Einsatz für grünen Wasserstoff zur Energiewende
Die Journalistin Grace Keller hat sich bereits vor 20 Jahren in Deutschland von dem Thema grüner Wasserstoff faszinieren lassen. Sie gründete und leitet nun die Multimedia-Plattform H2News, ist Vorstandsmitglied des Wasserstoffverbands H2 Chile und Mitglied des Netzwerks «Women in Green Hydrogen».
Im Jahr 1999 zog Grace Keller nach Deutschland, wo sie 13 Jahre verbrachte. 2004 wurde ihr Sohn in München geboren. «Deutsch habe ich hier auch gelernt, aber richtig verstanden habe ich es erst, als ich in Köln war», berichtet sie lachend. Sie hat Deutsch-Kurse am Dolmetscher Institut München genommen, wo sie später auch selbst als Spanischlehrerin gearbeitet hat: «Mir war es immer wichtig, nicht nur die Grammatik und das Vokabular zu vermitteln. Erst im Kontext mit der Kultur entwickelt man ein Verständnis für die Sprache und die Mentalität der Spanier und oder der spanischsprachigen Südamerikaner.» Das habe nicht nur ihr, sondern vor allem auch ihren Schülerinnen und Schülern Spaß gemacht, zum Beispiel einen lateinamerikanischen Film anzusehen.
Auch ihren Beruf der Journalistin hat die gebürtige «Penquista» (aus Concepción) in Deutschland weiter ausgeübt. Sie war unter anderem Korrespondentin für Radio Biobío, Cooperativa und die Zeitung El Sur. Die Fußballweltmeisterschaft in München 2006 war für die rege Journalistin ebenfalls eine Gelegenheit, Berichte nach Chile zu senden: «Ich schrieb Tages-Chroniken, in denen es auch um die deutsche Mentalität und typische Verhaltensweisen ging. Das fanden die Leser in Chile sehr unterhaltsam und interessant!»
Dabei hat Grace Keller nicht deutsche, sondern Schweizer Wurzeln. «Unser Stammbaum reicht zurück bis ins Jahr 1649. Meine Familie stammt aus Unterbözberg bei Zürich, von wo mein Urgroßvater nach Chile ausgewandert ist.» Sie betont: «Meine Mutter heißt Valdés – also eigentlich bin ich ein Gemisch – so wie wir ja eigentlich alle.» Ein Grund für sie, offen für Menschen aller Kulturen zu sein.
Ihre Zeit in Deutschland hat ihr aber auch in anderer Hinsicht einen Impuls gegeben und ihr Leben bestimmt: «Vor 20 Jahren war ich bei einer Veranstaltung von BMW in München, wo ein neues Modell der 7er-Reihe von BMW vorgestellt wurde. Damals hörte ich zum ersten Mal davon, dass Autos mit Wasserstoff statt mit Benzin aufgetankt und gefahren werden können.» Die im Jahr 2000 gebauten 15 Einzelexemplare vom Typ 750hL waren die ersten Fahrzeuge weltweit, die mit Wasserstoff betrieben wurden. Der Wasserstoff befindet sich bei minus 250 Grad Celsius flüssig in einem Stahltank hinter den Fondlehnen.
Für Grace Keller war damals schon klar: «Chile ist prädestiniert, mit seinem Potenzial von erneuerbarer Energie, für Deutschland oder andere Länder im Bereich grüner Wasserstoff ein Partner zu sein.» Inzwischen hat sie ein Diplom im Bereich Regulierung und Energiemarkt in Chile und eines zum Thema Wasserstoffwirtschaft an der Universidad de Santiago de Chile sowie Weiterbildungen auf dem Gebiet des Wasserstoffs bei der Council on Women in Energy & Environmental Leadership (CWEEL) absolviert. Genauso hat sich die ehemalige Chefredakteurin der Revista Energía und Leiterin der Sendung Puente Energético, von La Red ausgestrahlt, im Bereich der neuen Kommunikationsformen auf dem Laufenden gehalten und besuchte Kurse über digitales Marketing an der Universidad de Chile und über Social-Media-Strategien an der Universidad del Desarrollo, um die Bedeutung des Themas grüner Wasserstoff vielen Menschen zu vermitteln.
Vor zwei Jahren ergab sich durch ein Gespräch mit Hans Kulenkampff, dass sie beim gerade neu gegründeten Verband H2 Chile die Kommunikation übernahm. Inzwischen ist sie Mitglied im Vorstand. Der Verband, der von
28 jungen Ingenieuren gegründet worden war, hat inzwischen 60 Mitgliedsfirmen, darunter Enel und Codalco. Als Mitglied des 2020 gegründeten Netzwerks «Women in Green Hydrogen» in Chile setzt sie sich außerdem dafür ein, dass Frauen im Bereich grüner Wasserstoff gestärkt werden, damit sie vermehrt öffentlich ihre Ansichten vertreten und Einfluss gewinnen.
Grace Keller sieht beste Voraussetzungen für Chile im eigenen Land, aber auch weltweit weiter an der Dekarbonisierung zu arbeiten: «Es ist nicht einfach, da die Lobby für Öl groß ist, aber inzwischen ist das Bewusstsein gewachsen, dass wir unseren Lebensstil verändern müssen.» Zwar sei die angestrebte 1,5-Grad-Grenze nicht mehr zu erreichen – das Ziel, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen, wie fast alle Länder 2015 in einem Abkommen bei der UN-Klimakonferenz von Paris unterschrieben haben. Doch die technischen Möglichkeiten würden immer besser: «Seit Oktober dieses Jahres können mehr als 1.800 Haushalte in Coquimbo und La Serena grünen Wasserstoff im Alltag nutzen. Bei dem Pionierprojekt von Gasvalpo und der Universität von La Serena wird schrittweise 20 Prozent des von H2V gelieferten Erdgas ersetzt.»
Die Wasserstoff-Expertin beschreibt die heutige Wirtschaft als eine Spirale: «Das Wirtschaftswachstum ist vom Konsum abhängig, doch dieser erhöht Kohlendioxid-Emissionen.» Sie plädiert für ein Umdenken und mehr bewusstes Konsumieren: «Wozu brauche ich ein neues Handy, wenn das alte auch nach sechs Jahren noch funktioniert? Oder bei der Kleidung: Es ist besser, nach Produzenten vor Ort zu schauen, wenn das auch nicht einfach ist.» Dennoch ist sie überzeugt, dass jeder einzelne mit seinen Entscheidungen zum Schutz von Umwelt und Klima beitragen kann.
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