enkel Sebastian hat gerade in Hannover das Studium der Humanmedizin begonnen. Claus besucht seine Kinder in Deutschland so oft es geht.

Zurück in Chile wurde Claus Behn ordentlicher Professor an der Medizinischen Fakultät der Universidad de Chile. Aufgrund seiner Leistungen und Studien zum Thema, wie sich der Mensch an extreme Lebensbedingungen anpasst, wurde der Wissenschaftler im Jahr 2020 in die Chilenische Akademie für Medizin des Instituto de Chile aufgenommen.  

Nicht nur in der Forschung, auch in der Lehre ist Claus Behn sehr erfolgreich. Verbesserte Studienbedingungen sind sein großes Anliegen: «Dozenten sollten dafür sorgen, dem Studium einen Sinn zu geben, die Liebe zum Wissen fördern, kritisches Denken entwickeln und einen respektvollen Umgang pflegen – und dies wird nicht durch die Aufnahme von mehr Informationen erreicht, sondern durch den ungezwungenen Dialog zwischen Lehrer und Student.»

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