Der das Trinkwasser zum Sprudeln brachte
«Ginger Ale» oder «Bitter Lemon» dürften vielen als Erfrischungsgetränke unter der Marke Schweppes bekannt sein. Weniger bekannt ist aber Jakob Schweppe, der Erfinder der Massenherstellung von kohlensäurehaltigen Getränken, die dann als prickelnde und sprudelnde Limonaden einen Weltmarkt eroberten.
Vom hessischen Dort nach Genf
Geboren wurde Jacob Schweppe in Witzenhausen, in der Landgrafschaft Hessen-Kassel im März 1740. Aus dem Eintrag im Kirchenbuch von Witzenhausen ist seine Taufe für den 16. März 1740 bestätigt. Sein Vater Conrad Schweppeus war Seiler. Sein Geburtshaus steht heute nicht mehr, jedoch die Liebfrauenkirche und die linke Hälfte des ehemaligen Schulhauses, die er einst besucht haben muss. Er zog dann später mit einem Kesselflicker auf Wanderschaft und begab sich in die Lehre eines Silberschmieds, wo er eine Ausbildung zum Juwelier machte. 1765 oder 1766 ließ er sich in Genf nieder, stellte Schmuck her und experimentierte und forschte zudem auf dem Gebiet der Chemie. 1767 heiratete er Eléonore Roget; aus der Ehe ging die Tochter Nicolarde (1780-1836) hervor.
Vom Silberschmied und Uhrmacher zum Hersteller von Sodawasser
Jacob Schweppe arbeitete in Genf als Bijoutiermeister, das heißt er fertigte Schmuck an, war aber zugleich auch Uhrmacher. Besondere Aufmerksamkeit widmete dann aber der erfinderische Handwerker der Haltbarmachung von Trinkwasser, wobei die Herstellung von künstlichem Sprudelwasser durch den englischen Physiker Joseph Priestley im Jahre 1772 ihn inspirierte, ein mechanisches Verfahren zu Herstellung von Kohlensäure zu erfinden. Um 1780 gelang es ihm, das «Geneva-System» zu entwickeln, durch das sich Wasser mit Kohlensäure versetzen ließ. Dieses ließ er 1783 patentieren. Zunächst war dieses Sodawasser für medizinische Zwecke gedacht, weshalb es dann auch zunächst nur in Apotheken erhältlich war. Um die Entweichung des Gases zu verhindern, wenn die Flasche aufrecht stand und somit der Korken trocken wurde, verwendete er eine Egg-Bottle: Sie konnte nur waagrecht oder kopfüber im Transportkasten steckend transportiert werden. Ihre dicken Wände hielten dem Gasdruck stand, ihr verdrahteter Naturkorken wurde immer feucht gehalten und quoll auf, was erstmals eine optimale Abdichtung der kohlensäurehaltigen Getränke bewirkte. Die Kohlensäure blieb länger in der Flasche und machte damit das Wasser länger haltbar.
Sein geschmacksneutrales Sprudelwasser wurde zunächst in drei Variationen abgefüllt. Da aber mit der Zeit auch immer mehr gesunde Menschen Geschmack am erfrischenden Sodawasser fanden, baute er 1790 gemeinsam mit dem Mechaniker Nicolas Paul und dem Apotheker Henri-Albert Gosse eine kleine Fabrik in Genf.
Das Geschäft schien zukunftsträchtig, aber in Genf blieben die Absatzmöglichkeiten lokal eingeschränkt, weshalb die drei Geschäftspartner 1792 eine Niederlassung an der Drury Lane in London gründeten. Der Fabrikstandort wechselte dann mehrfach innerhalb Londons. Nach vier Jahren stiegen jedoch Paul und Gosse aus dem Londoner Geschäft aus, und Jacob Schweppe musste seine Geschäfte in Genf für die Fortführung seiner Londoner Fabrik opfern. Nicolas Paul kehrte zunächst nach Genf zurück und zog 1799 nach Paris, wo er ein neues Geschäft mit Mineralwasser begann. 1802 wurde er schließlich kurzzeitig direkter Konkurrent von Schweppe in London. Dieser hatte bereits in Genf von Ärzten Unterstützung und Empfehlungen erhalten, und in London sollte der Arzt Dr. Erasmus Darwin, Großvater von Charles Darwin, sein Führsprecher werden: Er verschrieb das Sodawasser von Schweppe zur Behandlung von Blasensteinen.
