Der Cóndor veröffentlicht in unregelmäßigen Abständen Porträts über Frauen, die eine Pionierrolle oder besondere Leistungen in Chile erbracht und einen deutschen Hintergrund haben. Die gebildete Regensburgerin Maria Pfaetterer-Hellstern machte sich sowohl als Pianistin als auch als Klavierpädagogin in ihrer zweiten Heimat einen Namen.
Eigentlich war es eine Fügung des Schicksals, dass Chile zu ihrer zweiten Heimat wurde. Maria Pfaetterer-Hellstern, die sich auf dem Gebiet der Inka-Kultur gut auskannte, erhielt im Jahr 1911 eine Einladung, um in Peru Vorträge zu halten, als ihr Dampfer vor Corral Schiffbruch erlitt. Sie erinnerte sich daran, dass sie in Valdivia Verwandte hatte, weshalb sie umgehend in jene Stadt reiste, um sie aufzusuchen. Damals hatten Valdivianer ein Wohltätigkeitsfest organisiert, bei dem verschiedene Musikdarbietungen auf dem Programm standen. Als es bekannt wurde, dass Maria Pfaetterer-Hellstern Pianistin war, bat man sie sogleich, eines der Konzerte zu bestreiten. Nach anfänglichen Skrupeln – sie meinte, nicht auf einen Klavierabend vorbereitet zu sein – glückte es den Organisatoren, sie zu einem Auftritt zu überreden. Sie spielte Werke von verschiedenen Komponisten und wurde vom Publikum mit enthusiastischem Applaus belohnt. Ihre Darbietung war ein derartiger Erfolg, dass verschiedene Elternpaare mit der Bitte an sie herantraten, ihren Kindern Klavierunterricht zu geben.
Die Nachfrage überraschte sie zunächst und überzeugte sie alsdann, die Einladung aus Lima fallen zu lassen und in Valdivia zu bleiben. Maria Pfaetterer-Hellstern eröffnete eine Klavier-Akademie, die bald zu dem renommiertesten Institut der Stadt wurde, in dem etliche profilierte Musiker ausgebildet wurden, wie zum Beispiel María Aburto, Nina Frick und Alicia Castelblanco.
Maria Pfaetterer-Hellstern war im Jahr 1875 in Regensburg geboren worden. Ihre Familie gehörte dem gehobenen Mittelstand an, war wohlhabend und angesehen. Als sich bei Maria eine überdurchschnittliche musikalische Begabung bemerkbar machte, schickte der Vater das Mädchen an die Berliner Neue Akademie der Tonkunst, wo sie von Franz Kullak als Pianistin ausgebildet wurde.
Als sie 36-jährig nach Chile kam, hatte Maria Pfaetterer-Hellstern sich eine solide Bildung – nicht nur auf musikalischem Gebiet – angeeignet, wovon der Ruf aus Lima, in der peruanischen Hauptstadt Referate über die Inka-Kultur zu halten, ein beredtes Zeugnis abgibt. Die Musikerin war zudem eine gläubige Katholikin, die täglich zwischen 10 und 15 Essensrationen unter den Armen verteilte, die bei ihr vorbeikamen.
Mit fortschreitendem Alter verspürte sie immer intensiver den Wunsch, der Hektik der Welt zu entsagen. Schließlich entschloss sie sich dazu, in die Congregación de Hermanas de la Santa Cruz der Stadt Victoria überzusiedeln, wo sie den letzten Abschnitt ihres Lebens verbrachte. Maria Pfaetterer-Hellstern starb am 10. Januar 1941 in Victoria.