Psychologin mit erfolgreichem Inklusionsprojekt
«Integrative Kultur ist ein ethisches Gebot»
Die Universidad Andrés Bello zeichnete im September Dr. Maria Theresa von Fürstenberg mit einer Honorarprofessur aus. Die Wissenschaftlerin lehrt an der Fakultät für Erziehungs- und Sozialwissenschaften und hat sich mit großem Erfolg einem Inklusionsprojekt für junge Menschen mit geistiger Behinderung an der Universität gewidmet.
Maria Theresa von Fürstenberg, von Beruf klinisch-pädagogische Psychologin, kam im Jahr 2000 als Assistenzprofessorin zur Unab. 2005, so erinnert sie sich, ergab sich die Möglichkeit, ein pädagogisches Inklusionsprojekt ins Leben zu rufen. So übernahm sie neben dem Unterricht die Leitung des Diplomstudiengangs für Arbeitskompetenzen an der Fakultät für Erziehungs- und Sozialwissenschaften, ein Pionierprogramm in Chile, das zu einem anerkannten Beispiel für die soziale und berufliche Inklusion von Menschen mit sonderpädagogischem Förderbedarf geworden ist. Damit wurden berufliche Entwicklungsmöglichkeiten für eine Gruppe von Studierenden geschaffen, die im chilenischen Hochschulsystem bis dahin keine Berücksichtigung fanden. Seit der Einführung des integrativen sozial-beruflichen Ausbildungsprogramms für junge Menschen mit geistiger Behinderung sind mehr als 300 Absolventen erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert worden.
«Als wir mit dem Projekt begonnen haben, gab es in Chile keine ähnlichen Erfahrungen und auch in anderen Ländern waren sie sehr rar, also haben wir unseren Weg nach und nach selbst gesucht», erklärt sie und fügt hinzu, dass es ein großer Erfolg und eine tiefe Befriedigung sei zu beobachten, wie sich die Lebensqualität der Studenten verbessert hat, wie sie sich autonomer fühlen. Zudem setzt das 2019 erlassene Gesetz über die berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten im öffentlichen und privaten Sektor voraus, dass sie über die erforderlichen Fähigkeiten für die angebotenen Arbeitsplätze verfügen. «Diese integrative Kultur ist nicht nur notwendig, sie ist ein ethisches Gebot für die gesamte Gesellschaft und insbesondere für die Bildungseinrichtungen», unterstreicht María Theresa, die an der Universidad de Chile Psychologie studierte, in Spanien einen Masterstudiengang in Humanressourcen abschloss und später an der Universidad Católica in Argentinien promovierte.
Inzwischen wird das Programm auch in den Zweigstellen der Universität Andrés Bello in Viña del Mar und Concepción angeboten. Das letzte Arbeitskataster von 2019 ergab eine Vermittlungsquote von 72 Prozent. «Wir hoffen, dass diese Art der Ausbildung in anderen Hochschuleinrichtungen nachgeahmt werden kann. Und wir hoffen auch, dass sich die Politik dafür einsetzt, dass junge Menschen diese Studien absolvieren können. Gegenwärtig haben sie nicht die gleichen Vorteile wie Studenten in traditionellen Berufen.»
Die 1953 in Santiago geborene Frau, die noch zwei Schwestern hat, erzählt: «Meine Mutter arbeitete als Sekretärin und mein Vater spezialisierte sich auf den Außenhandel, wobei er seine guten Sprachkenntnisse nutzte.» Sportliche Betätigung stand im Mittelpunkt ihrer Kindheit: «Wir sind sehr oft an einen See gefahren, haben gezeltet, sind Wasserski gefahren und geritten», erinnert sie sich.
Ihr Großvater väterlicherseits, Max von Fürstenberg, kam um 1920 nach Chile, um die Polizeidivision innerhalb der chilenischen Streitkräfte aufzubauen. Die Großmutter Luisa León Ravanal war Spanierin. Das Paar hatte acht Kinder, von denen Egon von Fürstenberg mit fast 100 Jahren noch in Argentinien lebt. Trotz ihres deutschen Nachnamens spricht María Theresa diese Sprache nicht. «Obwohl mein Vater Deutscher war, entschieden meine Eltern sich für die Braemar School mit Englischunterricht, weil sie dachten, dass die deutsche Schule zu schwierig wäre. Meine kleine Schwester ging dann aber auf die Schweizer Schule und lebt heute mit ihrer Familie in Deutschland. Ich war schon mehrere Male dort, besuchte Köln und Lindlar, wo mein Vater lebte, und das Schloss Heiligenhoven, wo die Familie wohnte.» Als Kind wollte sie Eigentümerin einer Buchhandlung werden, denn sie hat immer viel und gerne gelesen. Mit 15 Jahren begann sie, sich für Psychologie zu interessieren und spezialisierte sich dann an der Universität auf klinische Kinder- und Jugendpsychologie.
María Theresa ist seit 47 Jahren mit Gonzalo Garfias Cuadra verheiratet, einem Chilenen mit baskischen Vorfahren, der als Geschäftsmann im Transportsektor arbeitet. Von ihren drei Kindern hat keines die Psychologie als Studienfach gewählt: Carolina ist Kinderärztin, Gonzalo Anwalt für internationales Steuerrecht und Rodrigo Bauingenieur. «Alle sind verheiratet und ich habe mittlerweile acht Enkelkinder», lächelt sie. Gefragt nach ihren Hobbies erklärt sie, dass sie das Reiten leider wegen der Wirbelsäule aufgeben musste. Heute strickt oder liest sie in ihrer Freizeit. Und – am liebsten mag sie Spaghetti mit Alfredo-Soβe, schlieβlich war ihre Oma mütterlicherseits Italienerin.
«Ich versuche, das was ich kann mit Liebe und Hingabe zu tun. Wenn jeder in seinem beruflichen und familiären Umfeld sein Bestes gibt, wird sich dies auf die Menschen in seinem Umfeld positiv auswirken», stellt sie abschlieβend fest.
Foto: privat