Das Geld war knapp, der Elan groß
El fundador de la Óptica Tirol, avecindado en Chile hace 63 años, es un paradigma de trabajo sistemático, perseverante y ordenado. Una fórmula que le dio resultado en un medio altamente competitivo como lo es el comercio de lentes ópticos.
Im Jahr 1958, er war 21 Jahre jung, kam Jürgen Schönborn nach Chile. Sein Vater hatte an beiden Weltkriegen teilgenommen: «Ich habe ihn erst mit 13 Jahren kennengelernt, als er aus dem Zweiten Weltkrieg zurückkam», erinnert sich Jürgen Schönborn, «er hat mir später oft gesagt, du musst aus Deutschland ‘rausgehen, denn es wird immer Probleme haben.»
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf nahm er eines guten Tages Kontakt mit Rolf Rodenstock auf, dem Sohn des Inhabers des großen Brillenherstellers. Rolf hatte in Chile einen Bekannten beim Militär und war daran interessiert, für die Fábricas y Maestranzas del Ejército de Chile (FAMAE) optische Präzisionsteile herzustellen. Schönborn reiste also nach Chile und schloss sich einigen Mitarbeitern an, die Jahre davor den Anfang gemacht hatten. Am ersten Arbeitstag, es war ein Montag, wies ihn der Chef vor der Werkstatt an: «Gehen Sie nicht da rein, warten Sie zehn Minuten.» Als die Zeit um war, klärte der Vorgesetzte den erstaunten Neuling auf: «Montags haben die Flöhe so viel Hunger, da müssen sie sich erst über die Arbeiter hermachen, damit alle Flöhe etwas abbekommen. So, jetzt kommen Sie ‘rein.»
Die Firma hatte Erfolg und wuchs mit der Zeit. Das Geld war knapp, «aber wir haben wie eine Familie zusammengehalten. Wenn alle in Not sind, halten sie mehr zusammen, als wenn sie Geld überhaben!» Die Lebensmittel musste man sich vom Munde absparen. Jeden Tag gab es Nudeln und am Sonntag konnte man sich einen Martini leisten. Man habe in Chile ruhig gelebt, was die Deutschen nach dem Krieg besonders schätzten: «Da kam zum Beispiel ein Ehepaar aus Berlin, das die Bombardierungen miterlebt hatte. Die Frau war fertig mit den Nerven!»
Als Jürgen Schönborn drei Jahre in Chile lebte, «wollte ich zurück nach Deutschland – mir hat es hier nicht mehr gefallen», verrät er. «Ich hatte eine Fahrt gut, die hat man mir auch bezahlt» und ab ging die Reise. Als er aber in der alten Heimat war, «da dachte ich mir, die Firma Rodenstock ist ein Dreitausend-Mann-Betrieb, hier bin ich die Nummer 3.000 und in Chile die Nummer drei!»
So kehrte er bald nach Santiago zurück: «Ich bin immer mit Begeisterung durch die Stadt gewandert, habe den Friedhof, die Plaza Egaña, die Quinta Normal, die Altstadt besucht. Im Chez Henri konnte man sehr gut zu Mittag essen, dann gab es das Restaurant El Congreso, wo eine deutsche Dame die besten Suppen in Santiago zubereitete.» Einmal war er mit einer Gruppe von Freunden im Waldorf. Nichtsahnend betraten sie das Lokal in der Ahumada ohne Krawatte. Krawatte. Sofort war ein Mitarbeiter der Wirtschaft zur Stelle und verteilte Schlipse unter den Gästen: «Damals waren die Leute alle höflich im Umgang – übrigens auch die Arbeiter!»
Rodenstock Juniors Leute produzierten in Chile zu Beginn 3.000 Brillenfassungen pro Monat. Als Schönborn 1981 die Firma verließ, hatte sich diese Zahl verzehnfacht.
Jürgen Schönborn hatte in jungen Jahren die verschiedensten Erwerbsquellen. Er war Taxifahrer und zuhause betrieb er eine Besenfabrik: «Ich machte alles, was ich nur konnte, um Geld heranzuschaffen, denn die Löhne waren sehr, sehr niedrig.» 1963 hatte er geheiratet und kannte daher nur zu gut die Mühen, die es bedeutete, eine Familie zu ernähren.
Dazu war er stets den Schulden aus dem Weg gegangen. Das hatte ihm sein erster Chef geraten: «Kaum war ich angekommen, hat er mich durch die Stadt geführt und mir die Banken gezeigt. Die leben alle von den Leuten, die sich Geld pumpen, sagte er. Pumpen Sie sich nie Geld!» Schönborn befolgte den Rat sein Leben lang. Als er sich ein Haus in der Villa El Dorado kaufte, hatte er sich den Kaufpreis vorher zusammengespart.
1974 gründete er die Ópticas Tirol. «Der Name Tirol wird allen Kunden gefallen», war seine Überlegung. Außerdem habe sich die spanischsprachige Kundschaft den Namen leicht merken und aussprechen können. Zunächst gab er aber seine Tätigkeit als Angestellter noch nicht auf: «Bis sieben Uhr abends habe ich in der Fabrik gearbeitet und von sieben bis zwölf in meinem „boliche“.»
Er war viel im Auto unterwegs, um zusammen mit einem Augenarzt Kunden von Melipilla bis Los Andes zu betreuen. Es glückte ihm, durch eine Kontaktperson bei der Staatsbahn, einen Vertrag über die Lieferung von Brillen für das Personal von Ferrocarriles abzuschließen: «Damit hatte ich drei Jahre massenhaft Arbeit.» Das bedeutete allerdings, bis 1 Uhr morgens die Gläser per Hand zu schleifen.
1980 gab Jürgen Schönborn seine Mitarbeit bei der Firma auf. An der Straße Teatinos mietete er einen kleinen Laden, und nebenbei stellte er Maschinen für andere Geschäfte der gleichen Sparte her. Heute hat Ópticas Tirol fünf Verkaufsstellen. Jürgen Schönborn ist nicht mehr voll im Einsatz.Er kümmert sich um die Finanzen und seine beiden Söhne sind für das übrige Geschäft zuständig.
Auf die Frage, ob es sich gelohnt habe, nach Chile auszuwandern, antwortet er, ohne lange zu überlegen: «Ja, weil Chile im Gegensatz zu Europa Zukunft hat. Europa ist überlaufen, es gibt zu viele Menschen. Hier sind wir 18 Millionen und flächenmäßig viermal so groß wie Deutschland, haben einen Reichtum wie sonst nirgendwo, Kupfer, 4.000 Kilometer Küste mit Fischreichtum sowie Lithium und jetzt hat man den grünen Wasserstoff entdeckt – das ist die Zukunft!»