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lunes, 9. diciembre 2024
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Zum 400. Geburtstag von Molière

Den menschlichen Schwächen auf der Spur

Molière gilt als der bedeutendste französische Komödiendichter. Erst mit seinen Werken wurde die Komödie als der Tragödie gleichwertig angesehen. Er nutzte das Theater zur Kritik an der Gesellschaft, vor allem am Klerus und am Hofadel – und der König unterstützte ihn dabei.

Vom «Tapissier du Roi» zum Schauspieler 

Als Jean-Baptiste Poquelin kam er am 14. Januar 1622, vor 400 Jahren, in Paris in einer wohlhabenden bürgerlichen Familie zur Welt. Sein Vater war Händler für Heimtextilien und erwarb 1631 das Amt des «Tapissier du Roi», des königlichen Raumausstatters. Seine Mutter verlor er mit zehn Jahren und als er 15 Jahre alt war, starb auch seine Stiefmutter.  

Seine schulische Ausbildung erhielt er am Collège de Clermont, ein vornehmes Jesuitenkolleg. Als er 16 Jahre alt war, legte er den Amtseid als künftiger Nachfolger seines Vaters im Tapissier-Amt ab, studierte nach seiner Schulausbildung dann Jura in Orléans. Nach dem Abschluss 1642 erhielt er die Zulassung als Anwalt und war wohl zeitweilig als solcher tätig.

Ihn interessierte nun aber mehr die Philosophie und dann vor allem die Welt des Theaters. So pflegte er Kontakt zum Kreis um Pierre Gassendi, Anhänger der epikureischen Philosophie, Naturwissenschaftler und Theologe,  sowie zu den Freidenkern wie Cyrano de Bergerac und François Bernier.  Schließlich lernte er die vier Jahre ältere Schauspielerin Madeleine Béjart kennen und seine Leidenschaft zum Theater entflammte nun richtig. Sein Vater verpflichtete ihn aber noch im Sommer 1642, das Amt des Tapissiers auszuüben: Er sollte König Ludwig XIII. auf einer längeren Reise begleiten, um dessen Nachtquartiere einzurichten. Im folgenden Jahr übertrug er dann dieses ungeliebte Amt seinem jüngeren Bruder und ließ sich einen Vorschuss des mütterlichen Erbes auszahlen. 

 «Vergnügungsdirektor» am Hof

Wagemutig gründete er mit seiner Theatergruppe, mit Madeleine Béjart, deren Geschwistern und weiteren fünf Komödianten, 1643 in Paris eine neue Bühne, das «Illustre Théâtre». Es bestand jedoch nur anderthalb Jahre und konnte sich nicht gegenüber den beiden anderen Pariser Schauspielgesellschaften durchsetzen. Daher schloss er sich mit den übriggebliebenen Mitgliedern der Schauspielgruppe der Wandertruppe des Schauspielers Charles du Fresne an, die die Provinz – vor allem in West- und Südfrankreich – bereiste.  

Ab spätestens Juni 1644 nannte er sich Molière, wie aus einer Urkunde ersichtlich ist. Den Künstlernamen nahm er vermutlich nach dem Besuch eines Orts gleichen Namens im Süden Frankreichs an. 

Ab 1653 war er der Direktor der Truppe und gewann mit dem Prince de Conti, dem Gouverneur des Languedoc, einen Förderer. Sie spielten in diesen «Wanderjahren» Tragödien, Tragikomödien und Komödien zeitgenössischer Autoren sowie Theaterstücke im Stil der italienischen «Commedia dell’arte». Ab 1655 nahm Molière auch eigene Werke ins Programm auf.  

Im Herbst 1658 unternahm er einen zweiten Versuch, sich im Pariser Theaterleben zu etablieren. Immerhin hatte er 14 Jahre lang in der Provinz mit einer eingespielten Schauspieltruppe und mit eigenen Stücken Erfahrungen gesammelt. Zudem verfügte er über einflussreiche Verbindungen und auch finanziellen Rückhalt. Er gelang ihm  den Titel «Truppe des einzigen Bruders des Königs» zu erhalten. Schon nach wenigen Wochen nach seinem Eintreffen in Paris durfte er vor dem 20-jährigen König Ludwig XIV. spielen. Allerdings wählte er für seine erste Vorstellung eine Corneillesche Tragödie, die fast alles verdorben hätte und nur durch eine Einlage einer eigenen kleinen Farce die Stimmung noch rettete. Er hatte in Rouen 1658 den berühmten Dramatiker Pierre Corneille kennengelernt und nahm dessen Werke in seinem Repertoire auf.    

