Chile als Sehnsuchtsort
Auswanderer spielen nicht ohne Grund eine große Rolle in Daniel Breuers Romanen. Der Autor lebt zwar seit 2014 dauerhaft in Berlin. Doch seine deutsch-chilenischen Vorfahren, seine Kindheitsjahre in Santiago und Reisen durch Lateinamerika haben seine Werke und ihn geprägt.
«Chile war für meine Familie immer ein Sehnsuchtsort», erzählt Daniel Breuer. Mitte des 19. Jahrhunderts kamen die ersten Vorfahren von Deutschland nach Chile und immer noch leben dort viele Cousins, Onkel und Tanten. Einer seiner Urgroßväter war Federico Koke, der die «Molino Koke» in Rancagua gründete. Sein Vater stammt aus Puerto Montt, seine Mutter ist in Deutschland geboren, beide besuchten die Deutsche Schule Santiago.
Da sein Vater bei der damaligen Chemiefirma Degussa im Außendienst arbeitete, kam es, dass er und seine Schwester in Teheran im Iran geboren worden sind. Aufgewachsen ist Daniel Breuer in Santiago, wo er wie seine Eltern die Deutsche Schule besuchte. Als er sieben Jahre alt war, zog die Familie in die Türkei und lebte danach sechs Jahre in Brüssel. «Die deutsche Sprache ist die große Kontinuität in meinem Leben», stellt der 44-Jährige fest. Spanisch war zunächst seine Muttersprache, aber später sprachen die Eltern Deutsch mit den Kindern und er besuchte immer deutsche Schulen. «Dort habe ich mich irgendwann mit 15, 16 Jahren in die Literatur verliebt», erinnert sich der Schriftsteller. «Doch erst als ich mit 19 Jahren zum Studium nach Heidelberg ging, begann ich nach und nach in Deutschland sesshaft zu werden». Immer feierte die Familie aber Feste mit Empanadas und Pisco Sour und schließlich sei sein Vater als Rentner nach Chile zurückgekehrt.
Daniel Breuer ist nicht nur in seiner Kindheit oft umgezogen, sondern immer auch viel durch die Welt gereist – durch Asien, aber vor allem auch durch Lateinamerika. Bei einer dieser Reisen durch Guatemala lernte er seine Frau kennen, auch eine Berlinerin. Die Ärztin teilt seine Liebe zur lateinamerikanischen Kultur und beide unternahmen einen Versuch, nach Chile überzusiedeln. Schließlich scheiterte es an der fehlenden Anerkennung ihres Berufs. Inzwischen hat das Ehepaar zwei Kinder und ist in Berlin verwurzelt.
«Die Interkulturalität ist für mich ein unerschöpfliches Thema », meint der Autor. Die Auswanderergeschichten in seinen zwei bisher veröffentlichten Werken griffen persönliche Erlebnisse und Erfahrungen auf, seien aber rein fiktiv und nicht autobiografisch. Um die Atmosphäre der Orte einzufangen, an denen sein neuester Roman spielt, sei er sogar nach Valparaíso gereist.
Schreibt Breuer auch in deutscher Sprache, so inspirierten ihn doch besonders Autoren wie die Chilenen Roberto Bolaño und der Antipoet Nicano Parra, auch Isabel Allende mit dem «Geisterhaus» und «Eva Luna» und besonders der oftmals «düstere» Juan Carlos Onetti aus Uruguay. Das «Überquellende ob an Magie, Liebe oder Trauer wie in García Márquez Büchern, die Übertreibung» gefallen ihm an der lateinamerikanischen Literatur.
Sein eigener Schreibprozess verlaufe impulsiv. «Literatur muss auch Falltüren haben», findet Daniel Breuer. Manchmal überrasche es ihn selbst, wie sich die Handlung entwickele. Dem Leser empfiehlt er: «Sich einfach dem freien Fall und dem Fluss der Sprache hingeben.»