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Ludwig Erhards Kindheit und Karriere – Ein freier, unabhängiger Geist

Vor 125 Jahren geboren Ludwig Erhard

Ludwig Erhard (1897-1977)
Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F015320-0010 / Patzek, Renate / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0

Vor 125 Jahren wurde Ludwig Erhard, der Vater des deutschen Wirtschaftswunders, geboren. Sein Optimismus, sein positives Menschenbild und seine Wirtschaftspolitik wurden durch seine Erfahrungen im Ersten Weltkrieg und seine Mentoren an der Hochschule geprägt, aber auch durch seine behütete Kindheit, den aufstrebenden, dynamischen Vater und das von ihm gegründete Textilgeschäft in Fürth.

Philipp Wilhelm Erhard, aus einer Bauernfamilie in Nordfranken stammend, zog nach Fürth, um seine Lebensverhältnisse zu verbessern und gründete in der fränkischen Stadt ein kleines Wäsche- und Ausstattungsgeschäft. Der extrovertierte, dynamische Kleinunternehmer debattierte gerne und vertrat seine liberalen Werte.

Seine Frau Augusta stammte aus einer Fürther Handwerkerfamilie. Dank ihrer liebevollen Pflege überlebte der zweijährige Ludwig eine Kinderlähmung. Zurück blieb ein dauerhaft verwachsener rechter Fuß. Der katholische Vater überließ der evangelischen Mutter die religiöse Erziehung der Kinder.

Ludwig Erhard mit seiner Frau Luise im Mai 1963
Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F015447-0012 / Patzek, Renate / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0

Kaufmannsausbildung und Militärdienst

Über seine Eltern sagte er: «Während mein Vater etwas gelten wollte und in diesem Sinne sozialen Ehrgeiz besaß, war meine Mutter fast scheu, ein stiller, zurückhaltender Typ, jeder Art von Öffentlichkeit abhold. In meinem eigenen Charakter, in meinem Wesen spüre ich das Erbe einander widersprechender Elemente eines introvertierten und doch gleichzeitig extrovertierten Menschen; einerseits verlangt es mich nach Bestätigung in der Öffentlichkeit, und andererseits sehne ich mich nach Zurückgezogenheit.»

Ludwig hatte eine Schwester und zwei Brüder. So wie der acht Jahre ältere Max begann Ludwig nach dem Realschulabschluss eine dreijährige Kaufmannsausbildung. Während seiner Lehrzeit brach der Erste Weltkrieg aus. Max fiel bereits im Jahr 1915. Ludwig meldete sich 1916 freiwillig zum Militärdienst. An der Ypernfront in Flandern verwundete ihn eine Granate schwer an der Schulter. Sieben Mal wurde er operiert und sein Arme war dauerhaft verkürzt.

Nach dem Krieg war aus gesundheitlichen Gründen an eine Mitarbeit im elterlichen Geschäft nicht zu denken. Daher besuchte der junge Mann Vorlesungen der 1919 neu gegründeten Handelshochschule in Nürnberg. Das wissenschaftliche Denken faszinierte ihn und er begann ein kaufmännisches Studium, was damals noch ohne Reifeprüfung möglich war. Erstmals wurde sein Interesse an geld- und währungspolitischen Fragen geweckt.

Liberale und soziale Ideen

Dem Gründungsdirektor der Hochschule Wilhelm Rieger, versiert in der liberalen Wirtschaftstheorie, verdankte er seine liberalen wirtschaftlichen und politischen Überzeugungen, wie Erhard selbst später schrieb. Auch nach seinem Studienabschluss förderte Rieger den begabten Studenten: Er überzeugte Erhards Vater, den Sohn weiter seine Studien fortsetzen zu lassen. Bei Franz Oppenheimer, Professor für Wirtschaft und Soziologie, setzte sich Rieger dafür ein, dass Erhard an der Universität Frankfurt am Main promovieren konnte.

Erhard hatte an der Handelshochschule eine Kindheitsfreundin wiedergetroffen. Die vier Jahre ältere Luise Schuster legte gleichzeitig mit Erhard ihre Diplom-Prüfung ab. Beide heirateten 1923. Luise hatte eine Tochter aus der ersten Ehe mit einem promovierten Juristen, der im Krieg gefallen war.  1926 wurde die gemeinsame Tochter Elisabeth geboren. Luise war auch eine hervorragende Ökonomin und begann zeitgleich mit Erhard die Promotion. Schließlich stellte sie ihre beruflichen Ambitionen zurück. Das Paar führte eine liebevolle Ehe, die für Erhard eine Kraftquelle war.

