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sábado, 19. abril 2025
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Porträt – Ingrid Puccio

Pharmazeutin und Schnapsherstellerin

Österreichischen Obstler in Chile salonfähig gemacht

Schnaps ist nicht gleich Schnaps – das weiß Ingrid Puccio nur zu gut. Die Salzburger Pharmazeutin ist die erste Erzeugerin des edlen Destillats in Chile. Ihr Mann Osvaldo Puccio unterstützt sie dabei. Er hat als Botschafter in Österreich die über 40-prozentige Spirituose mit dem feinen Obstaroma zu schätzen gelernt.

Eine Frau, die bereit ist, sich beruflich weiterzuentwickeln – und dafür auch etwas Neues ausprobiert und keine Anstrengungen und Mühen scheut. Das hat die Salzburgerin Ingrid Puccio bereits zweimal in ihrem Leben bewiesen: In ihrer ersten Lebenshälfte gründete die Pharmazeutin eine eigene Apotheke und nun betreibt sie die erste Destillerie in Chile. Auch in ihrem Privatleben ist die Österreicherin bereit gewesen, für ihren eigenen Lebensweg zu kämpfen. 

«Eigentlich hatte ich mit meinem Mann in Anif bei Salzburg alles aufgebaut, was wir uns wünschten: ein Haus gebaut, vier Kinder bekommen.» In ihrer Ehe fühlte sie sich aber über viele Jahre nicht glücklich. Nach der Gründung ihrer Apotheke in Anif wurde es nicht besser. 1994 lernte sie Osvaldo Puccio kennen, der zu dieser Zeit als chilenischer Botschafter in Wien arbeitete. Es war für beide die große Liebe. 

Ingrid Puccio zeigte damals Mut und einen langen Atem, um für ihr Lebensglück zu kämpfen. Endlich im Jahr 2003 begleitete sie mit ihrem jüngsten Sohn Osvaldo Puccio zu seiner Stelle als chilenischer Botschafter in Brasilien. 2005 wurde Osvaldo Minister in der Regierung Lagos, 2006 Botschafter in Spanien. Dort wurde dringend ein Koch benötigt: «Und der chilenische Starkoch Guillermo Rodriguez empfahl uns seine Lieblingsschülerin Marite Madrid aus Navidad.» Marite organisierte und kochte nicht nur fantastisch, wie Ingrid bemerkt: «Mit ihr verstand ich mich so gut, dass sie mir wie eine Tochter ans Herz gewachsen ist.» 

2008 zog das Ehepaar nach Santiago, wo Osvaldo Puccio als Berater in die Privatwirtschaft ging. Als Ingrid Marite, ihre ehemalige Köchin, in deren Heimatregion Navidad besuchte, war die Österreicherin sofort begeistert von der Landschaft dieser Gegend. Auch das Publikum in Matanzas gefiel ihr: «Die Surfer sind schon eine besondere Kategorie von Menschen: unkompliziert und unkonventionell.» 

In dieser Zeit begann sie sich nach einer neuen Aufgabe umzusehen. Sie erinnerte sich an die Bar mit den österreichischen Spirituosen ihres Mannes in Wien, der den Chilenen so gut geschmeckt hatte. Das feine und hochalkoholische Getränk kannte der Besuch aus Lateinamerika nicht. «Und alle waren begeistert», hatte Ingrid festgestellt.
So entstand die Idee, eine Destillerie aufzubauen. Nach einiger Suche entschied sie sich für ein Grundstück bei Matanzas, das an einem Hang lag: «Dies ermöglichte den Bau eines Kellers, um den Schnaps lagern zu können. Aber auch damit ich als Frau in der Lage bin, den Transport der Fässer für die Fermentierung allein zu bewerkstelligen.» 

In ihrer Heimat bei Salzburg, wo sie vier Monate im Sommer jedes Jahr verbringt, schaute sie bei ihren Nachbarn beim Schnapsbrennen zu und nahm im Laufe der Jahre an drei Kursen teil. «Meine Kenntnisse als Pharmazeutin kamen mir auch zugute.» Ein gutes «Schnapserl» ist fruchtig-mild und, wie Ingrid erklärt «auch wohltuend im Magen, vor allem nach einem schweren Essen, wie zum Beispiel einem Asado. Auch bei Erkältungen tut es gut. Man trinkt ihn nicht zu kalt aus einem Stamperl, einem kleinen Schnapsglas, aber langsam und mit Genuss, damit der feine Geschmack zu Geltung kommt». 

Die erste Schwierigkeit für die 73-Jährige war es, das richtige Obst zu finden – denn gute, reife Früchte sind das A und O für einen hochwertigen Schnaps. Weitere Voraussetzung war, dass diese in großen Mengen vorhanden sein mussten: «Für die Schnapsproduktion ist der Materialeinsatz enorm groß», erklärt die Unternehmerin. Die Ausbeute beträgt zum Beispiel bei Äpfeln nur 5 bis 8 Prozent. Fündig wurde sie schließlich bei guten Freunden und auf dem Golfplatz beim Club La Dehesa, wo die Puccios Mitglieder sind: Die wilden Mirabellen, die Ciruelas Silvestres – österreichisch Kriacherl -, seien ideal für einen guten Schnaps. Die Destille brachte sie sich aus Österreich mit. 

Bei dem Prozess der Gärung – durch Hefebakterien aktiviert – wird zunächst der Fruchtzucker in Alkohol umgewandelt. Nach etwa vier Wochen wird das erste Mal gebrannt und dieser Raubrand wird dann zum zweiten Mal feingebrannt, wobei der pure Trinkalkohol und die besten Aromastoffe gesondert aufgefangen werden. Dann folgt die Reifungsphase.

Auf dem Etikett der Halbliter-Schnapsflaschen ist das Logo mit Bergen im Hintergrund und dem Schriftzug «Gebrüder Lang» zu lesen. Dies ist Ingrids Mädchenname: «Dabei habe ich an meinen Vater und seine beiden Brüder gedacht. Alle drei sind vom Zweiten Weltkrieg gezeichnet worden, mein Vater hat im Kampf ein Bein verloren, sein Bruder wurde als 20-Jähriger über dem Ärmelkanal abgeschossen. Diese Generation war es auch, die nach dem Krieg den Wiederaufbau erfolgreich bewerkstelligte – und für unser heutiges Leben die Grundlage errichtete.» Das habe sie bewogen, ihnen ihr Produkt als Ausdruck der Dankbarkeit zu widmen. 

Inzwischen kann sie auch schon erste Verkaufserfolge bei Restaurants verbuchen. Diese sind aber nicht das, was für Ingrid Puccio das Wichtigste bei ihrer Arbeit ist: «Die menschlichen und manchmal intensiven Begegnungen, durch die auch Freundschaften entstehen – das macht mir am meisten Freude.»

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