Die chilenische Oper «Patagonia»
Am 18. März dieses Jahres wurde im Teatro del Lago in Frutillar die chilenische Oper «Patagonia» uraufgeführt. Ein wirkliches Ereignis in Pandemiezeiten, in denen noch immer Beschränkungen gelten.
Das Stück stammt vom chilenischen Komponisten und Dirigenten Sebastian Errázuriz (Jahrgang 1975). Das Besondere an diesem Werk ist, dass es in Zeiten der Pandemie erschaffen wurde und ein Ensemble mit nur sieben Darstellern auf der Bühne, keinen Chor und lediglich ein kleines Kammerorchester mit zwölf Musikern vorsieht, das dieser Oper den musikalischen Rahmen gibt. Die Oper wurde unter der Leitung von Rodolfo Fischer aufgeführt und dauerte rund 75 Minuten – ohne die
Pausen für die nur 500 zugelassenen Zuschauer einzurechnen.
Das Bühnenbild ist karg und schlicht, doch die moderne Technik mit Licht und Schatten versetzt das Publikum mit Leichtigkeit ins unermessliche Patagonien. Es erscheinen unter anderem wirkliche Bilder von Meer und Steppe.
Das Thema ist ergreifend und erzählt von der ersten Schiffsweltreise mit dem spanischen Eroberer Magellan 1520, um einen Weg vom Atlantik zum Pazifik zu finden. Eine abenteuerliche Aufgabe für kleine und nicht sehr robuste Schiffe mit etwa 200 Mann an Bord.
Der Ablauf der Handlung ist auch anders als bei gewöhnlichen Opernstücken. Keine Vorhangbewegung deutet auf einen Anfang, sondern plötzlich beginnt auf der leeren und dunklen Bühne eine Frau unserer Zeit, die Ikalemen heißt, die Geschichte ihrer Vorfahren zu erzählen, den «Aonikkenk», einem Volk, das vor 500 Jahren in Patagonien zu Hause war.
Sie lebten dort wie auch viele andere in Glück und Frieden, bis die spanischen Eroberer auftauchten und alles aus dem Gleichgewicht brachten. Dieses wurde von ihren Geistern und Göttern vorhergesehen.
Die Spanier waren gewalttätig, wollten rauben, unterdrücken und beherrschen. Und das Wichtigste: einige der Stammesangehörigen wurden nach Spanien entführt, um sie dort König Karl dem Großen wie seltsame Objekte und Beweise aus unendlicher Ferne vorzuführen. Die Szenen erläutern die Geschehnisse, gut gespielt und gesungen. Die Gestik ist plastisch und ausdrucksvoll.
Alles wird in kurzen Sätzen und in der Originalsprache dieses Volkes erzählt. Es gibt keine längeren Arien, wie man sie sonst kennt. Eine Einheimische, die schwangere Aonikkenk, sucht verzweifelt nach ihrem Mann. Dieser wurde von den Spaniern entführt und befand sich auf einem ihrer Schiffe. Sein Schicksal ist aussichtslos und er stirbt krank und geschwächt, aber noch rechtzeitig getauft. Das spielte für die Eroberer eine große Rolle, da es vor allem darum ging, den katholischen Glauben zu verbreiten. Trotzdem kein Trost in dieser schweren Stunde. Die Szenen sind dramatisch und ergreifend, denn alles endet in einer unmenschlichen Tragödie für dieses friedliche Volk in Patagonien. Die Musik wird immer eintöniger und trister. Die Schlagzeuge wirken zermürbend am Ende dieses unglaublichen Schauspiels.
Die Erzählerin kommt zum letzten Mal auf die Bühne, um die warnenden Worte bitter, laut und entschieden auszusprechen: «Und wir sind immer noch da.» Dieser Appell wirkt wie ein Keil in die heutige Zeit.
Es folgte ein lang anhaltender Applaus von einem hingerissenen Publikum in grandioser Stimmung. Die Vorstellung war ein absoluter Erfolg! Ohne Zweifel, dass für diese chilenische Oper in Chile und auch international noch viel Anerkennung zu erwarten ist.