Der Deutsche Wissenschaftliche Verein zu Santiago
Nach 1850 begann ein großer Zustrom deutscher Wissenschaftler nach Chile. Teils hatte die chilenische Regierung die Forscher im Deutschen Reich angeworben, teils wurden sie von Bekannten oder chilenischen kulturellen Einrichtungen vermittelt.
Dies führte dazu, dass im Jahre 1885 der Deutsche Wissenschaftliche Verein zu Santiago gegründet wurde, der um die Jahrhundertwende 1900 stolze 75 Mitglieder zählte. Unter ihnen finden wir auch zahlreiche Kaufleute, die durch großzügige Spenden den Verein unterstützten, soweit die chilenische Regierung nicht durch Staatsaufträge zu den Finanzen beitrug.
Viele Jahre hindurch amtierte als Vorsitzender Dr. Rudolf Amandus Philippi, Forscher und Gründer des chilenischen Nationalmuseums. Die Durchsicht des Mitgliederverzeichnisses aus dem Jahre 1902 weist zahlreiche Namen von Personen auf, deren Träger in Chile verblieben sind und deren Nachkommen wir noch heute in verantwortlichen Positionen in Chile finden wie Dr. Franz Fonck, Dr. Karl Martin, Dr. Karl Ochsenius, Dr. M. Cienfuegos, A. von Dessauer, Hans Frey, Wilhelm Helfmann (Buchdrucker und Gründer der Zeitschrift Zig Zag), Dr. Friedrich Johow,
Dr. A. Oyarzun, Dr. Hans Steffen und andere mehr.
In der Mitgliederliste erscheinen auch Namen aus der chilenischen Gesellschaft. Hierbei handelte es sich um Personen, die schon damals deutsche Bildungsanstalten besucht hatten und nach ihrer Rückkehr nach Chile sich dem Verein anschlossen.
Der Verein hatte seinen Sitz in der Calle Bandera. Es ist bedauerlich, dass sich der Verein Mitte der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts langsam auflöste. Der letzte Jahresbericht trägt ein Datum aus dem Jahr 1936. Warum sich die vielen Abhandlungen, Niederschriften und Forschungsberichte heute im Besitz der University of California in den USA befinden, Kopien von dort verkauft werden, bleibt allerdings unklar. Ein paar Ausdrucke der Abhandlungen finden wir noch im Archiv des Deutsch-Chilenischen Bundes..
Quelle:
Nachlass des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins zu Santiago
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Dr. Carl Eduard Martin war Arzt,
Naturwissenschaftler, Forscher und Mitgründer des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins zu Santiago. Gebürtig aus Jena und aufgewachsen in einer alten preussischen Gelehrtenfamilie, hielt er sich als wissenschaftlicher Berater des preussischen Konsulats zwei Jahre in Brasilien auf, bevor er im Jahre 1869 nach Chile kam. Er beriet die chilenische Regierung beim Aufbau des Gesundheitswesens, übernahm nach einem kurzen Aufenthalt in Deutschland ab 1884 das Hospital in Puerto Montt, bereiste wiederholt die Insel Chiloé und bemühte sich dort um die Einrichtung eines umfassenden Gesundheitsdienstes.
Dr. Carl Martin wurde bekannt durch sein Buch «Landeskunde von Chile», das in Hamburg 1909, zwei Jahre nach seinem Tod, erschien und wesentlich zur Bekanntheit Chiles in Deutschland beitrug.
foto: archiv