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Zum 200. Todestag von Martín Miguel de Güemes

Argentiniens «Gaucho-Held»

 Porträt von Martín Miguel de Güemes (1785-1821)

Heute wird er als Nationalheld Argentiniens gefeiert, aber seine Zeitgenossen sahen das anders. Sein Todestag am 17. Juni wird erst seit dem Jahr 2016 im ganzen Land als Feiertag gefeiert. Güemes Bedeutung in den Unabhängigkeitskriegen Südamerikas ist zweifelsohne unterbewertet worden und muss heute als entscheidend für die Entwicklungen in den Vizekönigreichen von Río de la Plata und von Peru betrachtet werden.

Vom Kadetten zum Offizier

Martín Miguel de Güemes kam am 8. Februar 1785 in Salta, im Vizekönigreich vom Río de la Plata, zur Welt. Sein Vater Gabriel de Güemes Montero stammte aus Abionza in Kantabrien in Italien und war als Schatzmeister für die «Real Hacienda» tätig; seine Mutter María Magdalena de Goyechea y la Corte hatte spanische und portugiesische Vorfahren und stammte vom Gründer der Stadt Jujuy (im Nordosten des heutigen Argentiniens), Francisco de Argañaraz y Murguía, ab. Die Familie gehörte zur Elite der Stadt Salta. Martín hatte sieben Geschwister. Sein älterer Bruder Juan wurde Mitglied des Stadtrats von Salta und seine Schwester María Magdalena später zu seiner großen Unterstützerin während der Unabhängigkeitskriege. 

Martín erhielt eine gute Bildung durch Privatlehrer in Philosophie und Naturwissenschaften, arbeitete aber zugleich in der Viehzucht der Familie. Bereits mit 14 Jahren wurde er Kadett im «Regimiento Fijo de Infantería» innerhalb des Bataillons von Salta.

1805 wurde Martín mit dem Bataillon nach Buenos Aires geschickt, da man einen Angriff der Engländer am Río de la Plata befürchtete. England befand sich seit 1804 im Krieg mit Spanien und strebte danach, das Vizekönigreich zu annektieren. Während des ersten Angriffs der Engländer im Jahre 1806, der zur Besetzung von Buenos Aires führte, war Martín an der Rückeroberung der Stadt beteiligt. Dabei gelang es ihm, das britische Schiffe «Justine», das im Fluss auf Grund lief, durch einen Kavallerievorstoß zu erobern – seine erste Heldentat. 

Der Anführer einer Gaucho-Miliz

Die napoleonische Besetzung Spaniens führte zur provisorischen Regierung der «Junta Suprema Corte» (seit 1808). Als diese dann im Mai 1810 gestürzt wurde, löste das im spanischen Kolonialreich eine Protestwelle aus und führte zur Bildung von eigenständigen Räten (Juntas). Auch in Buenos Aires wurde infolge der sogenannten «Mairevolution» die «Primer Junta» gebildet. Nun wurde sogleich eine erste militärische Hilfsexpedition nach Alto Perú entsandt, um einer Gegenreaktion der königstreuen Truppen (realistas) entgegenzutreten. Dies war der Beginn der Unabhängigkeitskriege. 

Martín Miguel de Güemes sollte mit der Landbevölkerung eine Miliz aufstellen. Es gelang ihm, Viehhüter (Gauchos), vorwiegend Mestizen und ärmere Landarbeiter, zu mobilisieren. Seine Gaucho-Miliz wurde in den folgenden Jahren von entscheidender Bedeutung für die Sicherung der Nordgrenze des Vizekönigreiches Río de la Plata. Sie sollte königstreue Truppen und deren Verbündete davon abhalten, in die Provinz von Salta und Jujuy einzudringen,  sich mit Vieh, Maultieren und Lebensmitteln zu versorgen und dadurch die Kontrolle zu erlangen. Beim einzigen Sieg der Patrioten gegen die Königstreuen aus Alto Perú in der Schlacht von Suipacha am 

7. November 1810 war der Einsatz von Hauptmann Güemes und seiner Gaucho-Miliz entscheidend. Güemes kontrollierte nun die Quebrada de Humahuaca (in der heutigen Provinz von Jujuy), musste aber 1811 die Niederlagen patriotischer Truppen erleben. 

Wohl auch aufgrund der Anspannungen zwischen spanientreuen Gutsbesitzern und der Landbevölkerung sowie der Raubzüge der «realistas» gelang es Güemes eine ihm treu ergebene Gaucho-Miliz zu bilden, mit der er nun eine Art Guerillakrieg gegen die spanischen Truppen führte. Dabei schnitt er ihre Versorgungswege und deren Zugang zu Lebensmitteln ab, indem er die Viehbestände und Getreide von den Höfen mitnahm, bevor die Truppen sich daran bedienen konnten. Damit wurde der Vormarsch der «realistas», verlangsamt und die Truppen der Patrioten unter General Juan Martín de Pueyrredón konnten schneller vorrücken.    

