Home Magazin Geschichte Zum 475. Todestag von Heinrich VIII.

Zum 475. Todestag von Heinrich VIII.

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Der Tudor-Monarch – vom Glaubensverteidiger zum Tyrannen

Er zählt zu den berühmtesten Königen der Geschichte – aufgrund seiner sechs Ehen, von denen er zwei durch Hinrichtung der Ehefrauen brutal beendete, und der Gründung einer eigenen Staatskirche. Seine Politik hat Englands Weg zur Großmacht in Europa vorbereitet.

Porträts Heinrichs VIII.

Der Hoffnungsträger 

Als drittes Kind des ersten Königs aus dem Hause Tudor Heinrichs VII. kam Heinrich am 28. Juni 1491 im königlichen Palast von Greenwich (heute Stadtteil von London) zur Welt. Sein Vater hatte durch die Hochzeit mit Elizabeth of York, England erstmals wieder politische Stabilität gegeben und den jahrelangen Bürgerkrieg zwischen den Häusern Lancaster und York – auch als Rosenkriege bekannt – beendet. 

Für die Zukunft der neuen Dynastie war die Sicherung der männlichen Nachfolge entscheidend, da sich ansonsten erneut Kronprätendenten der Nachkommen aus dem Hause der Plantagenets erheben konnten. Heinrichs älterer Bruder Arthur – im September 1486 geboren – war als Thronnachfolger bestimmt. Heinrich blieb daher im Schatten seines Bruders, genoss aber eine hervorragende humanistische Erziehung durch Privatlehrer. Er sprach fließend Latein und Französisch, verfasste Gedichte, komponierte Musik, befasste sich auch mit religiösen Themen und betete gewöhnlich fünf Mal am Tag. Mit Erasmus von Rotterdam führte er eine freundschaftliche Korrespondenz. Er war in seiner Jugend ein athletischer, charismatischer Mann von 1,80 Meter, liebte die Jagd, das Spiel und Turniere. 

Nach dem unerwarteten Tod seines Bruders Arthur im Jahr 1502 wurde Heinrich zum Thronfolger bestimmt. Heinrichs Vater wollte die junge Dynastie der Tudors durch Ehebündnisse festigen. Daher war Arthur bereits 1499 durch Stellvertreter mit Katharina von Aragon, der jüngsten Tochter von Isabell von Kastilien und Fernando von Aragon, verheiratet worden. Mit Arthurs Tod drohte das Bündnis ein Ende zu finden. Daraufhin entschied man sich für eine Ehe Heinrichs mit der Witwe seines Bruders, was durch einen päpstlichen Dispens möglich war.        

Als der Vater Heinrich VII. im Jahr 1509 starb, wurde der 17-Jährige sein Nachfolger. Im selben Jahr heiratete Heinrich Katharina und beide wurden feierlich gekrönt. Im jungen und gebildeten Heinrich VIII. sah man einen Hoffnungsträger für eine stabile Herrschaft. Allerdings zeigte sich bereits zwei Tage nach der Krönung, dass er nicht vor harten Strafen zurückschreckte: Er ordnete die Enthauptung von zwei ehemaligen Ministern seines Vaters an.        

«Scheidungspolitik»

Die Ehe mit Katharina sollte politisch weitreichende Folgen haben. Heinrich stand unter enormem Druck, einen männlichen Thronerben zu zeugen. Katharina erlitt aber mehrere Fehl- und Totgeburten und es überlebte «lediglich» die Tochter Maria das Kindesalter. Heinrich begann sich Mätressen zuzuwenden und aus der Beziehung mit Elizabeth Blount ging sein unehelicher Sohn Henry Fitzroy hervor, der später der erste Herzog von Richmond und Somerset wurde. 

Auch die Hofdame Mary Boleyn wurde seine Geliebte. Durch sie lernte er Anna Boleyn kennen. Da sie aber auf eine offizielle Stellung als Ehefrau bestand, begann Heinrich ab 1527 die Annullierung seiner Ehe vorzubereiten. Sein Lordkanzler Kardinal Thomas Wolsey führte Verhandlungen mit dem Papst. Am Ende wurde Wolsey des Hochverrats beschuldigt. Sein Tod 1530 auf dem Weg nach London kam der Enthauptung zuvor. 

Heinrich rief nun den Humanisten Thomas Morus ins Amt des Lordkanzlers. Aber auch er konnte nichts an der Rechtmäßigkeit der Ehe mit Katherina ändern. Als Anna Boleyn ihm wohl Ende 1532 von ihrer Schwangerschaft berichtete, sah sich Heinrich gedrängt, sie im Januar 1533 heimlich zu heiraten und die Trennung von Katharina zu erwirken. 

Anna Boleyn gebar am 7. September 1533 die Tochter Elizabeth, die spätere Königin. Danach erfolgten zwei Totgeburten, so dass Heinrich schon bald sein Interesse an ihr verlor. 

Eine neue Liebe erblühte, als er die Hofdame Jane Seymour kennenlernte. Als Katharina im Januar 1536 starb, strebte er auch das Ende der zweiten Ehe an. Anna Boleyn wurde der Untreue und sogar des Inzests mit ihrem Bruder angeklagt und im Mai 1536 hingerichtet.

