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Zum 300. Todestag von Jean-Antoine Watteau

Arabesken, Grotesken und Meister der «fêtes galantes»

Für Voltaire war Jean-Antoine Watteau einer der letzten «Großen» unter den Künstlern der Epoche Ludwigs XIV. Als einer der bedeutendsten Maler des Rokoko schuf er die «fêtes galantes», eine völlig neuartige Bildgattung.

Aus der Provinz nach Paris

Jean-Antoine Watteau kam am 10. Oktober 1684 als zweiter Sohn des Zimmerermeisters Jean-Phi- lippe Watteau (1660-1726) und seiner Frau Michelle Lardenois (1653-1728) in Valenciennes zur Welt. Die ehemals flandrische Stadt wurde 1678 infolge des Niederländisch-Französischen Krieges Teil Frankreichs. Mit zehn Jahren begann Antoine eine Lehre in der Werkstatt des Malermeisters Jaques-Albert Gérin. Vermutlich war der Vater einverstanden damit, da wohl sein älterer Bruder das Handwerk des Vaters übernahm.

In der Stadt befanden sich auch Werke großer Meister wie Teniers, Rubens und van Dyck, die zu Studienobjekten für die Malergesellen wurden. Gérin hat für Kirchen und Kapellen der Stadt Arbeiten ausgeführt. Es ist möglich, dass Watteau schon in dieser Zeit bereits Studien nach der Natur anfertigte, wobei Gaukler, Seiltänzer, Quacksalber, die auf den großen Plätzen auftraten aber auch Soldaten, die durch die Stadt zogen, seine Objekte bildeten. Er blieb über die üblichen drei Jahre hinweg bei seinem Lehrmeister. Erst 1702 – wohl nach dem Tod von Gérin – entschied er sich, nach Paris zu gehen.

Er arbeitete bei einem Bilderhändler, der vor allem Andachtsbilder anfertigen ließ und damit einen beträchtlichen Umsatz machte, bezahlte aber seinen Schülern niedrige Löhne. Hier lernte Watteau das schnelle Zeichnen. Die Arbeit aber erfüllte ihn nicht, so dass er sich anscheinend auch mit der Kopie von niederländischen Malern beschäftigte.

Vom Dekorationsmaler zum Mitglied der Akademie

Watteau nutzte seine freie Zeit dazu, nach der Natur zu zeichnen. So erlangte er jene Leichtigkeit des Zeichnens, die seine Malerei kennzeichnet. Jene Zeichnungen sollen damals dem berühmten Dekorationsmaler Claude Gillot in die Hände gekommen sein und er soll dann Watteau eingeladen haben, in seine Werkstatt einzutreten. Von Gillot übernahm er die Vorliebe für Darstellungen aus Bühnenstücken, blieb aber nur kurze Zeit bei ihm, da es schon bald zu Spannungen zwischen beiden kam. Die Dekorationsbilder für die Holzvertäfelung der Häuser der großbürgerlichen Familien waren nun in Mode. Allegorische Themen zu den Jahreszeiten, den Elementen, fünf Sinnen sowie mythologischen Gestalten wurden mit Verzierungen aus naturalistischem Pflanzenwerk versehen.

Das Aufgreifen von Arabesken und der Groteskmalerei der italienischen Renaissance brachte nun den neuen Stil hervor, der sich zum Rokoko entwickelte . Watteau lernte bei Gillot diese Kompositionen und auch die «Comédie française» und die «Commedia dell’arte» kennen. Themen daraus griff er öfters auf und vor allem malte er die Kostüme der Figuren.

Er wechselte dann um 1708 zum Dekorationsmaler Claude Audran, dem Aufseher der Galérie du Luxembourg. Audran war einer der führenden Hofmaler und Dekorateure des Königs. Watteau wurde nun mit zahlreichen Wanddekorationen, den «Panneaux» beauftragt. Sein Aufenthalt in der Galérie du Luxemburg ermöglichte ihm zudem intensive Studien der Gemälde von Rubens und Tizians. Die Farbgebung deren Werke wurde prägend für die späteren Gemälde Watteaus. Aber auch der Liebesgarten der Galerie diente ihm zum Vorbild für seine «galanten Feste».

Um 1708 wurde Watteau Schüler der Königlichen Akademie für Malerei und Skulptur. Mittlerweile hatte er Bekanntheit erlangt und so bewarb er sich für ein Stipendium in Rom, um die italienische Malerei zu studieren. Beim Wettbewerb, der dann 1709 stattfand, erlangte er jedoch nur den zweiten Platz. Enttäuscht begab er sich in seine Heimatstadt.