Jacob Schweppe führte die Geschäfte in London noch bis 1802 fort. Von ihm stammt auch die Idee, das bitterschmeckende Chininpulver – ein Medikament zur Malariaprophylaxe – in etwas Limettensaft und Sodawasser aufzulösen, der Vorläufer des «Tonic Water» und «Bitter Lemon». 1802 verkaufte er dann drei Viertel seiner Anteile an drei Geschäftsleute aus Jersey: Henry William Lauzun, Francis Charles Lauzun und Robert Charles Brohler, und kehrte nach Genf zurück. Seine letzten Jahre verbrachte er in Bouchet bei Genf, wo er am 18. November 1821 im Alter von 81 Jahren verstarb. Seine Tochter verkaufte 1824 die letzten Anteile an der Firma.
Ein Name steigt zur Weltmarke auf
Den Welterfolg seines Sprudelwassers erlebte Jacob Schweppe nicht mehr. Die neuen Geschäftsinhaber hielten jedoch seinen Namen in Ehren, indem die Firma als «Schweppes & Company» weitergeführt wurde und bis heute als «Soft Drink Menufactures Schweppes Ltd. London» diese Tradition beibehält. Das Schweppes-Wasser wurde zunehmend in der höheren Gesellschaft Englands beliebt und war dann vor allem bei britischen Offizieren sehr begehrt. Ein Erfrischungsgetränk, das gleichzeitig der Malariaprophylaxe dienen konnte, löste in den indischen Kolonien große Begeisterung aus. Dort wurde es als «Indian Tonic Water» geschätzt. Der große Erfolg im gesamten britischen Weltreich führte 1831 zur Aufnahme in die Liste der königlichen Hoflieferanten und ab 1836 sogar als «Royal Warrant», eine Empfehlung des Königshauses. Einen weiteren Werbeschub erlangte es auf der ersten Weltausstellung 1851 in London. Die für diese Veranstaltung eigens errichtete riesige Fontäne im Londoner Hyde Park wurde als Marken-Logo «Schweppes Fountain» eingeführt. Ab 1957 wurde Schweppes auch in Spanien vermarktet und seit 1972 befindet sich die Schweppes-Leuchtwerbung im Gebäude Carrión auf der Gran Vía von Madrid.
Mit den Jahren wechselten die Marken- und Vertriebsrechte ihre Besitzer. 1969 fusionierte Schweppes mit dem Cadbury, 1998 erwarb die Coca-Cola Company die Rechte von Cadbury Schweppes in mehr als 120 Ländern, 2006 erwarb Krombacher Brauerei die Rechte für Deutschland und Österreich und 2008 verkaufte Cadbury seine verbleibenden Rechte an die Dr. Pepper Snapple Group für Kanada, USA und Mexiko.
Schweppes entwickelte mit der Zeit seine Klassiker Gin Tonic Water, Bitter Lemon und Ginger Ale und dominiert den Limonaden- und Soft-Drink Markt. 2019 hielt Schweppes in Deutschland einen Markanteil von 56 Prozent bei den Bitterlimonaden. Jacob Schweppes legte den Grundstein für diese prickelnden und sprudelnden Wasser. Hatte er sie zu Beginn noch geschmacksneutral entwickelt und später bereits die Idee eines «Bitter Lemon» gehabt, werden heute auf dieser Basis ständig neue kohlensäurehaltige Soft Drinks entwickelt.