Eine deutsch-chilenische Zusammenarbeit
Von Walter Krumbach
Eine Oscar-Nominierung für einen außergewöhnlichen Doku-Spielfilm: Mit diesem Format hat sich die Regisseurin Maite Alberdi in Chile bereits einen Namen gemacht. Nun hat die internationale Koproduktion des Südwestdeutschen Rundfunks zur Folge, dass die Arbeit der 37-Jährigen nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit bekannt wird.
Eine Frau hegt den Verdacht, dass ihre Mutter im Altersheim bestohlen und misshandelt wird. Sie wendet sich an den Privatdetektiv Rómulo Aitken, der die Wahrheit herausfinden soll. Was als Dokumentarfilm beginnt, überschneidet sich bald mit dem Spielfilmgenre: Als der Ermittler den 83-Jährigen Sergio Chamy anheuert, der als vermeintlicher neuer Insasse des Heims mit versteckten Minikameras am Tatort Beweise einfangen und seinem Auftraggeber nach jedem Vorfall telefonisch berichten soll.
Die Regisseurin Maite Alberdi fängt mit Sensibilität und Mitgefühl das monotone Alltagsleben im Heim ein, beobachtet aufmerksam die verschiedenen Bewohner, wie sie auf die Ankunft Sergios reagieren und wie etliche der alten Damen sich von dem gepflegten Äußeren und den ritterlichen Umgangsformen des Neuankömmlings beeindrucken lassen. Eine von ihnen bittet ihn, sie von nun an regelmäßig zu ihrer Rentenzahlstelle zu begleiten. Einer Pflegerin gesteht sie, dass sie sich in Sergio verliebt habe. Dieser sagt zunächst zu, ändert aber bald seine Meinung und eröffnet ihr, er könne nicht mit ihr ausgehen, da er vor vier Monaten verwitwet sei und derzeitig eine tiefe Trauerperiode durchlebe.
Sergio schnüffelt überall herum und dringt sogar in ein Zimmer ein, wo unheilbar Kranke liegen. Täglich liefert er seinen telefonischen Bericht an Rómulo Aitken ab, der ihn oft lobt, aber wiederholt auch wegen seines Draufgängertums tadelt. «Sei vorsichtig!», ermahnt er ihn.
Maite Alberdi filmte mit Genehmigung der Heimleitung und somit nicht mit versteckter Kamera (außer bei den Dialogen Aitken-Chamy, versteht sich). Damit glückte ihr eine entspannte Schilderung, in der das Verhalten der alten Leute mit all ihren Angewohnheiten und Macken voll in Erscheinung tritt. So entstanden bewegende Bilder von Greisen, die in tiefer Einsamkeit leben, von hoffnungslos Alzheimer-Erkrankten, aber auch von Menschen, die nicht aufgeben und mit Gesang, Rezitation und Tanz ihrem Schicksal trotzen.
Was aufgrund der Eintönigkeit des Schauplatzes ein hoffnungslos langweiliger Film hätte werden können, verwandelt sich in Alberdis Händen und dank Sergios unermüdlicher Agententätigkeit in eine unterhaltsame Erzählung, die, ohne ins Plakative abzukippen, auf Situationen, Gegebenheiten und Lagen unserer Alten hinweist und selbst dabei den Humor nicht zu kurz kommen lässt.
Der Film läuft noch bis zum22. Mai mit deutschen Untertiteln und deutschem Sprecher auf der Seite des Fernsehsenders ARD: https://1.ard.de/maulwurf
«El agente topo» Chile 2020
- Regie: Maite Alberdi
- Produktion: Daniela Sandoval
- Drehbuch: Maite Alberdi
- Musik: Vincent van Warmerdam
- Kamera: Pablo Valdés
- Ton: Roberto Espinoza,
- Salomé Román
- Schnitt: Carolina Siragyan
- Spieldauer: 89 Minuten