Skifahren ist in Chile keine sehr verbreitete Sportart. Umso kämpferischer, beharrlicher und disziplinierter muss ein Leistungssportler auf diesem Gebiet sein – Eigenschaften, die auf den 28-jährigen Henrik von Appen zutreffen: Bei der Ski-Weltmeisterschaft in Frankreich erreichte er am 12. Februar mit einem 22. Platz von 41 Teilnehmern in der Abfahrt den Höhepunkt seiner Karriere.
Henrik von Appen widmet sich seit einigen Jahren ganz und gar dem Skisport. Ein Entschluss, der ihm viel abverlangt und dadurch sein ganzes Leben verändert hat. Denn er lebt hauptsächlich auf der nördlichen Erdhalbkugel, zurzeit vor allem in der Olympiastadt Turin in Norditalien. In Chile ist er eher seltener.
Im Februar dieses Jahres erreichte der Skiprofi den bisherigen Höhepunkt seiner sportlichen Karriere mit einer hervorragenden Teilnahme an den alpinen Ski-Weltmeisterschaften, die vom 6. bis 19. Februar im französischen Courchevel und Méribel stattfanden. In der Abfahrt (Descenso) errang er Platz 22 von 41 Teilnehmern, und nur kam nur 1,8 Sekunden hinter dem Ersten ins Ziel – unglaublich! Damit ist er der einzige Südamerikaner an der Weltspitze dieser Sportart
Nur einige Tage zuvor, am 9. Februar, hatte er Rang 24 im Super G oder Super Riesen Slalom erreicht. Dieser Lauf ist nach der Abfahrt die zweitschnellste Disziplin im alpinen Skisport. Die Strecke ist kürzer, aber technisch anspruchsvoller, mit mehr Toren auf kurzer Distanz. In beiden Wettkämpfen kommt es auf die Hundertstelsekunde an, und jede Verzögerung hat sofort eine Konsequenz – der Unterschied zwischen dem Sieger und den anderen Teilnehmern ist minimal. Henrik hat Talent und Beharrlichkeit bewiesen und kann in der Weltelite mitmischen. Er ist Landesbester ohne Konkurrenz und auch führend in Südamerika. Die Deutsche Welle spricht in einem Bericht über ihn vom «Einzelkämpfer einer riesigen Ski-Region, wo Henrik von Appen sich als einziger Vertreter profiliert». Rund 200.000 Chilenen betreiben Skisport.
Star und Sieger bei der diesjährigen WM war der Schweizer Marco Odermatt. Kein Unbekannter auf den chilenischen Pisten: Dort trainiert er regelmäßig, wenn im europäischen Sommer auf den Pisten kein Schnee liegt.
Henriks Weg auf den Brettern begann schon in seiner Kindheit, als er von Mutter Isabel und Vater Dag gefördert wurde. Zweifellos sehr begabt zeigte er sich auch an der Deutschen Schule Santiago in Bezug auf seine sportlichen Fähigkeiten, unter anderem beim Basketball, bei dem er Schulmeister wurde. Doch Schnee und Berge waren attraktiver, und so zog es ihn und seinen jüngeren Bruder Sven, auch ein begeisterter Skifahrer, immer wieder in die Höhe. Nach dem Schulabschluss im Jahr 2012 kombinierte er das Studium der Betriebswirtschaftslehre mit Leistungssport, doch seine Leidenschaft galt dem Schnee. Er versuchte sein Glück bei verschiedenen Wettkämpfen wie World Cups oder Ländermeisterschaften. 2014 nahm Henrik von Appen an seinen ersten Olympischen Winterspielen in Sotchi in Russland teil. Dann kam 2018 Pyeongchang in Südkorea, wo er auch Fahnenträger war. Die Ergebnisse waren unbefriedigend, die gesammelten Erfahrungen jedoch groß. Er erlitt eine komplizierte Verletzung, die ihn um zwei Jahre zurückwarf. 2019 wurde er von der chilenischen Sportpresse als bester Chilene im Alpinen Skisport ausgezeichnet. 2022 war er auch in Peking (seine dritten Spiele) dabei.
Mit seinen letzten Auftritten in Frankreich hat er Geschichte im chilenischen und auch südamerikanischen Wintersport geschrieben. Er ist ein Einzelkämpfer, der sich durchgesetzt hat und die Weltspitze mitgestaltet. Der Preis dafür ist hoch und der Verzicht groß. Irgendwann kommt die ersehnte Medaille, die Henrik verdient und erhofft. Vielleicht bei den nächsten Olympischen Winterspielen in Italien 2026!