Entscheidend wirkte sich der Kontakt mit «Monsieur», dem jüngeren Bruder des «Sonnenkönigs», Herzog Philippe I. d’Orléans, aus. Durch ihn wurde Molières Truppe an den Hof nach Paris eingeladen. Dort führte er dann die Tragödie «Nicomède» von Corneille und seine eigene Farce «Der verliebte Arzt» auf. Er wurde nun der «Vergnügungsdirektor» genannt und führte so die verfeinerte höfische Komödie am Hofe Ludwigs XIV. ein. 

Gesellschafts- und Sozialkritiker

Er schaffte sich mit seinen Werken aber auch Neider und Feinde. Darunter war der Leiter der Verwaltung der königlichen Schlösser, der Molière über Monate keine Spielstätte zuwies, bis schließlich 1661 der König entschied, dass der Saal des Palais Royal für Molière zur Verfügung stehen sollte.

1662 heiratete er die 20 Jahre jüngere Armande Béjart, mit der er drei Kinder hatte. Das Thema der Emanzipation der Frau entfaltete er in verschiedenen Werken, etwa in «Die Schulen der Frauen» und «das Impromptu von Versailles». Dem König gefielen diese Aufführungen und er gewährte Molière eine jährliche Pension von 1.000 Livre. 

Mit seinem Stück «Tartuffe» erregte er 1664 die Gemüter, indem er die Heuchelei – hier von einem Geistlichen – auf die Spitze trieb. Daher erließ der König ein Aufführungsverbot, obwohl er selbst die Kritik teilte. Erst mit der Schwächung des konservativ-religiösen Hofkreises erlangte Molière mehr künstlerische Freiheit. In «Don Juan» (1665) widmete er sich moralischen, religiösen und sozialen Fragen. Im Sommer 1665 wurde seine Jahrespension auf 6.000 Livre erhöht und seiner Truppe der Titel «Troupe du roi» zuteil. Nach dem Tod der Königinmutter Anna 1666 und der endgültigen Entmachtung des «alten Hofes» (1669) konnte Molière sogar seinen überarbeiteten «Tartuffe» mit triumphalem Erfolg aufführen. 

Seine Werke, Parodien der Schrullen der reichen Bürger, amüsierten den Adel. Kritik kam allerdings gegen seine sozial- und gesellschaftskritischen Komödien auf, die nicht mehr nur die reichen Bürger, sondern auch den Lebensstil des Adels und auch religiöse Fragen ins Absurde und Lächerliche zogen, wie etwa in «Der Misan-throp» (1666) und «Der Geizige» (1667). In seinem «Bürger als Edelmann» (1670) stellte er die Torheiten und Schwächen des menschlichen Charakters bloß. 

Immer wieder thematisierte Moliére das Thema des Gehorsams der Kinder gegenüber den Eltern – vor allem des Vaters – und der Diener gegenüber ihren Herren. Er plädiert in zahlreichen seiner Werke für die Liebesheirat: Die Kinder sollten sich selbst ihren Ehepartner wählen und sich nicht der Entscheidung des Vaters unterwerfen müssen. In vielen seiner Komödien setzte sich die Vermählung der Liebenden durch statt einer «geregelten» Heirat aus wirtschaftlichen oder sozialen Motiven.  

«Der eingebildete Kranke» 

Sein letztes Werk war «Der eingebildete Kranke» (1673). Erstmals thematisiert er hier die naive Medizin- und Wissenschaftsgläubigkeit seiner Zeit. Eine besondere Bedeutung erlangte das Stück, weil er nach einer Vorstellung am 17. Februar 1673 im Alter von 50 Jahren selbst an einem Blutsturz verstarb. Ironischerweise kritisiert er sich gleichsam selbst als Arztskeptiker, wenn er Argan in dieser Komödie sagen lässt: «Dein Molière wäre mir gerade der Rechte mit seinen unverschämten Komödien. Ich finde es unerhört von ihm, sich so über so brave Männer wie unsere Ärzte lustig machen zu wollen». Molière brach auf der Bühne zusammen, was die Zuschauer zunächst als Teil der Komödie ansahen, starb dann aber wenig später in seiner Wohnung. 

Es gelang nur mühsam, ihm eine halbwegs ehrbare Bestattung auf einem kirchlichen Friedhof zu ermöglichen. Seine Frau führte zunächst die Leitung der Truppe fort, schloss sich später aber der des Théâtre du Marais an. 1680 verschmolz die Truppe dann mit der des «Hôtel de Bourgogne», womit die Comédie-Française geboren war. 

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