In den folgenden Jahren drangen immer wieder spanische Truppen vor. Den Patrioten mangelte es stets an Soldaten und den Land- und Bürgermilizen an geeigneten Waffen. Die Niederlage des Generals Belgrano in der Schlacht von Ayohuma (14. November 1813) führte schließlich im Januar 1814 dazu, dass die Leitung des Nordheeres nun Oberst José San Martín anvertraut wurde. Güemes wurde zum Oberstleutnant ernannt und José de San Martín unterstellte Güemes die Vorhut des Heeres.

In Salta zeigte er sich jetzt als Beschützer der Armen und als Vertreter der Unabhängigkeitspartei. San Martín erteilte seinem Offizier Güemes weitere Verantwortung im Grenzgebiet, womit der eigentliche Gaucho-Krieg gegen die Königstreuen begann. Güemes war nicht der einzige Anführer solcher Landmilizen, aber seine täglichen guerillaartigen Angriffe zermürbten seine Gegner. Obwohl undiszipliniert und schlecht ausgestattet verzeichnete seine Miliz, die von der Bevölkerung unterstützt wurde, erhebliche Erfolge gegen die feindlichen Truppen. Am Ende hielten sie den Vormarsch der spanischen Truppen auf und ermöglichten so das Vordringen der Patrioten. Allerdings fand sein Vorgehen nicht immer die Zustimmung und Anerkennung der Generäle der regulären patriotischen Truppen. Sein eigenwilliges Kommando über seine Miliz und die Aneignung von Heereswaffen, die er für seine Miliz beschlagnahmte, brachten ihm den Vorwurf eines Verräters ein. 

Gouverneur von Salta

Inmitten der politischen Krise in Buenos Aires, die sich auch auf die Provinzen auswirkte, bat ihn seine Heimatstadt, die Regierung von Salta zu übernehmen. Der Rat, dem auch sein Bruder angehörte, stimmte dem zu, ohne aber zuvor das Direktorium in Buenos Aires zu konsultieren. Da der Rat von San Salvador de Jujuy ihn nicht als Gouverneur der Provinz anerkennen wollte, übte er Druck aus, indem er mit seiner Truppe gegen ihn vorrückte. Damit erreichte er schließlich, als Gouverneur anerkannt zu werden. 

Güemes gelang es, die Grenze zu sichern, und so konnte am 9. Juli 1816 die Unabhängigkeit Argentiniens in der Stadt San Miguel de Tucumán erklärt werden. Güemes ist es auch zu verdanken, dass sechs weitere Invasionen von «realistas» durch seine Gaucho-Miliz abgewehrt werden konnten.   

Die Krankheit des «Kaziken»

Güemes beteiligte sich nicht selbst am militärischen Guerillakrieg seiner Gauchos, sondern unterstützte sie als Stratege und durch deren Finanzierung. Seine Kritiker im 19. Jahrhundert sahen darin einen Ausdruck von Feigheit. Erst im 20. Jahrhundert fand man eine Erklärung für dieses Verhalten: Güemes litt an Hämophilie (Bluterkrankheit), was bedeutete, dass schon eine kleine Verletzung zu seinem Tod hätte führen können. Und genau daran sollte er am 17. Juni 1821 sterben: Nachdem eine Truppe von Königstreuen unter dem Oberst José María Valdés die Stadt Salta bedrohte und Güemes an der Verteidigung teilnahm, wurde er von einer Kugel verletzt und starb. Damit war er übrigens der einzige General der Patrioten, der im Kampf fiel. Valdés wollte mit ihm über ein Ende des Widerstandes verhandeln, aber Güemes lehnte es ab und verblutete. Seine Gauchos führten den Kampf dann auch nach seinem Tod weiter.

Der Tod von Güemes (von Antonio Alice, 1910).

Seine Gegner feierten den «Tod des Kaziken», wie sie ihn abfällig nannten. Für sie war er ein Verräter, ein undisziplinierter «Caudillo». Erst im 20. Jahrhundert erkannte man seine wahre Bedeutung in den Unabhängigkeitskriegen. Durch seine Grenzsicherung im Norden des heutigen Argentiniens verhinderte er den Vorstoß der «realistas» und ermöglichte dadurch das Vorrücken der Truppen des Generals José de San Martín, der dann als Befreier Chiles und Perus Geschichte schrieb. Heute wird Güemes als Nationalheld durch den im Jahr 2014 in Salta und dann 2016 in ganz Argentinien am 17. Juni eingeführten Feiertag, seinem Todestag vor 200 Jahren, gewürdigt.

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