Die Macht einer Mätresse
Sie war sicherlich die mächtigste Frau ihrer Zeit. Als bürgerlich Geborene erlangte sie eine außerordentliche Position am Hofe Ludwigs XV. Madame de Pompadour wurde die Mätresse des Königs und entwickelte sich zu seiner wahren «Lebenspartnerin».
Als Jeanne-Antoinette Poisson kam sie am
29. Dezember 1721, vor 300 Jahren, in Paris zur Welt. Ihr Vater, François Poisson, entstammte einer armen Weberfamilie, gelangte aber als Lagerverwalter der Heereslieferanten Brüder Pâris und als Handelsgehilfe und Getreidehändler zu Wohlstand. Da seine Arbeitgeber riskante Spekulationsgeschäfte machten, kam er in Konflikt mit dem Gesetz. 1727 musste er fliehen, da ihm sonst der Strang drohte. Seine «kleine Königin», wie er Jeanne-Antoinette nannte, sandte er zuvor in die katholische Klosterschule der Ursulinen von Poissy, wo sie bis 1730 blieb. Während der Abwesenheit des Vaters fand sie, ihr jüngerer Bruder Abel François und ihre Mutter Unterkunft beim reichen Bankier und Hauptsteuerpächter Charles François Paul Le Normant de Tournehem, wohl einem ehemaligen Liebhaber der Mutter.
Die Prophezeiung
Eine Wahrsagerin sagte Jeanne-Antoinette, als sie neun Jahre alt war, eine Zukunft als Geliebte des Königs vorher. Daran soll sie dann wie auch ihre Mutter stets geglaubt haben, was auch ihr späteres Handeln erklärt.
1736 gelang es dem Vater nach Frankreich zurückzukehren und wieder in der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Für die Erziehung der Kinder wurden die besten Privatlehrer beauftragt. Jeanne-Antoinette erhielt Unterricht in Gesang und Tanz, Haltung und Vortragskunst. Sie besuchte die Pariser Salons – «Büros des Geistes» -,
wo sie die geschliffene Konversation lernte und Kontakt zu den französischen Aufklärern unterhielt. Gesundheitlich war sie aber schon von früh an angeschlagen.
Charles François Paul Le Normant de Tournehem regelte 1741 die Heirat von Jeanne-Antoinette mit seinem Neffen Charles-Guillaume Le Normant, Seigneur d’Étoilles. Somit wurde aus Jeanne-Antoinette nun eine achtbare Madame Le Normant d’Étoilles. Aus der Ehe ging am 10. August 1744 die Tochter Alexandrine-Jeanne hervor, die von ihrer Mutter vergöttert wurde.
Den Traum, die Geliebte des Kőnigs zu werden, vergaß Jeanne-Antoinette nicht. Schließlich zog sie mit ihrer auffälligen Erscheinung die Aufmerksamkeit des Königs auf sich, als dieser im Wald von Sénart, ganz in der Nähe des Schlosses von Étoilles eine Jagd veranstalten ließ und sie ganz zufällig seinen Weg kreuzte.
Aber erst nach dem Tod seiner damaligen Mätresse Marie-Anne de Mailly-Nesle, der Herzogin von Châteauroux, Ende 1744, sollte
sich eine Chance für Madame d’Étoilles bieten. Sie erhält schließlich die Einladung zum Maskenball anlässlich der Hochzeit des Kronprinzen Louis Ferdinand am 28. Februar 1745. Sie erschien als schöne junge Jagdgöttin Diana. Ludwig XV. lernte sie so erstmals persönlich kennen. Es folgten dann in Abständen private Einladungen, die sich teils bis in die tiefe Nacht ausdehnten. Im April zog sie in die oberen Räumlichkeiten des Schlosses ein und wurde offiziell am Hof von Versailles eingeführt. Im Juni wurde ihr der Adelstitel der «Marquise von Pompadour» verliehen, womit der «Makel» einer Bürgerlichen verdeckt werden sollte.
