Home Nachrichten Interview mit Erwin Plett

Interview mit Erwin Plett

0

H2 Chile fördert Ausbau von erneuerbarem Wasserstoff

«Günstigster erneuerbarer Strom weltweit aus Atacamawüste und Patagonien»

Erwin Plett es miembro del directorio de H2 Chile, la asociación chilena del hidrógeno. Enap y Codelco se encuentran entre las 80 empresas asociadas. El gerente de Low Carbon Chile destaca en la entrevista del Cóndor que teóricamente, con la ayuda de las energías renovables, se podría cubrir desde Chile el 7 por ciento de la energía utilizada en el mundo. Se espera que unos 60 proyectos de hidrógeno contribuyan a ello en un futuro próximo. Entre los requisitos previos, Erwin Plett menciona como necesario la capacitación de unas cien mil personas para esta nueva industria, así como una seguridad jurídica.

Erwin Plett

Wie wichtig ist Energie?

Energie ist lebensnotwendig, und ohne Überschuss an Energie kann keine Gesellschaftsorganisation vorankommen. Es fängt mit unseren Lebensmitteln an, über welche die Menschen sich mit Energie zum Leben versorgen. Von dem Zeitalter an, in dem wir Lebensmittel im Überschuss hatten, konnte sich die Zivilisation entwickeln, da wir den Lebensmitteln als Jäger und Sammler nicht «hinterherjagen» mussten.

Unsere heutige Wirtschaftsform und unseren Lebensstandard verdanken wir den fossilen Brennstoffen, die uns erlaubt haben, die Muskelkraft nicht mehr als einzige Energiequelle zu nutzen. Seit etwa 1,6 Millionen Jahren nutzen Hominoide (zum Beispiel homo erectus) die im Holz (heute Biomasse genannt) von den Pflanzen gespeicherte Sonnenenergie zum Heizen, Kochen und Beleuchten. Seit nur etwa zwei Jahrhunderten nutzt der moderne homo sapiens die in den fossilen Brennstoffen (Kohle, Erdöl und Erdgas) über Jahrmillionen gespeicherte Sonnenenergie.

Die Pflanzen speichern die Sonnenenergie, indem sie mittels der Fotosynthese das aufgesaugte Wasser in seine Grundelemente Sauerstoff und Wasserstoff spalten. Der Sauerstoff wird als Gas in die Atmosphäre freigesetzt, und der Wasserstoff wird mittels Kohlendioxyds als organische Moleküle (Biomasse) gespeichert. Bei jeder Verbrennung zur Energiegewinnung wird dieser Prozess umgekehrt, und wir stoßen das Kohlendioxyd wieder aus, sowohl mit unserer Atmung als auch aus dem Auspuff des Autos. Das heutige Problem besteht in der Geschwindigkeit, mit der wir diesen Verbrennungsprozess führen, denn was die Natur in einer Million Jahre unter der Erde gespeichert hat, pusten wir heutzutage in nur einem Jahr wieder in die Luft. Das in solchen Mengen entwichene Kohlendioxyd bewirkt den Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre und verursacht so den anthropogenen (vom Menschen verursachten) Klimawandel.

Die Universität von Magallanes (UMAG), HIF Chile und Gasco LPG unterzeichneten im Juni eine Vereinbarung über den Bau und Betrieb eines wissenschaftlichen Labors für eFuels, die in der Haru-Oni-Anlage in Magallanes produziert werden sollen. Eine Investition von rund einer Million US-Dollar ist geplant.
Foto: HIF Chile

Wo sollen die klimaneutralen Brennstoffe herkommen?

Um das Pariser Abkommen zu erfüllen, müssen wir, außer der notwendigen Einsparungen durch Energieeffizienz, massiv die Verwendung von erneuerbaren Energien vorantreiben. Für die Erzeugung nachhaltiger Wärme und Kälte werden die Aero- und Geothermie sowie Sonnenwärmekollektoren verwendet. Mit erneuerbarem Strom, speziell Fotovoltaik und Windstrom, haben wir uns aber auch das technische Problem der Intermittenz eingebrockt, das heißt der zeitlichen Schwankungen in der erzeugten Strommenge, denn nachts gibt es eben keine Sonne. Dieses Problem haben schon die Pflanzen durch Speicherung gelöst, wie oben dargestellt. Strom kann man in verschiedenen Energieformen speichern, um ihn an dem Ort, wo er benötigt wird, zur Verfügung zu stellen. Pumpspeicherwerke, elektrochemische Batterien und Wärmespeicher werden weltweit zum Ausgleich von Stromerzeugung und -nachfrage in großem Maßstab industriell verwendet.

