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Angela Merkel – von der grauen Maus zur mächtigsten Frau der Welt

Die Unterschätzte

Ohne die Wiedervereinigung hätte es auch keine Kanzlerin Angela Merkel gegeben. Bereits in der DDR und der Wendezeit zeigten sich die Charaktereigenschaften, die ihre 16-jährige Amtszeit prägen sollten.

Niemand konnte 1989 ahnen, dass aus der unscheinbaren, unsicheren 35-Jährigen einmal «die mächtigste Frau der Welt» (Forbes) werden sollte. Tatsächlich ist ihre Karriere in jeder Hinsicht außergewöhnlich und voller Superlative: Als erste Frau wurde Angela Merkel CDU-Generalsekretärin, Parteivorsitzende und schließlich Deutschlands Bundeskanzlerin. 

In der DDR war sie weder Mitglied der SED noch einer der Blockparteien gewesen. Auch in oppositionellen Gruppen hatte sie sich nicht engagiert, allerdings in der FDJ. Als pragmatische Realistin und ehrgeizige Schülerin, Studentin und später Wissenschaftlerin war ihr klar, dass sie ein Mindestmaß von Zugeständnissen an den Staat machen musste. Zumindest beruflich hatte sie daher das Mögliche ausgereizt, was trotz ihrer Ablehnung des DDR-Staats möglich war, ohne sich ganz verdrehen zu müssen. Bereits in der Schule erhielt Angela Merkel sehr gute Noten und entschied sich für das politisch neutrale Studium der Physik. Ihre Doktorarbeit wurde mit der Bestnote Magna cum Laude bewertet. Mit ihrem damaligen Mann Ulrich Merkel ging sie 1978 nach Ost-Berlin und nahm eine Stelle am Zentralinstitut für Physikalische Chemie der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin-Adlershof an. 

Als die Mauer 1989 gefallen war, wagte die promovierte Physikerin ihre ersten zaghaften Schritte auf politischem Boden. Sie klopfte beim Demokratischen Aufbruch in Berlin an und fragte, ob sie sich nützlich machen könnte. Ihre erste Aufgabe war es, Computer aus Westdeutschland anzuschließen. Der Vorsitzende des Demokratischen Aufbruchs (DA) Wolfgang Schnur, der die Partei am 17. Dezember 1989 in Leipzig mitgegründet hatte, wurde zu ihrem ersten Fürsprecher. Er machte Angela Merkel zur Pressesprecherin. Vier Tage vor der Volkskammerwahl am 18. März 1990, als der Demokratische Aufbruch gemeinsam mit der DSU und der CDU im Wahlbündnis Allianz für Deutschland antrat, wurde Schnur als Stasimann entlarvt: Der DA erreichte nur 0,92 Prozent. Auch die Kommunalwahlen im Mai 1990 endeten für die einstige Bürgerbewegung mit einem Stimmenanteil von 0,5 Prozent in einem Desaster. 

Angela Merkel hatte den Weg des Demokratischen Aufbruchs in die liberal-konservative Allianz für Deutschland und damit in die spätere Fusion mit der CDU von Anfang an unterstützt, positionierte sich klar und erteilte «sozialistischen Experimenten» im DA eine Abfuhr. Das war auch Bundeskanzler Helmut Kohl zu Ohren gekommen, den sie erstmals am 30. September in Hamburg in einem persönlichen Gespräch kennenlernt.

So nahm Merkels politische Karriere ihren Lauf: 

Nach der Wiedervereinigung im Herbst 1990 erhielt sie eine Stelle im Bundespresse- und Informationsamt. Nach der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl Anfang Dezember 1990 zog sie in den Deutschen Bundestag ein. Wahlsieger Kohl nominierte sie als Ministerin für Frauen und Jugend überraschend in sein Kabinett. Mit 37 Jahren war die Physikerin noch keine zwei Jahre in der Politik, gerade etwas länger als ein Jahr in der CDU – aber schon seit Januar 1991 Bundesministerin. Im gleichen Tempo ging es weiter: 1994 Bundesumweltministerin, 1998 Generalsekretärin der CDU, zwei Jahre später Vorsitzende der CDU und 2005 wird sie schließlich Bundeskanzlerin.

Merkel war zum richtigen Moment an der richtigen Stelle – ihr politischer Instinkt sollte auch weiterhin ihre steile Karriere auszeichnen. Sie trat nicht nur bescheiden auf, sondern lebte auch so – besonders im Ausland wurde ihr das hoch angerechnet. Im Gegensatz zu vielen Wegbegleitern wie Wolfgang Schnur oder Günther Krause war sie nie in einen politischen oder persönlichen Skandal verwickelt. Der ehemalige Präsident der EU-Kommission Jean-Claude Juncker bezeichnete sie im Interview mit der «Abendzeitung» am 2. August als «ehrliche Haut». Auf der anderen Seite gehört eine gute Portion Machtbewusstsein zu ihrem Erfolg dazu. Von der grauen Maus entwickelte sie sich zur grauen Eminenz: Ist sie von etwas überzeugt, dann setzt sie sich durch. Ihre Entscheidungen während der Flüchtlingskrise und zum Ausstieg aus der Kernenergie nach dem Erdbeben in Japan waren vielen zu unbesonnen und emotional. 

Als einzige Politikerin aus den neuen Bundesländern konnte sie sich nach der Wende behaupten. Dass die Langzeit-Kanzlerin es so weit gebracht hat, liegt aber letztlich an dem klaren Verstand der Wissenschaftlerin – und vielleicht auch daran, dass Angela Merkel lange Zeit unterschätzt wurde. Den Schlussstrich setzte sie selber unter ihre Karriere – im Gegensatz zu Helmut Kohl. Wer auch immer ihr im Kanzleramt nach den Bundestagswahlen am 26. September nachfolgt, wird es nicht einfach haben, aus ihrem Schatten herauszutreten.

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