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lunes, 14. octubre 2024
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Zum 750. Jahrestag der Asien-Reise Marco Polos

Als China in den Blick der Europäer rückte

Von Peter Downes

Marco Polo in China (Abbildung aus dem Buch «Il milione», 1298–1299)

Alexander von Humboldt bezeichnete Marco Polo als den «größten Reisenden aller Zeiten». Der Sohn eines venezianischen Kaufmanns begann 1271 eine Handelsreise, die ihn an den Hof des Mongolenherrschers Khubilai Khan brachte. In seinen Diensten bereiste er China, um über die Provinzen Bericht abzustatten.

Seine Aufzeichnungen «Il Milione. Die Wunder der Welt» stellen eine einzigartige Beschreibung von Sitten, Religionen, Ernährungsweise, Märkten und Geldverkehr im mongolischen China dar. Es ist letztlich diese Reisebeschreibung Marco Polos über die Reichtümer Asiens, die den Blick der Europäer verstärkt gen Osten lenkte.    

Die Mongolenherrschaft

Der Handel zwischen Asien und Europa hat eine lange Geschichte, die mit dem Alexanderreich und dem römischen Reich erste «globale» Züge annahm. Durch den Zusammenbruch des römischen Reiches im Westen Europas ab dem 5. Jahrhundert und der Expansion des Islams im 7. Jahrhundert reduzierten sich die Handelsbeziehungen zeitweise. 

Seit dem 11. Jahrhundert verschärfte sich der kulturell-religiöse Konflikt des christlichen Europas mit dem arabisch-islamischen Orient und eskalierte in den Kreuzzügen. Der Kontakt zwischen Okzident und Orient im Heiligen Land belebte aber zugleich auch wieder den Handel. Vor allem Venedig, Genua und Pisa entwickelten sich zu Knotenpunkten des Handels im Mittelmeerraum. Mit der Eroberung Konstantinopels im «Vierten Kreuzzug»1204, erlangte Venedig eine monopolartige Handelsposition und den Zugang zum Schwarzen Meer. Damit wurde eine Orientierung zu den Handelswegen nach Osten geöffnet.   

Eine regelrechte Neubelebung des Ost-West-Handels bewirkte aber dann die Expansion der Mongolen im 13. Jahrhundert. Dschingis-Khan leitete die mongolische Ära ein. So wurde Persien, Nordchina und die Region Kaukasus erobert. 

Die Fernhandelsreisenden

Nun konnten christliche Händler direkt in Handelsbeziehungen mit dem Orient eintreten und konnten die arabisch-islamischen Zwischenhändler vermeiden und auch den Zugang zu den Seidenstraßen – wie der deutsche Geograf Ferdinand von Richthofen 1877 jene alten Handelswege zwischen Ostasien und dem Mittelmeerraum bezeichnete – erlangen. Seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhundert finden sich italienische Fernhändler in Konstantinopel und am Ende des Jahrhunderts erfahren wir auch von Venezianern in Peking. Die Polos waren nicht die ersten Fernreisenden. Sie wurden nur bekannt, weil Marco einen einzigartigen Bericht hinterließ und damit seine Familie und sich als den «berühmtesten mittelalterlichen Fernreisenden» verewigte.

Ein Onkel von Marco Polo – Marco Polo der Ältere – unterhielt ein Warenhaus in Konstantinopel und sein Vater Niccolò und Onkel Maffeo hatten sich 1260 auf eine Handelsreise begeben, um Schmuck und Edelsteine gewinnbringend zu verkaufen beziehungsweise umzutauschen. Die Reise dauerte dann insgesamt neun Jahre. Als sie dann 1269 wieder in Venedig eintrafen, erfuhr Niccolò, dass seine Frau mittlerweile verstorben war und er sich nun um seinen 15-jährigen Sohn Marco kümmern musste. 