Nicht jede Energieanwendung lässt sich durch den Einsatz von Strom bewältigen. Die Energie lässt sich natürlich auch in Form von Brennstoffen speichern, und das einfachste Molekül ist Wasserstoff, H2. Da die Handhabung von Wasserstoff technisch nicht einfach ist, kann man die Pflanzen imitieren und Kohlenstoff oder Stickstoff zur Reduzierung der Flüchtigkeit verwenden. Das heißt, wir können aus Wasserstoff (H2) Methan (CH4), Methanol (CH3OH), Ammoniak (NH3) oder andere synthetische, kohlenstoffneutrale Brennstoffe erzeugen, solange wir das notwendige Kohlendioxyd oder den Stickstoff aus der Luft hierfür dem Kreislauf entnehmen. Der Wasserstoff muss dann auch «grüner Wasserstoff» sein, das heißt, nur mit erneuerbarem Strom erzeugt werden.

Das Windparkprojekt Faro del Sur mit 65 Windrädern und einer Kapazität von 325 Megawatt erneuerbarer Energie wird künftig die eCombustibles-Anlage versorgen, die HIF Chile nördlich des Industriegebiets Cabo Negro in Punta Arenas errichten will. Das Projekt ist ein Joint Venture von HIF und Enel Green Power, die vor kurzem eine Umweltstudie dazu eingereicht haben.
Foto: HIF Chile

Welche Vorteile hat Chile in der weltweiten Wasserstoffwirtschaft?

Die Internationale Energieagentur (IEA) mit Sitz in Paris rechnet damit, dass Chile weltweit den billigsten erneuerbaren Strom in der Atacamawüste und in Patagonien erzeugen kann, und da Wasserstoff nur eine Speicherungsform des Stroms in Molekülen ist, gehen sie davon aus, dass hier der grüne Wasserstoff und die oben genannten Energiederivate am günstigsten herzustellen sind. Weitere Studien belegen, dass die Distanz zu den großen Energiemärkten der Nordhalbkugel durch die niedrigen Herstellkosten mehr als kompensiert wird.

Das Potenzial an erneuerbaren Energien in Chile würde reichen, um etwa 7 Prozent der heute weltweit verwendeten Energie zu decken, in etwa das doppelte vom Strom, der aus dem saudischen Erdöl jährlich erzeugt werden kann – und dabei noch nachhaltig! Zu diesem Energiereichtum muss man in Zeiten der Energiewende dazu in Betracht ziehen, dass unser kleines Land, das nur 0,25 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verursacht, auch über 23 Prozent der Kupferreserven und 51 Prozent der Lithiumreserven weltweit verfügt, Rohstoffe, die für die weitere Elektrifizierung gebraucht werden. Wir sind nicht Teil des Problems, aber können wesentlich zur  Lösung beitragen.

Haru Oni, das eFuel-Projekt in Magallanes mit einer Windenergieanlage, die mit ihrer Höhe von über 148 Meter speziell auf hohe Windgeschwindigkeiten ausgerichtet ist

Wie organisiert sich die Wasserstoffwirtschaft in Chile?

Im Jahr 2018 wurde «H2 Chile, la Asociación Chilena de Hidrógeno» als Gremium gebildet, mit der Mission, die Entwicklung der chilenischen und weltweiten Null-Emissionen zu fördern, und der Vision, die Einführung von erneuerbarem Wasserstoff und seinen Derivaten in unserer Gesellschaft mit öffentlich-privater Zusammenarbeit zu beschleunigen. Der elfköpfige Vorstand setzt sich aus fünf Experten und sechs Repräsentanten von Unternehmen zusammen. Ich habe die Ehre, hier als Schriftführer des Vorstands meinen Beitrag zu leisten.

In diesen wenigen Jahren wuchs das Gremium bemerkenswert, und die Mitglieder zählen heute 45 Experten und über 80 Unternehmen. Hier ist die komplette Wertschöpfungskette des Wasserstoffs repräsentiert: sämtliche Stromerzeuger im Lande, viele internationale Technologiekonzerne, Brennstoffgroßhändler inklusive der staatlichen Ölraffinerie Enap, zahlreiche Dienstleistungsanbieter und auch zukünftige Wasserstoffnutzer wie Transportunternehmen, Häfen und Bergwerksgesellschaften, wie Codelco, der weltweit größte Kupferproduzent.

