Von Dr. Robert Pöhlmann und Dr. Karl Friedrich Reiche
(Bearbeitet und gekürzt von Dietrich Angerstein)
Reiche und Pöhlmann haben 1897 die Täler der Flüsse Camarones und Vitor bereist. Die beiden Forscher untersuchten den sich zwischen den Flüssen ausbreitenden Rücken. Ihre «Beiträge zur Kenntnis der Flora der Flussthäler Camarones und Vitor und irhes Zwischenlandes» stammt aus dem Nachlass des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins zu Santiago.
Bei der Gelegenheit der topografischen Aufnahmen des genannten Gebietes durch eine von der chilenischen Regierung beauftragten Kommission war es den Verfassern gegönnt, Länderstrecken zu sehen, welche der Wissenschaft noch völlig unerschlossen waren. Die Reise verfolgte den Zweck, naturgeschichtliche und ethnografische Gegenstände für das chilenische Nationalmuseum zu sammeln und so erwiesen sich diese bezüglich ihres wissenschaftlichen Wertes als gut und sehr gut trotz der ausgedehnten Strecken vegetationsloser Wüste, durch die der Weg führte.
Am 23. November 1897 brachte eine Dampfbarkasse die Kommission samt Instrumenten und Lebensmitteln von dem damals lebhaften Salpeter-Hafen Pisagua zur Camarones-Bucht, von wo aus nach zwei Tagesmärschen und einer Übernachtung in Zelten die Hacienda Camarones erreicht wurde. Die Hacienda, gelegen in der Tiefe der gleichnamigen Quebrada, die ein durchfließender Fluss mit Wasser versorgte und damit eine blühende Landwirtschaft ermöglichte, nutzte den Vorteil, ihre Produkte mit gutem Erlös an die weiter südlich gelegenen Salpeterwerke verkaufen zu können.
Die Hacienda stellte der Kommission Reit – und Lasttiere zur Verfügung, gewährte Tage des Aufenthaltes, die für weitere Ausrüstung und die ersten Messungen und Beobachtungen genutzt wurden. Am 1. Dezember 1897 verließ die gesamte Expedition, sie war inzwischen auf acht Teilnehmer angewachsen, die Hacienda, erstieg die hohe und steile Nordseite der Quebrada, um auf der meist flachwelligen Hochebene die im Tal begonnenen Triangulationen in ungefähr nördlicher Richtung fortzusetzen. Am Abend des folgenden Tages erreichte die Expedition die Quebrada des Vitor bei Pintatane, übernachtete hier und setzte den Marsch abwärts bis zur Meeresküste fort.
Nach Beendigung der Messungen und Untersuchungen ging es wieder talaufwärts, man gelangte über Chaqui, Chaca und Chacarilla bis am 10. Dezember Cachichoca und noch am gleichen Tage Codpa erreicht wurde.
Um die topografischen Aufnahmen in dieser Gegend zu vollenden, gleichzeitig auch Menschen und Tieren eine Erholung angedeihen zu lassen, blieb man in Codpa bis zum 17. Dezember. Zwar stand die Hälfte der Lehmhäuser leer und der Gesundheitszustand der wenigen Bewohner wurde als äußerst schlecht befunden, dennoch blieb man hier bis zum 17. Dezember, da Codpa zum Aufenthalt immer noch geeigneter erschien als irgendeine andere menschliche Siedlung an der Nordgrenze von Tarapacá, ausgenommen natürlich die Hacienda Camarones.
Am 17. Dezember setzte die Kommission die Reise durch das Dorf Guañacahue talaufwärts fort, am folgenden Tag wurde Chitita durchquert, aber dann musste die sehr steile südliche Talwand des Vitor erstiegen werden, um bis Aico vorzudringen.
Ein Weihnachtsfest auf 4.500 Metern Höhe
Am 24. Dezember überschritt die Expedition auf einer Höhe von 4.500 Metern die Wasserscheide, die den Lauf der Gewässer zwischen Chile und Bolivien trennt, obgleich die politische Grenze an dieser Stelle noch an die 50 Kilometer Luftlinie weiter östlich verläuft. Das Endziel der Reise an diesem Tag war Paquisa, ein aus zwei Indianergehöften bestehender Weiler unweit einer nur wenig Wasser führenden Lagune gleichen Namens.
Den Christtag wollte man teils der Erholung, teils dem Trocknen und Ordnen des Gepäcks widmen, auch traten um die Mittagszeit wie an den vorhergehenden und nachfolgenden Tagen starke Gewitter mit Hagelschauern auf, die ein Arbeiten im Felde unmöglich machten.
Am 27. Dezember verließ die Expedition Paquisa und gelangte an die Borax-Lagune Achachamaya, eine mehrere Quadratkilometer große, teils mit Wasser, teils mit einer weißen Kruste von Boronatrocalcit und Kochsalz bedeckten Ebene in circa 4.400 Metern Höhe.
Hier wollen wir diesen Reisebericht erst einmal abschließen. Vielleicht interessiert den einen oder anderen Leser den Fortgang dieser Expeditionsreise, der noch viele Seiten füllen würde. Der Chronist dieser Zeilen hatte die Möglichkeit im Laufe mehrerer Jahre viele der genannten Orte besuchen zu dürfen, allerdings bequemer im geländegängigen Auto mit GPS-Ausstattung. Aber vielleicht empfand die Expedition mit Dr. Pöhlmann und Dr. Reiche zum Jahresende 1897 mehr Genugtuung über das Erreichte als der moderne Besucher, der heute seinen Blick auf die Instrumente mehr als auf die Landschaft richtet. Das wäre vielleicht auch einmal eine Betrachtung wert.