Wie kam es zum Schweizer Nationalfeiertag?
Als «Wiege der Schweiz» gilt das Rütli, eine große Bergwiese oberhalb des Vierwaldstättersees. Die Legende besagt, dass hier vor 730 Jahren die Vertreter der drei Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden einen Bund geschlossen haben – den so genannten Rütlischwur. Doch erst 1899 wurde der erste August zum Feiertag und 1994 zum arbeitsfreien Nationalfeiertag erhoben, zur «Bundesfeier», wie die Schweizer ihn nennen.
Ältestes Verfassungsdokument der Schweiz
Als Bundesbriefe werden seit dem Ende des 19. Jahrhunderts Bündnisurkunden in der Schweizerischen Eidgenossenschaft bezeichnet. Bundesbriefe regelten verschiedene Belange zwischen den Ländern auf dem heutigen Gebiet der Schweiz. So gab es beispielsweise Abmachungen zum gegenseitigen Beistand oder zur Schlichtung von Streitereien, zur Regelung über die Kontrolle der Bündnispartner bei Verhandlungen mit Dritten, Verbot von fremden Richtern, die nicht Landleute waren oder ihr Amt gekauft hatten.
Der Bundesbrief von 1291 gilt als ältestes Verfassungsdokument der Schweiz. Darin sichern sich die innerschweizerischen Talgemeinschaften Uri, Schwyz und Nidwalden gegenseitige Hilfe zu – gegen alle, die ihnen Gewalt oder Unrecht antun. Bekannt ist der Bund auch unter der Bezeichnung «Rütlischwur». Die Legende besagt, dass der Bund auf einer Bergwiese über dem Vierwaldstättersee – dem Rütli – geschlossen wurde. Allerdings wurde der Rütlischwur bis ins 19. Jahrhundert nach einer Chronik aus dem Mittelalter auf den 8. November 1307 datiert.
Für den nationalen Zusammenhalt
Der Bundesbrief wird erst seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert offiziell für die Gründungsurkunde der Schweizerischen Eidgenossenschaft gehalten. Maßgeblich trug dazu der Bundesrat bei, der – gestützt auf dieses Dokument – für 1891 zu einer nationalen Jubiläumsfeier aufrief und 1899 schließlich den 1. August zum Bundesfeiertag erhob.
Die Berufung auf den Bundesbrief als älteste schweizerische Verfassung und damit auf eine jahrhundertealte, verpflichtende Tradition einer in Freiheit beschworenen Gemeinschaft, war dem nationalen Zusammenhalt im demokratischen Bundesstaat förderlich.
Als gelebte Geschichte konnte so das äußerlich unscheinbare Dokument mit seinem Symbolcharakter in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem wesentlichen Bestandteil der schweizerischen Geschichts- und Politikkultur überhaupt werden. Dazu gehört, dass eigens für den Bundesbrief in Schwyz das Bundesbriefarchiv errichtet und 1936 als nationaler Gedächtnisort feierlich eröffnet wurde (seit 1999 Bundesbriefmuseum). Übrigens müssen die Schweizer erst seit 1994 an ihrem Nationalfeiertag nicht mehr arbeiten: In einer Volksabstimmung sprachen sich damals 83,8 Prozent der Wähler dafür aus.
Über Jahrhunderte keine Erwähnung
Das 1291 geschlossene Bündnis der Innerschweizer Talschaften fand über Jahrhunderte praktisch keine Erwähnung. Das Dokument selbst wurde erst 1758 im Archiv von Schwyz wiederentdeckt. In der staatsrechtlichen Tradition der alten Eidgenossenschaft spielte vor 1798 hingegen der durch den Bundesbrief von 1315 – dem Morgartenbrief – besiegelte Bund eine Rolle. Der Morgartenbrief, datiert auf den 9. Dezember 1315, war der erste Schweizer Bundesbrief, der nicht in lateinischer, sondern in deutscher Sprache abgefasst worden war. In ihm trat auch zum ersten Mal das Wort Eitgenoze (Eidgenosse) in Erscheinung. Im Schweizer Bundesbrief von 1291 wurde der Begriff «conspirati» benutzt. Das Dokument liegt als Pergamentblatt im Format 32 mal 20 Zentimeter vor und umfasst 17 Zeilen in lateinischer Sprache und zwei verbundene Siegel. Das Siegel von Schwyz ging im Laufe der Jahrhunderte verloren.
Höhenfeuer und 1.-August-Wegge
Am 1. August wird am Rütli von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft jährlich eine kleine Bundesfeier ausgerichtet. Die einzelnen Kommunen feiern hingegen ihre lokalen Bundesfeiern– einige sogar schon am 31. Juli. Gefeiert wird standesgemäß mit Ansprachen und Feuerwerk, Musik und Gesang. Hier und dort werden auf den Bergen und Hügeln Höhenfeuer angezündet. Mancherorts ziehen Kinder am Abend mit Lampions durch die Straßen. Und die schweizerische Flagge darf natürlich nicht fehlen: Öffentliche Gebäude tragen am Feiertag die rot-weiße Fahne, aber auch die berühmte 1.-August-Wegge – eine Backspezialität – wird mit kleinen Fähnchen verziert vielerorts feilgeboten.
Wer sich vorstellen möchte, was in der Nacht des Rütli-Schwurs wohl geschah, der kann dies – mangels Überlieferung – in Friedrich Schillers Schauspiel «Wilhelm Tell» nachlesen.