1711 kehrte er dann zurück nach Paris, wo ihn der Maler Charles de La Fosse anregte, sich um eine Mitgliedschaft in der Akademie zu bewerben, die ihm dann auch die künstlerische Freiheit – ohne den Zunftzwang – sichern würde. 1712 wurde er als Bewerber zugelassen, musste aber zur Aufnahme ein Aufnahmebild anfertigen. Statt eine Vorgabe zu benennen, überließ man es ihm selbst, das Motiv zu wählen. Immer wieder verzögerte sich dann aber die Fertigstellung, bis er 1717 innerhalb weniger Tage sein Meisterwerk «Die Einschiffung nach Kythera» malte.

Maler der «galanten Feste»

Sein Werk beeindruckte die Akademiemitglieder. Sein Bild stellte etwas Neuartiges dar. Als eine «fête galante» bezeichnete es eines der Akademiemitglieder, womit eine neuartige Bildgattung entstanden war. Watteau malte dieses Bild nochmals in einer anderen Version, die zunächst im Besitz seines Freundes und Kunstsammlers Jean de Julienne war, dann von Friedrich dem Großen erworben wurde und sich heute im Schloss Charlottenburg befindet. Es geht dabei um Liebe und die Sehnsucht nach dem vollendeten Glück. Eine Sehnsucht, die wohl auch der lungenkranke Watteau selbst hatte. Viele seine Bilder zeigen nun Damen und Herren in Fantasiekostümen des Theaters oder auch zeitgemäßer Kleidung, wobei er mit dem Lichtspiel den Glanz der Gewänder betonte. Die Natur, die Musik, der Tanz und die kokettierenden Damen sowie auch Kinder bilden Teil dieser galanten Feste.

Diese Welt in Watteaus Bildern stellte einen Kontrast zur Welt Ludwigs XIV. dar. In seinem zweiten Hauptwerk, der «L’Enseigne de Gersaint» (Das Ladenschild des Kunsthändlers Gersaint, 1720/21), wird die Wende in der Kunst und der Politik verdeutlicht. Bilder werden abgenommen, eingepackt und eingemottet, so auch ein Porträt des 1715 verstorbenen Königs. Denn unter der Regentschaft des Herzogs Philippe II. von Orléans (1715-1723) konnte sich die neue Epoche des Rokoko entfalten.

Natur, Lektüre und Krankheit

Watteau fand 1716 Aufnahme im Haus des Kunstsammlers Pierre Corzat, wo er Zugang zu einer großen Sammlung von Handzeichnungen erlangte und viele Kunstkenner wie Pierre-Jean Mariette, den Grafen von Caylus und Jean de Julienne traf. Der kranke Künstler selbst zog sich aber zunehmend zurück und vermied schließlich Kontakte.

Im Herbst 1720 machte er eine Reise nach London. Als er Anfang 1721 davon zurückkehrte, ging es ihm gesundheitlich wieder schlechter. Durch Vermittlung des Abbé Haranger von St. Germain konnte Watteau eine Wohnung im Landhaus des Generalintendenten des Königs, Le Fèbvre, in Nogent-sur–Marne beziehen, wo er sich eine Linderung seiner Schmerzen erhoffte. Am 18. Juli 1721 erlag der 37-Jährige aber dann einer Tuberkulose.

Watteaus Motive wurden in Stichen kopiert und finden sich auf Tapisserien, Wanddekorationen, Fächern, Kaminschirmen und Porzellan wieder. Auch die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin griff die «Watteau-Mode» auf und der König verschickte Porzellan mit Watteau-Motiven als modische Luxusgüter an Europas Fürstenhäuser.

Seine Schüler Nicolas Lacret und Jean-Baptiste Pater und vor allem sein Nachahmer François Boucher, hatten seine Kunst in Misskredit gebracht. Wenn Watteau Authentizität, Eleganz und Sittlichkeit betonte und das «Galante» zum Ausdruck brachte, nahm es bei seinen Nachfolgern Züge von Frivolität und Schlüpfrigkeit an. Sie betonten die Sittenlosigkeit der Zeit des Marquis von Pompadour. Die Zerstörungswut der revolutionären Maler der Französischen Revolution und der Zeit der Restauration wandte sich gegen diese Kunst und so wurde Watteau erst wieder in der Romantik populär. Heute sind seine Werke in Paris, London, Madrid, Berlin und St. Petersburg zu bewundern.

Lesenswert ist immer noch die Biografie von Adolf Rosenberg: Antoine Watteau, Bielefeld, Leipzig: Velhagen & Klasing 1896 (online zugänglich)

Ausstellung «Antoine Watteau. Kunst-Markt-Gewerbe» im Schloss Charlottenburg vom 9. Oktober 2021 bis 9. Januar 2022

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