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Zum 450. Geburtstag von Caravaggio

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Zwischen Genie und Gewalt  

Er war einer der größten Maler seiner Zeit. Hohe kirchliche Würdenträger in Rom erteilten ihm zahlreiche Aufträge. Seine Laufbahn schien gesichert, bis er bei einem Streit seinen Gegner mit einem Schwertstreich tödlich verletzte. Caravaggio musste ins Exil gehen – und galt von nun als vogelfrei.

Ende des 16. Jahrhunderts kam der junge, ungehobelte Provinzler nach Rom, in der Hoffnung, sich als Maler eine Existenz aufbauen zu können. Auf den Märkten verkaufte er seine Stillleben und nannte sich Caravaggio nach seinem Herkunftsort in Bergamo. Dort war er am 29. September 1571, vor genau 450 Jahren, als Michelangelo Merisi geboren worden. Bald begann er, religiöse Motive zu malen, womit er den Geistlichen Pandolfo Pucci beeindruckte, der ihn anstellte. Allerdings ließ er den Künstler zu den Mahlzeiten mit Salatblättern abfertigen, weshalb dieser ihn verärgert fortan «Monsignore Insalata» nannte. 

Meister der Hell-Dunkel-Malerei

Doch Caravaggio hatte Glück: Als der vornehme, einflussreiche Kardinal Francesco del Monte eines Tages Pucci einen Besuch abstattete, war er von den Bildern des begabten Unbekannten begeistert. Er nahm ihn in seinem Palazzo auf und gab ihm den Auftrag, für die Kirche San Luigi dei Francesi Episoden aus dem Leben des Apostels Matthäus festzuhalten.  

Die Auftraggeber waren von der ersten Fassung jedoch verwirrt: Caravaggio zeigte auf der Leinwand Matthäus im Kreis seiner ehemaligen Zöllnerkollegen, die gierig ihre Einnahmen zählten. Ihre Physiogniomien waren alles andere als vertrauenerweckend. Die Atmosphäre des Werks war dazu mit beeindruckenden Lichteffekten ausgestaltet, was der Szene insgesamt einen schier sinistren Charakter verlieh. Das wirkte sich aber für ihn nicht zum Nachteil aus – ganz im Gegenteil: Seine völlig neue Kunst, dramatische Szenen in ungewohnten Lichtverhältnissen zu zeigen, beeindruckte die Experten und von nun ab häuften sich die Aufträge.

Caravaggio wurde rasch bekannt und sein Ruf als außergewöhnlicher Maler festigte sich ebenso schnell. Nun lebte er seinen bisher gezügelten Jähzorn aus, ließ sich immer wieder auf Streitereien ein, kam wiederholt mit der Gendarmerie in Konflikt und wurde dementsprechend oft in den Kerker geworfen. Kardinal del Monte sah über diese Sünden seines Schützlings in Anbetracht der Qualität seiner Kunst hinweg. Auch als er sich die stadtbekannte Prostituierte Maddalena von der Piazza Navona zur Geliebten machte, hüllte der Kardinal sich in Schweigen. Maddalena diente Caravaggio als Modell für die Pilgermadonna der Wallfahrtskirche Sant‘ Agostino.

Schlägerei mit Folgen

Am 29. Mai 1606 ließ er sich in  eine Keilerei verwickeln, die schwere Folgen haben sollte. Wegen einer verlorenen Wette verletzte er einen gewissen Ranuccio Tommasoni derart schwer, dass dieser kurz darauf starb. Einer anderen Quelle zufolge wollte Caravaggio lediglich seinem Freund Onorio Longhi, der mit Tommasoni kämpfte, beistehen. Das Opfer war ein Sohn des Kommandanten der Engelsburg, was den Urteilsspruch für den Totschläger nicht gerade begünstigte. Am 31. Mai wurde der Maler aus Rom verbannt und zusätzlich verhängte man gegen ihn den «bando capitale», das heißt, er war vogelfrei und jeder Bürger der päpstlichen Staaten konnte den Künstler straffrei töten. 

Caravaggio hatte im Kampf schwere Verletzungen erlitten. Daher war er, nachdem er ärztlich versorgt worden war, mit seinem Diener Cecco in den benachbarten Palast der ihm wohlgesinnten Familie Colonna geflüchtet. Von hier aus fuhr er am nächsten Tag in einer Kutsche der Colonnas in das Fürstentum Paliano, das von den Colonnas regiert wurde, und setzte sich nach Neapel ab. Dort wurde er in kurzer Zeit zum berühmtesten Künstler des Königreichs. Zwei Gemälde, die «Sieben Werke der Barmherzigkeit» und «Die Geißelung Christi», riefen bei den neapolitanischen Kunstliebhabern laut seines Biografen Andrew Graham-Dixon «fassungslose Bewunderung» hervor.

Ritter des Malteserordens

Zehn Monate später verließ Caravaggio Neapel und schiffte sich nach Malta ein. Auf der Insel wurde er als berühmter Künstler gefeiert und zum Ritter des Malteserordens ernannt. Hier entstand sein größtes Gemälde: «Die Enthauptung Johannes des Täufers», das 3,70 mal 5,20 Meter misst. Als es vorgestellt wurde, saß sein Autor im Gefängnis. Caravaggio hatte bei einer Rauferei einen Ritter verletzt. Bevor das Gerichtsverfahren beendet war, floh er, was seine Ausweisung aus dem Malteserorden als «verdorbener und stinkender Lump» zur Folge hatte.

Er entkam nach Sizilien, wo er in Messina und in Syrakus lebte. Hier entstanden das Altargemälde «Begräbnis der Heiligen Lucia» und «Die Auferweckung des Lazarus». Nach einem knappen Jahr reiste er nach Neapel. Während seiner Verbannungszeit hoffte er stets auf die Annahme seines Gnadengesuchs. Nun näherte er sich vorsichtig den päpstlichen Staaten, mit der Absicht, den Erlass von höchster Stelle entgegennehmen zu können, da er erfahren hatte, dass der milde gestimmte Papst dabei sei, das Dokument aufzusetzen.

Er segelte nach Porto Ercole, einem Hafen in der Toscana. Hier erkrankte der kaum 38-Jährige so schwer, dass er am 16. Juli 1610 im Hospital der Hafenstadt starb. Bis heute ist nicht geklärt, welches genau die Todesursache des großen Malers war. Es wird vermutet, dass Caravaggio einen Herzinfarkt erlitten hat. Der Kunsthistoriker Boris von Brauchitsch dagegen tippt auf Malaria; andere Quellen besagen, er sei einer Sepsis erlegen. Wenige Zeit nach seinem Tod traf in Porto Ercole der päpstliche Gnadenerlass ein.

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