Was braucht Chile, um seine ehrgeizige Wasserstoffstrategie umzusetzen?

H2 Chile verkörpert das «Ökosystem» der chilenischen Wasserstoffwirtschaft, das den Aufbau dieses neuen und nachhaltigen Wirtschaftszweiges fördern wird und dessen Dimensionen in wenigen Jahrzehnten größer als der Bergbau sein können. Das geht aus der im November 2020 veröffentlichten nationalen Wasserstoffstrategie hervor, deren wichtigste Ziele folgende sind:

Mindestens 5 Gigawattt Elektrolysekapazität in Betrieb oder im Aufbau bis 2025, und Anstieg der Elektrolysekapazität auf 25 Gigawatt bis 2030; Chile soll mit Investitionen in Höhe von 5 Milliarden US-Dollar bis 2025 Haupt-zielland für H2-Investitionen in Lateinamerika sein; Ausbau der jährlichen Produktion auf mindestens 200.000 Tonnen Wasserstoff bis 2025; Chile soll 2030 das Land mit den geringsten Herstellungskosten, unter 1,3 USD/kg werden; Erlöse in Höhe von jährlich mindestens 2,5 Milliarden US-Dollar aus dem Export von grünem Wasserstoff und dessen Derivaten ab 2030, um 2050 etwa 33 Milliarden US-Dollar jährlich umzusetzen; Chile soll bis 2040 einer der drei weltgrößten Exporteure werden.

Zum Durchstarten ist es nötig, dass die Rechtsgebung angepasst wird, um dieser Investitionstätigkeit die juristische Sicherheit zu geben, und dass die notwendige Anzahl von Arbeitskräften ausgebildet wird. Dieser letzte Punkt umschreibt meine spezifische Funktion als «Wasserstoffstrategie-Botschafter», denn wir sprechen nach Berechnungen der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) für das Energieministerium von hunderttausenden Fachkräften und Technikern bis 2050. Diese Mammutaufgabe benötigt die Kooperation von Hochschulen, Fachschulen, Technikerausbildung (möglichst dual in den Liceos Técnicos-Profesionales) und Ausbildungsstätten in der Industrie. Die Arbeitsplätze beginnen bei der Errichtung der Installationen für erneuerbare Energien und deren Instandhaltung, weiter geht’s beim Bau, Betrieb und bei der Wartung von Wasserstoffanlagen bis hin zur Logistik der Speicherung, Verteilung und dem Export der Energiederivate.

Welche Wasserstoffprojekte stehen im Vordergrund?

Zurzeit rechnen wir mit über sechzig Initiativen, wobei einige die Nutzung von Wasserstoff als sauberen Treibstoff betreffen und andere sich mit der Herstellung von grünem Wasserstoff und seinen Derivaten wie Methanol, Ammoniak und künstlichem grünem Benzin befassen. Sechs dieser Projekte werden von der Corfo mit insgesamt 50 Millionen US-Dollar Subventionen für den Kauf der noch teuren Elektrolysatoren (Vorrichtungen, in denen das Wasser elektrochemisch gespalten wird) gefördert, sofern sie bis 2025 in Betrieb gehen. Diese sechs Projekte umfassen Investitionen von etwa einer Milliarde US-Dollar.

Unter diesen sechs geförderten Projekten ist mein Lieblingsprojekt als Chemie-ingenieur das von Enel Green Power für HIF (Highly Innovative Fuels) in Patagonien, in dem unter der Leitung von Siemens Energy eine Anlage zur Herstellung von sauberen e-Fuels (Methanol und Benzin) für die Porsche AG als Abnehmer gebaut wird. 

Weitere geförderte Projekte sind die grüne Ammoniakherstellung seitens Engie und Enaex in Mejillones; von GNL Quintero S.A. in der Region Valparaíso zur grünen Wasserstoffproduktion; in Biobío wird die CAP S.A. Wasserstoff zur direkten Reduktion von Eisen-erzen erzeugen; das von Air Liquide S.A. in Antofagasta mit Produktion von E-Methanol aus grünem Wasserstoff und CO2; und in Concón der Einsatz von grünem Wasserstoff der Linde GmbH für die Raffinerie Enap Aconcagua.

Wie sich andere Projekte konkretisieren lassen, hängt von Europa ab, das sich von russischen fossilen Energieträgern alsbald lösen möchte, und nicht zuletzt vom Investitionsklima in unserem Lande: keine einfache Prognose.

Die Fragen stellte Silvia Kählert.

Salir de la versión móvil