Der «Hirschpark»
Sie war dann bis etwa 1751 noch die Geliebte des Königs, stellte dann aber das abnehmende Begehren des Königs fest und richtete für ihn eine Art «Harem von Versailles» ein: In einem Haus in der Nähe des Schlosses, «Hirschpark» genannt, lebten junge Damen aus dem Volk. Diese erhielten bei ihrem Abschied – oft nach der Geburt eines Kindes – eine beträchtliche Abfindung.
Für manche Höflinge war sie ein Emporkömmling und die «Hure» des Königs. Für die reli-giösen Vertreter war der Aufenthalt
einer Mätresse im Schloss zunehmend intolerabel. 1754 traf sie
der Tod ihrer geliebten neunjährigen Tochter und dann ihres Vaters hart. Zudem spitzte sich die Situation am Hofe noch bis Ende 1755 zu. Der König wurde gedrängt, sich von Madame de Pompadour zu trennen. So kam es, dass sie 1756 zur Hofdame der Königin ernannt wurde. Zugleich wurde der geheime Zugang zwischen ihrem Salon und den Gemächern des Königs verschlossen. Außerdem wandelte sie ihr Image hin zu einer frommen und bußfertigen Frau. Ein Image, das sie allerdings nur für die öffentlichen Auftritte annahm. Privat legte sie weiterhin Wert auf Rouge und Schönheit.
Kunstmäzenin, Beraterin und «Lebenspartnerin»
Nachdem ihre Rolle als Geliebte des Königs beendet war, konzen-trierte sie sich auf die Kunst der öffentlichen Inszenierung. Sie wurde nun zur unentbehrlichen Beraterin des Königs und nahm sogar an den Sitzungen der Minister und auch der Audienzen der Diplomaten teil. Für letztere wird sie als Mittlerin tätig, wenn es darum ging, Anliegen dem König vorzutragen oder politische Entscheidungen zu beeinflussen.
Wichtiger als im Politischen war ihre Wirkung als Mäzenin von Künstlern und in der Architektur. Sie begeisterte sich von Jugend an für Literatur und unterstützte auch die französischen Aufklärer Voltaire, Diderot und Rousseau. Vor allem Voltaire blieb ihr eng verbunden.
Sie sorgte dafür, dass angesagte Architekten beauftragt wurden, Schlösser und Gärten zu errichten: das «Hôtel d’Evreux» (heutige Élysée-Palast), einen Großteil des Schlosses von Compiègne, das «Petit Trianon» in Versailles, den neuen Flügel in Schloss von Fontainebleau, das exquisite Château de Bellevue sowie den Ausbau des Schlosses Menars an der Loire, das sie selbst erworben hatte. Außerdem gab sie den «Place Louis» (heutiger Place de la Concorde) in Auftrag. Auch die Gründung der École Militaire geht auf ihre Initiative zurück.
Die Gründung der Manufacture royale de porcelaine de Sèvres ist ebenfalls auf Madame de Pompadour zurückzuführen, womit die Meißner Porzellan-Manufaktur übertrumpft werden sollte. Die berühmte Farbe «Rosé Pompadour» und die «Frisur à la Pompadour» zeigen, wie sehr sie auch auf die Mode ihrer Zeit Einfluss nahm.
«Ich neide ihnen ihre Freiheit»
Sie war mächtig und reich, wurde aber gleichzeitig immer unglücklicher. «Schöne Damen verfolgen mich mit Neid und ich neide ihnen ihre Freiheit.» Die Missgunst und Verachtung, die ihr entgegengebracht wurde, stürzte sie in eine «schwarze Melancholie». «Ich habe nach Größe verlangt. Jetzt bin ich ihrer überdrüssig. Dennoch muss ich ein fröhliches Gesicht aufsetzen, aber im Herzen trage ich den Tod». Dieser erreichte sie schließlich am
15. April 1764 in Versailles. Mit nur 42 Jahren starb sie an einer Lungenkrankheit.
Leseempfehlung: Andrea Weisbrod, Madame de Pompadour und die Macht der Inszenierung.
Berlin: AvivA 2014.