Jane Seymour, die er dann im Mai, nur wenige Tage nach der Enthauptung Anna Boleyns, heiratete, brachte im Oktober 1537 endlich den lang erhofften Thronfolger auf die Welt: Edward, der als Edward VI. auf den Thron folgen sollte. Er überlebte seinen Vater aber nur sechs Jahre, da er 15-jährig 1553 an Tuberkulose starb. Jane Seymour starb wenige Tage nach der Geburt ihres Sohnes. Heinrich VIII. betrachtete sie stets als seine einzig «wahre Liebe», da sie ihm den erwünschten Sohn gebar. Anfang Januar 1540 heiratete Heinrich Anna von Kleve – aus politischen Absichten, da er eine Allianz gegen den Kaiser anstrebte. Durch ein beschönigtes Porträt des Hofmalers Hans Holbein wurde ihm diese Beziehung schmackhaft gemacht. Als Anna dann aber in London eintraf, war er enttäuscht. Er empfand sie als hässlich. Mehr als Gutenachtküsse hat es wohl zwischen ihnen nicht gegeben. Bereits nach knapp sechs Monaten wurden sie wieder geschieden, die Ehe annulliert. Da Anna ihre formale Abdankung unterschrieb, wurde sie mit einem großzügigen Einkommen und zwei königlichen Residenzen abgefunden. Noch im selben Jahr ging Heinrich seine fünfte Ehe mit Catherine Howard, einer Cousine Anna Boleyns, ein. Diese dauerte nur ein Jahr, da die viel jüngere Catherine wie zuvor ihre Cousine, der Unzucht und des Ehebruchs beschuldigt wurde. Auch sie wurde 1541 hingerichtet und die Ehe nachträglich annulliert. 

Die letzte Ehe schloss Heinrich mit der zweifachen Witwe Katherina Parr. Sie war eher eine Lebenspartnerin und bildete gleichsam eine Art psychische Versöhnung mit seiner erste «Katharina». Heinrich war mittlerweile fettleibig – vielleicht Diabetiker – und litt seit Jahren an einer eiternden Beinverletzung und benutzte eine Beinschiene. Aus dem einstigen athletischen, großgewachsenen und schlanken Mann war ein hässlicher Tyrann geworden.             

Bruch mit Rom und Gründung einer Staatskirche

In seiner Jugend war Heinrich ein frommer, religiös gebildeter Katholik. Seine Treue zu Rom bekundete Heinrich auch durch seine 1521 mit Unterstützung seines Freundes Thomas Morus gegen den Reformator Luther verfasste Schrift «Assertio Septem Sacramentorum adversus Martinum Lutherum» (Verteidigung der Sieben Sakramente gegen Martin Luther). Papst Leo X. zeichnete ihn deshalb im Oktober 1521 mit dem Titel «Defensor fidei» (Verteidiger des Glaubens) aus. Den Titel führt die Krone Englands bis heute. 

Seine Annullierungsbestrebungen führten schließlich zum Bruch mit Rom: Als Heinrich 1533 die Annullierung seiner Ehe mit Katharina von Aragon durch das Parlament bestätigen ließ, wurde er exkommuniziert. Am 3. November 1534 erklärte daraufhin das Parlament im «Act of Supremacy» (Suprematsakte) Heinrich VIII. zum Oberhaupt der Kirche in England. Damit wurde die anglikanische Kirche geschaffen. Alle Untertanen mussten einen Eid zur Anerkennung Heinrichs VIII. als Kirchoberhaupt Englands leisten. Wer sich weigerte, wurde hingerichtet – so wie es seinem ehemaligen Freund und Lordkanzler Thomas Morus erging. Heinrich wurde immer misstrauischer und tyrannischer. 

Von der Peripherie ins Spiel der Mächte

War England im 15. Jahrhundert noch stark durch innere Machtkämpfe geschwächt, änderte sich dies unter Heinrich VIII. Italien, Frankreich und Schottland wurden zu Operationsfeldern des englischen Heeres. Heinrich ging wechselhafte Allianzen ein, letztlich um ein Gleichgewicht der Mächte zu schaffen. Dabei spielten die Rivalitäten zwischen Spanien und Frankreich eine Rolle, es ging aber auch um die Begrenzung der kaiserlichen Macht Karls V. Die Hochzeit seiner Schwester Margaret mit Jakob I. von Schottland verband das Königreich mit England. Seine jüngere Schwester Maria heiratete 1514 Ludwig XII. von Frankreich. 

Heinrich begann mit dem Aufbau einer Flotte, der Royal Navy, und schuf damit die Grundlage der späteren Expansion, die unter seiner Tochter Elizabeth I. ihren Anfang nahm. England war von der Peripherie ins Zentrum Europas gerückt und sollte sich zu einer Weltmacht entwickeln. 

Heinrich VIII. starb vor 475 Jahren, am 28. Januar 1547, im Whitehall-Palace in London. Er prägte die Geschichte Englands nachhaltig kulturell, religiös und politisch. Er entwickelte sich aber auch zu einem reinen Machtmenschen, der seine Gegner gnadenlos hinrichten ließ. Um die 70.000 Hinrichtungen sind in seiner Regierungszeit zu verbuchen.

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