Die «Göttliche Komödie» ist sicherlich vielen bekannt. Über deren Autor Dante wissen wir meist sehr wenig – dabei spiegelt sich in seinem Hauptwerk ein Teil seiner eigenen Geschichte wider. Dante gilt als der «größte Dichter des christlichen Mittelalters». Seit dem 19. Jahrhundert steht er gleichberechtigt neben Shakespeare, Cervantes und Goethe auf dem Podest der Weltliteratur.
Am Anfang und am Ende war Beatrice
Geboren wurde Dante 1265 in Florenz, so lässt es sich jedenfalls aus seiner Jenseitswanderung aus der «Commedia» – so der ursprüngliche Titel seines Hauptwerkes – rückschließen. Sein eigentlicher Name war Durante, der aber dann zu Dante verkürzt wurde. Sein Vater Alighiero di Bellincione stammte aus einer alteingesessenen Familie des Florentiner Kleinadels. Die Familie gehörte der guelfischen Partei an, das heißt sie standen dem Kaiser näher und strebten danach, die Macht des Papstes in ihrer Stadt einzuschränken. In der «Commedia» findet sich allerdings kein Wort über seine Familie, auch nicht über seine Frau Gemma di Manetto Donati und seine vier Kinder.
Die Frau aber, die das Leben Dantes tiefgreifend bestimmte, war Beatrice. Er hatte mit neun Jahren die gleichaltrige zum ersten Mal gesehen. Sie war und blieb für ihn «die glorreiche Frau meiner Seele» (Vita Nova, I). Nach neun Jahren begegnete er ihr wieder auf der Straße, und zwar zur neunten Stunde. Hier greift Dante die Zahlensymbolik der dreifachen Drei auf, dieselbe, die auch in der «Göttlichen Komödie» die ganze Ordnung des Werkes wiedergibt: der drei Kapitel (Hölle, Purgatorium und Paradies) und der jeweils 33 Gesänge.
Beatrice war Dantes Schicksal, sie machte aus ihm den Dichter. Ob sie lediglich eine literarische Figur oder eine wirkliche Person gewesen ist, wird wohl ein Rätsel bleiben. In der «Commedia» begleitet sie ihn neben seinem «Dichtervater» Vergil in die Hölle und führt ihn dann vom Purgatorium bis zum Paradies. In der «Vita Nova» (1295 abgeschlossen) beschäftigt sich Dante mit seinem Verlust der Liebe, dem Fortgang von Beatrice aus Florenz und ihrem Tod am 9. Juni 1290.
Der gelehrte Dichter
Neben seinen Aufgaben als Oberhaupt der Alighieri fand Dante die Zeit zum Dichten und Studieren. In seiner «Convivio» (Gastmahl, ab 1306) erwähnt er den Besuch einer «scuole de li religiosi, e le disputazioni de li filosofanti». Diese Schule von Mönchen und den Disputationen der Philosophen, führte zur Annahme, er hätte ein Studium Generale an einer der Lehrstätten der Dominikaner oder Franziskaner in Florenz besucht. Dante hat sich zumindest umfangreiche Kenntnisse zur Philosophie, Theologie, Geschichte, Geographie, Astrologie und Astronomie angeeignet. Homer, Ovid, Horaz, Lukan und vor allem Vergils Aeneas bilden seine Quellen, aber auch Aristoteles, Thomas von Aquin, Bonaventura, sowie die Paulus-Vision wurden von ihm ausgiebig studiert. Er mag zwar auch autodidaktische Fähigkeiten gehabt haben, aber angeleitete Studien sind hier durchaus anzunehmen. Er schuf damit später mit der «Commedia» ein «christliches Heilsepos», in der die klassische Philosophie mit der christlichen Lehre in seiner Jenseitswanderung einzigartig verbunden und interpretiert wird.
Dante der Politiker und sein Exil
Sein Leben und seine Werke sind von den politischen Auseinandersetzungen in Florenz gekennzeichnet. Als 24-Jähriger nahm er an der Schlacht von Campaldino am 11. Juni 1289 teil, in der sich die Anhänger der Guelfen und die Ghibellinen bekämpften. Seine politische Karriere begann erst im Herbst 1295. Da seine Familie weder zu den wohlhabenden Bürgern noch zu den einflussreichen Adeligen gehörte, stand Dante allein durch die formale Aufnahme in eine Zunft der Weg zu einer politischen Karriere offen. So ließ er sich 1295 in die Zunft der Ärzte und Apotheker einschreiben und wurde noch im selben Jahr Mitglied im Rat des Capitano del Popolo. Nach nur einem halben Jahr war er dann Mitglied des «Consiglio dei Cento», des Rats der Hundert, was einem Stadtrat entspricht. Im Jahr 1300 bekleidete er eines der höchsten Ämter der Stadt als eines der sechs Mitglieder des Priorats.
Dem steilen politischen Aufstieg folgte dann aber ein dramatisches Ende. Er wurde in die Streitigkeiten politischer Banden hineingezogen und endete schließlich im Exil. Da er sich auf die Seite der pro-kaiserlichen «Bianchi» (Weißen), stellte, wurde er nach der Machtübernahme der «Neri» (Schwarze, Kaisergegner) aus Florenz vertrieben. In Abwesenheit wurde er am 27. Januar 1302 der Bestechlichkeit im politischen Amt beschuldigt und zu einer Geldstrafe, einer zweijährigen Verbannung und dem Ausschluss von allen öffentlichen Ämtern verurteilt. Da er die Strafe nicht zahlte, wurde er am Ende zum Tod verurteilt und dauerhaft aus Florenz verbannt.
Mit der Kaiserkrönung Heinrichs VII. 1312 hoffte er auf eine Rückkehrmöglichkeit nach Florenz, die aber mit der gescheiterten Belagerung des Kaisers im Herbst desselben Jahres nichtig wurde. Heinrich VII. setzte Dante auch in der «Commedia» ein Denkmal. Als man ihm 1315 das Angebot machte, gegen die Zahlung einer hohen Geldbuße und der Leistung einer öffentlichen Abbitte nach Florenz zurückkehren zu dürfen, lehnte er ab. Die Folge war, dass man das Todesurteil und die Beschlagnahmung seines Besitzes erneuerte. Ab 1318 befand er sich in Ravenna bei Guido da Polenta. An seiner Stellte unternahm er im August 1321 eine Reise als Gesandter nach Venedig, um einen Krieg abzuwenden, erkrankte jedoch an Malaria und erlag nach seiner Rückkehr in der Nacht vom 13. auf den 14. September in Ravenna dem Fieber. In Ravenna fand er dann auch seine letzte Ruhestätte. Lediglich symbolisch kehrte er 1829 in seiner Heimatstadt zurück, als diese für ihn ein monumentales Kenotaph, ein Ehrengrabmal, in der Basilika Santa Croce errichtete.