So kochte die DDR
Viele können sich an die Zeiten, in denen Deutschland getrennt war, gar nicht mehr erinnern oder waren schlichtweg noch nicht geboren. Zwischen der Insel Rügen und dem Erzgebirge, zwischen Thüringen und der Lausitz entwickelte sich bis zur Wende eine ganz eigene Koch- und Esskultur, geprägt vom Ideenreichtum der DDR-Bürger, die so manchen Versorgungsengpass mit viel Kreativität und frischen Produkten aus dem eigenen Garten überbrückten.
Aus diesem Grund ist es sicher interessant, sich an ein paar Gerichte aus der ehemaligen DDR zu erinnern. Zuerst sollte man sich aber auf jeden Fall bewusst sein, dass der Erwerb von Nahrungsmitteln und damit die Essensauswahl nicht mit der heutigen Zeit vergleichbar sind. In der DDR hat zwar niemand gehungert, aber bestimmte Produkte gab es nicht immer zu kaufen. So wurde zum Beispiel beim Wocheneinkauf geschaut, was gerade beim Fleischer im Angebot war und erst danach das Sonntagsmenü festgelegt: Rouladen, Schnitzel oder Gulasch, Klopse, Schweine- oder Hackbraten – letzterer auch «falscher Hase» genannt – waren die gängigsten Gerichte. Montags gab’s dann meistens die Reste vom Sonntag. Auf die übrigen Wochentage waren Gemüseeintopf, Fisch, Hülsenfrüchte und auch ein süßes Mittagessen verteilt, etwa Milchreis mit Zimtzucker oder Eierkuchen mit Apfelmus. Und samstags gab es bei uns immer Spaghetti mit Tomatensoße – diese war sehr dickflüssig und wurde auf der Basis einer Mehlschwitze mit Tomatenmark angerührt. Alles in allem ein abwechslungsreiches Wochen-Menü!
Eier in Senfsoße (Foto oben)
Dieses Gericht gab es oft in der Schule und später auch in der Mensa der Universität. Ich liebe Eier in Senfsoße und bereite sie immer noch gerne zu. Heute stehen sie allerdings nicht mehr auf den herkömmlichen Tageskarten deutscher Restaurants. Eigentlich soll das Senfei aus dem 19. Jahrhundert stammen, denn in dieser Zeit tauchte es zum ersten Mal in den Kochbüchern auf. In der DDR war das Gericht dann sehr beliebt, denn immerhin gab es Eier und Senf immer zu kaufen. Die süß-saure Soße wird aus Brühe, Mehl, Butter, Essig, etwas Zucker und scharfem Senf hergestellt, in der die hart gekochten Eier dann noch durchziehen. Dazu gibt’s Salzkartoffeln.
Mett-Igel
Der niedlich aussehenden Fleischklops namens Mett-Igel war damals von keiner DDR-Party wegzudenken. Die Spezialität, bestehend aus rohem Schweinehack (Hackepeter), Zwiebeln und Petersilie war damals auf allen Tischen präsent. Das Igel-Aussehen bekommt er, indem man Zwiebelstücke wie Stacheln in das Hackfleisch (Mett) steckt. Heutzutage können sich viele nicht mehr vorstellen, rohes Schweine-Hackfleisch zu essen. Aber Hackepeter gibt’s trotzdem in Deutschland immer noch in jedem Supermarkt und jeder Fleischerei.
Foto Mettigel: IMAGO Images / Panthermedia
Jägerschnitzel
Beim Jägerschnitzel denken viele an ein schönes Steak mit frischen Champignons. Allerdings ist dieses Gericht aus der DDR etwas vollkommen anderes. Denn hierbei handelt es sich um Jagdwurstscheiben, die wie ein Schnitzel mit Mehl, Ei und Semmelbrösel paniert und dann gebraten werden. Dazu gab es meistens Nudeln und Letscho. Letzteres ist übrigens ein ungarisches dickes Gemüseragout, das traditionell Paprikaschoten, Tomaten, Zwiebeln, Salz und gemahlenen süßen und scharfen Paprika als Grundrezept enthält. Heutzutage findet man dieses Gericht auch noch in traditionellen deutschen Restaurants.
Foto Jägerschnitzel: IMAGO Images / imagebroker
Soljanka
Heute fast unerschwingliche Köstlichkeiten wie Kaviar oder Kamtschatka-Krabben waren über Jahre billig vom russischen «großen Bruder» zu haben. Und noch ein Gericht kam aus der damaligen Sowjetunion in die DDR – die Soljanka, ein würziger, gehaltvoller Eintopf. Die leckere Suppe, zubereitet aus klein geschnittenen Stückchen von Wurst, Schinken oder auch Gulaschfleisch, Zwiebeln, Speck, sauren Gurken, Kapern, Tomatenmark, weiteren Zutaten und vielen Gewürzen wird beim Servieren mit einem Klecks saurer Sahne und Zitronenscheiben verziert. Sie avancierte in der DDR zu einer der beliebtesten Mahlzeiten – es gab sie in Schulen und Betriebskantinen, in Bahnhofsrestaurants und im Schnellimbiss.
Foto Soljanka: essenrezept.de
Rote Grütze
Unter Roter Grütze versteht man heute eine angedickte Masse von roten Früchten, die man zum Pudding reicht oder einfach nur so schlemmen kann. Die Gläser werden auch in Chile in Supermärkten verkauft. In der DDR war die rote Grütze ein etwas anderes, sehr beliebtes Dessert, denn es brauchte wenige Zutaten und war schnell gemacht, mit einem halben Liter rotem Fruchtsaft, Zucker, Salz, Stärkemehl, Mandeln und Früchten. Alternativ konnte man es aber auch aus einer Tüte zubereiten – diese gibt es in Supermärkten im Osten Deutschlands auch heute noch. Dabei handelt es sich um eine Art pinkfarbenen Grießpudding mit Fruchtaroma, der mit Vanillesoße serviert wird. Lecker, wenn auch nicht chemiefrei…
Foto Rote Grütze: IMAGO / Bernd Friedel
Es hat sich viel geändert
Viele Gerichte aus der DDR waren sehr lecker und werden auch heute noch gegessen. Wir sind jetzt aber privilegiert genug, uns auszusuchen, was wir essen möchten und was nicht. Im Endeffekt ist es doch so, dass jeder seinen eigenen Geschmack hat und den ausleben kann und auch sollte – auch wenn es um Gerichte aus der DDR geht, die heute vielleicht nicht mehr so oft auf dem Speiseplan stehen.
Quellen: wmn.de; «Deutsche Delikatessen Republik», Gondrom Verlag