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Guillermina von Kalchberg – Reformerin der Lehrerbildung in Chile

Guillermina von Kalchberg war eine in Wien ausgebildete Pädagogin. Die chilenische Regierung lud die Lehrerin aus Österreich 1884 nach Chile ein. Sie wurde eine der wichtigsten Reformerinnen der Normalschule.

Im 19. Jahrhundert erhielt die Frauenbildung in Chile durch die Gründung von sogenannten Normalschulen einen besonderen Schub. So wurden im 18. und 19. Jahrhundert Volksschulen bezeichnet, die zugleich schlecht qualifizierte Lehrer nach inhaltlichen und methodischen «Normen» des Unterrichts weiterbildeten; daher kommt der Name Normalschule.

Unter der Leitung der Pädagogin Guillermina von Kalchberg, die selbst von 1869 bis 1877 eine Normalschule in Wien besucht hatte und bis 1884 als Lehrerin in Wien tätig war, wurde das chilenische System für Normalschulen reformiert.

Kurse für «weibliche Ausbildung» gefordert

Die chilenische Regierung wollte, dass sich die neuen Bildungsmodelle und -ideale am europäischen System anlehnten, das als Grundlage für die Reform der Escuela Normal de Preceptoras in Santiago und der Frauenbildung im Allgemeinen diente. Nach ihrer Tätigkeit als Direktorin des Mädchengymnasiums in Tacna (heute Peru, damals unter chilenischer Jurisdiktion) und der Gymnasien Nr. 5 und Nr. 2 in Santiago, erhielt von Kalchberg 1911 die Position der «visitadora» der Mädchengymnasien in Chile. Über diese Arbeit berichtete sie 1915 in ihrem Buch «Los Liceos de Niñas», in dem sie die dringenden administrativen und pädagogischen Anforderungen der öffentlichen Frauenbildung in Chile zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter anderem wie folgt beschreibt: «Die weibliche Ausbildung in den Lyzeen sollte durch einen Kurs vervollständigt werden, der speziell der Vermittlung der theoretischen und praktischen Kenntnisse gewidmet ist, die die Frauen benötigen, um die ihnen obliegenden Aufgaben als Hausfrauen, Familienmütter und aufgeklärte und kultivierte Bürgerinnen der Nation mit vollem Erfolg erfüllen zu können.»

In der Einleitung ihres Werkes kommentierte die Autorin, dass die chilenische Regierung sie in Jahr 1984 berufen habe, um die Reform der Normalschulen zu unterstützen, damit den Bürgern eine «moderne», das heißt wissenschaftliche, wahrheitsgemäße und folglich im höchsten Sinne des Wortes praktische Erziehung gegeben werden könne.

Bereits 1901 hatte sie «Biologie und Hygiene» veröffentlicht, das eines der ersten von Frauen geschriebenen Schulbücher in Chile darstellt. Das Werk war deutlich von der Strömung des Hygienismus beeinflusst, die Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa aufkam. Im Mai 1920 wurde die Pädagogin von der Universidad de Chile als Lehrkraft für das Fach Deutsch anerkannt und sie war als solche bis 1923 tätig.

Guillermina von Kalchberg heiratete Alois Froemel, der Mitglied des ersten Vorstandes der Deutschen Schule Santiago war. Ihr Sohn Enrique Froemel war der Gründer der Escuela de Ingenieros Industriales. Die gebürtige Wienerin starb im Februar 1941 in Santiago.

Escuela Normal de Preceptoras – erste Schule für Lehrer in Lateinamerika

Normalschulen wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts in weiten Teilen der Welt gegründet. Gelehrt wurden Methodik, Didaktik und Pädagogik, später kam die patriotische Erziehung und die des damals verbreiteten Hygienismus hinzu. Die vielleicht älteste erhaltene Normalschule in Lateinamerika ist die Escuela Normal Superior José Abelardo Núñez, gegründet 1842 in Santiago als Escuela de Preceptores de Santiago. Im Jahr 1853 wurde die Escuela Normal de Preceptoras gegründet, die zunächst von den Monjas Francesas del Sagrado Corazón de Jesús geleitet wurde: Dies war die erste Institution in Lateinamerika für die Ausbildung von Lehrern und Lehrerinnen.

Während des 19. und großen Teilen des 20. Jahrhunderts wurden in ganz Chile weitere Normalschulen gegründet. Ihre Einrichtung war eine Antwort auf den Mangel an gut ausgebildeten Lehrern, die zum republikanischen Bildungsprojekt beitragen sollten. Das Unterrichten wurde offiziell als eine der Kindererziehung ähnliche Tätigkeit eingestuft. Dies festigte die Rolle der Frau im Beruf der Lehrerin. Die Schulen konnten sich aufgrund der Niedriglöhne für Frauen ohne große Kosten selbst erhalten.

Zahlreiche der bereits bestehenden Ungleichheiten verstärkten die Verbindung zwischen Frauen und Lehre: Unter anderem waren Frauen noch von vielen anderen Tätigkeiten ausgeschlossen. Zudem war für Männer der Lehrerberuf aufgrund der niedrigen Besoldung ab einem Zeitpunkt nicht mehr attraktiv genug.

17 Normalschulen in Chile

Der Schulalltag war genau geregelt. Alle Normalschulen verfügten über ein Vollinternat für die Schüler von außerhalb. Die Schüler aus dem Umkreis gingen in ein Halbinternat und blieben den ganzen Tag in der Einrichtung. In den 1920er Jahren gab es zwei Arten von Normalschulen: Städtische und ländliche, beide mit einer Dauer von sechs Jahren.

Der Stundenplan umfasste 40 Stunden pro Woche für die angehenden Lehrer für städtische Schulen und 42 Stunden pro Woche für Lehrkräfte, die für eine Tätigkeit an ländlichen Schulen ausgebildet wurden. Bis 1953 gab es in Chile 17 Normalschulen, davon waren sieben städtische, sieben ländliche und drei private Lehrinstitute. Um qualifizierte Schulleiter auszubilden, wurde 1933 die Escuela Normal Superior gegründet.

Während der Bildungsreform unter der Regierung von Eduardo Frei Montalva, wurde an der Universidad de Chile ein spezieller Studiengang für die Ausbildung von Grundschullehrern eingerichtet. Diesem Beispiel folgten andere Universitäten. Dies führte zu einer starken Konkurrenz für die bisherigen Ausbildungsinstitute. Im März 1974 trat der von der Regierung Pinochets erlassene Decreto Ley 353 in Kraft. Dies bedeutete die endgültige Schließung der Normalschulen.

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