Wenn das Steckenpferd zum Beruf wird
Felipe Hepp arbeitete etliche Jahre erfolgreich in verschiedenen Telefongesellschaften. In dieser Branche sammelte er ein gutes Quäntchen Erfahrung – bis er diesen Beruf an den Nagel hängte und einen völlig anderen ergriff.
Auf seinem Grundstück in Chicureo richtete er eine Bierbrauerei ein. Die Chicureo Beer Company betreibt er zusammen mit einem Geschäftspartner. Einen Betrieb dieser Art aufzubauen ist beileibe nicht leicht. Das beginnt schon beim Prüfen der Qualität des Wassers. Allerdings konnten die Unternehmer feststellen, dass dieses geeignet ist: «Das Wasser ist in Chicureo etwas härter, hat viele Mineralien und macht einige Reinigungsprozesse durch, durch die es sehr gut wird.»
Bevor Hepp sich entschloss, den Beruf zu wechseln, schaute er sich zunächst den Biermarkt an: «Der Konsum pro Kopf in Chile übersteigt die 50 Liter, wobei die Kleinbrauereien um die etwa zwei Prozent des Marktanteils ausmachen. Aber der potenzielle Markt ist ziemlich groß.»
Felipe Hepp spricht mit großer Begeisterung von seinem Beruf, sodass sich die Frage aufdrängt: Wie entstand sein Interesse an der Bierherstellung? «Ich habe Bier immer gemocht», versichert er, «das kommt wahrscheinlich von der Familie und das Leben hat mich dazu geführt. Ich habe früher immer in anderen Bereichen gearbeitet und nichts mit Bier zu tun gehabt.» Erst als er einen Freund traf, der Bier produzierte und dabei bereits Erfolg hatte, entstand sein Interesse. So beschlossen sie, Geschäftspartner zu werden. «Ich hatte vorher schon, so um 2006, zusammen mit meinem Bruder, für den Hausgebrauch, Bier gebraut – und es war recht gut», erinnert sich Hepp.
Mit seinem Geschäftspartner begann er vor genau einem Jahr mit dem Aufbau der Brauerei. Inzwischen boten sie zum Beispiel auf dem Oktoberfest des Club Manquehue und anderen Veranstaltungen ihre Produkte an. Zugleich beliefern sie Restaurants in Chicureo und Las Condes. Ein «drittes Geschäftsmodell», wie Felipe Hepp es nennt, ist die Auslieferung in 330-Kubikzentimeter-Flaschen. Schließlich bietet die Chicureo Beer Company noch ein viertes Modell an, nämlich das der Mehrwegflasche, das besonders erfolgreich ist, weil über das Wochenende viele Bestellungen eingehen.
Felipe Hepp war knapp 20 Jahre im Telefonmarkt tätig. Wie sehr viele junge Menschen, war auch er von den Möglichkeiten fasziniert, die das Medium bot: «Als das Blackberry auf den Markt kam, hattest du nicht nur das Telefon, um zu sprechen, sondern auch E-Mail und eine Art Chat. Heute hat man drei E-Mail-Konten im Telefon, Whatsapp und etliches mehr. Mit der Zeit wird dies noch besser werden und man wird aus dem Gerät noch wesentlich mehr herausholen können. Als ich im Jahr 2008 den ersten Videoanruf tätigte, war die Bildqualität sehr schlecht. Heute ist sie sehr gut.» Hepp spricht mit viel Sachkenntnis und ein gewisser Unterton einer alten Liebe ist unüberhörbar, obwohl er versichert, dass er keine Nostalgie verspürt: «Ich habe immer das modernste Telefon in Gebrauch, aber da ich tue, was mich begeistert, vermisse ich meinen einstigen Beruf nicht im Geringsten.»
Felipe Hepp wuchs in Concepción auf, wo er die Deutsche Schule besuchte. «Dort wurden uns nicht nur Werte vermittelt, sondern vielmehr ein ganzheitliches Konzept. Das bedeutet nicht etwa, der beste Schüler zu sein, sondern aktiv zu sein und die Werte auch zu leben.» Er erzählt gerührt, dass er auf dem Oktoberfest seine ehemalige Lehrerin Ilse Tamm getroffen hat. Es war ein ergreifendes Wiedersehen, das ihm die geliebte Schulzeit ins Gedächtnis zurückrief. Und: «Sie hat mein Bier probiert!»
In Concepción hatte er die Gelegenheit wahrgenommen, an einem Schüleraustausch nach Deutschland teilzunehmen. Eine einzigartige Erfahrung, während der er die deutsche Sprache erst richtig erlernte, erinnert er sich. «Ich wohnte in Dahn, einem kleinen Dorf, in dem nur Deutsch gesprochen wurde, weshalb ich die Sprache täglich üben musste und gut trainiert nach Chile zurückkam. Außerdem erlebte ich die deutsche Kultur, die ich vorher nur aus den Schulheften kannte.»
Trotz der vielen Arbeit für die Brauerei nimmt sich Hepp die Zeit, um ein altes Steckenpferd zu hegen und pflegen: Er ist ein leidenschaftlicher Feuerwehrmann. Bereits als Kind war er Mitglied der 7. Kompanie in Concepción, später trat er der 15. in Las Condes bei, «und als ich nach Chicureo umgezogen war, wurde ich Mitglied in der dortigen Wache, dessen Leiter ich heute bin». Das bedeutet eine gute Menge Arbeit, aber auch die Befriedigung, helfen und etwas Sinnvolles tun zu können. «Man hat mich mehrmals gefragt, ob ich Feuerwehrmann sein würde, wenn diese Funktion bezahlt wäre. Wahrscheinlich wäre ich es nicht.»
Chicureo ist ein junger Ort, in dem wenig Brände entstehen. Allerdings ist er von Weiden umgeben, die besonders im Sommer oft Feuer fangen. Außerdem gibt es auf den Landstraßen viel Verkehr, was bedauerlicherweise mit einer gewissen Regelmäßigkeit Unfälle zur Folge hat. So haben die Feuerwehrleute oft alle Hände voll zu tun.
Felipe Hepp ist als Leiter außer für die Einsätze auch für die Finanzen zuständig und organisiert die Besprechungen mit der Bürgermeisterin. Seine langjährigen beruflichen Erfahrungen sind dem Vielbeschäftigten
dabei ohne Zweifel nützlich, um seine zahlreichen Termine miteinander abzustimmen.
Foto: privat