Auch sein Doktorvater beeinflusste ihn stark. Oppenheimer stammte aus einem jüdischen, gebildeten Elternhaus und studierte zunächst Medizin. Den Arzt entsetzten die Lebensbedingungen der Arbeiter so sehr, dass er sich den Wirtschaftswissenschaften zuwandte. Aus Oppenheimers Theorie des «liberalen Sozialismus», ein dritter Weg zwischen Kommunismus und Kapitalismus, nahm Erhard für sich einige grundlegenden Ideen mit: den Wert des Wettbewerbs, die soziale Verantwortung und freier Geld- und Kapitalverkehr. 

Konrad Adenauer und Ludwig Erhard 1956
Foto: Bundesarchiv_B_145_Bild-F004214-0033

Forschungsinstitut 

Wie viele Akademiker Mitte der 1920er Jahre war der Diplom-Kaufmann zunächst arbeitslos. Drei Jahre arbeitete er als Geschäftsführer im Familienbetrieb, der aber mitten in der Weltwirtschaftskrise 1928 Konkurs anmelden musste. Im selben Jahr wurde dem 32-Jährigen – wohl auch dank der Kontakte von Rieger und Oppenheimer – eine Stelle als Forschungsassistent beim neugegründeten «Institut für Wirtschaftsbeobachtung der deutschen Fertigware» in Nürnberg angeboten.

Im Laufe der Jahre erklomm er in dem Institut die Karriereleiter. Aufgrund seiner beruflichen Erfolge und der positiven Entwicklung des Instituts wurde er 1937 zum stellvertretenden Leiter ernannt. Erhard trat nicht in die NSDAP ein, hielt weiter Kontakt zu jüdischen Freunden und Bekannten, aber arrangierte sich beruflich mit den politischen Verhältnissen.

Als der Institutsleiter pensioniert und seine Stelle unerwartet einem anderen Betriebswirt übertragen wurde, endete Erhards Mitarbeit 1942 im Streit. Daraufhin gründete der Ökonom mit Hilfe von privaten Kontakten in der Wirtschaft sein eigenes «Institut für Industrieforschung».

In dieser Zeit beschäftigte er sich auch mit Schriften von Wilhelm Röpke und Walter Eucken, und ließ sich von ihnen inspirieren. Darüber hinaus entwickelte er aber auch eigene Ideen, die sich keiner Schule eindeutig zuordnen lassen.

Vom Berater zum Minister

Im Frühjahr 1944 beauftragte ihn der Reichsverband der deutschen Industrie eine streng verbotene Nachkriegsplanung zu verfassen. In dieser Schrift formulierte er bereits in Grundzügen die Maßnahmen, die er nach dem Krieg umsetzen würde: Er empfahl die Selbstverwaltung der Wirtschaft, eine freie Preisbildung und einen harten Währungsschnitt, um die Staatsschulden zu beseitigen. Es sollte möglichst schnell zur Produktion von Konsumgütern kommen und zu einer freien, auf echtem Leistungswettbewerb beruhenden Marktwirtschaft.

Aufgrund dieses Gutachtens wurde er von den US-amerikanischen Alliierten 1947 mit der Koordinierung der Wirtschaftspolitik in der britischen und amerikanischen Zone beauftragt.  Er war 1945 bis 1946 Wirtschaftsminister in Bayern, 1948 bis 1949 Direktor für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, von 1949 bis 1963 Bundesminister für Wirtschaft in den Kabinetten von Bundeskanzler Konrad Adenauer und von 1963 bis 1966 der zweite Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. 

Als seine große Leistung gilt, dass er gegen erhebliche Widerstände und Kritik nicht nur in der SPD, sondern auch innerhalb der CDU, seinen marktwirtschaftlichen Kurs durchgesetzt hat und damit den Grundstein für Wohlstand und Freiheit in der Bundesrepublik legte. 

Quellen: Dr. Thiess Clausen: Ludwig Erhard – Wegbereiter unseres Wohlstands gestern und heute, 2019. Alfred C. Mierzejewski: Ludwig Erhard – Der Wegbereiter der sozialen Marktwirtschaft, Siedler, 2005.

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