Bereits zwei Jahre später machten sich die Polos dann auf eine erneute Handelsfahrt, dieses Mal mit dem inzwischen 17-jährigen Marco. Diese Reise dauerte insgesamt
25 Jahre. Als Berichterstatter und offizieller Gesandter des Großkhans zeichnet sich Marco Polo in seinem Werk. In dieser Funktion besuchte er zahlreiche Städte in China, um seinem mongolischen Herrn über die Situation und den Handel in den eroberten Provinzen zu berichten.     

Auch wenn das Werk Marco Polo als Autoren nennt, so ist der tatsächliche Schreiber Rustichello da Pisa gewesen. Rustichello war ein erfolgreicher Ritterromanautor und wirkte maßgeblich mit an der Abfassung des Werkes.

Das Originalmanuskript ist verschollen, als älteste Ausgabe gilt die franco-italienische Fassung unter dem Titel «Le divisament dou monde» aus dem 14. Jahrhundert. Das Werk ist keine persönliche Reisebeschreibung Marco Polos, sondern ein Erinnerungsbericht über Orte, Sitten und den Handel, der gezielt ausgerichtet war auf «Kaiser, Könige und Fürsten, Ritter und Bürger – und ihr alle, die ihr die verschiedenen Rassen und die Mannigfaltigkeit der Welt kennenlernen wolltet». 

Seit dem 19. Jahrhundert kam immer wieder Kritik am Werk auf: Ungenauigkeiten im Bericht, das Fehlen von Quellen, die Marco Polos Anwesenheit in China belegen. 

Hat man aber die Intension des Werkes vor Augen und nimmt man eine begrenzte Abfassungszeit von einigen Monaten an  – dazu allein auf die Erinnerungen basierend, dann sind Auslassungen nachzuvollziehen. 

Die Wunder Asiens

Es ist daher mehr eine Art Kulturspiegel und Führer für Fernhändler, wobei die Informationen sehr selektiv sind und keinem modernen «Reiseführer» entsprechen.   

Marco Polo zeigt das Bild von überwältigender Prosperität in den Städten, die Europa in den Schatten stellte. Über «Canbaluc» (Khanbalik/Peking), der Stadt des Großkhans berichtet Marco Polo folgendes: «Nirgends auf der Welt werden dermaßen viele seltene, erlesene Waren gehandelt wie in Canbaluc. Alles findet Absatz; denn hier residiert der oberste Herrscher, hier wohnen die reichen Frauen, die Fürsten und viele andere Menschen; hier halten sich Gäste auf; hierher reisen Unzählige, wenn der Kaiser Hof hält.»

Mit besonderem Interesse widmet er sich dem Papiergeld. Hier erkannte Marco Polo einen großen Vorteil als Zahlungsmittels. «Mit diesem Geld (…) wird alles bezahlt; im ganzen kaiserlichen Machtbereich ist es das einzige Zahlungsmittel».

Der Vorteil lag darin, dass diese Scheine überall galten, «die Leute erstehen damit ihre Waren, Perlen und Edelsteine und Gold und Silber. Alles und jeden können sie kaufen, die Scheine haben ihren Wert». Auch über soziale Maßnahmen des Großkhans weiß er Positives zu berichten: «Wenn ihm berichtet wird, die Leute hätten eine schlechte Ernte gehabt und es fehlte ihnen an Korn, dann erlässt er ihnen nicht nur die Steuer für das laufende Jahr, sondern er liefert ihnen von seinem Getreide, damit sie zu säen und essen haben. In solcher Weise zeigt der oberste Herrscher seine große Güte». 

Das Bild der Reichtümer Asiens fand großen Anklang in der Leserschaft und weckte das Interesse, einen direkten Zugang zu diesem «Wunderland» und seinen Märkten zu erlangen. Nicht nur die Portugiesen suchten dann im 15. Jahrhundert nach einem direkten Seeweg nach Indien, sondern auch die spanische Krone zeigte schließlich ihr Interesse nach China und Japan (dem Catai und Zipangu im Werk Marco Polos) zu gelangen. So suchte Christoph Kolumbus 1492 nichts anderes als den westlichen Seeweg nach Indien, sprich Asien. Er führte auf seiner Reise das Buch Polos mit sich. Der Traum von guten Geschäften und vom Wohlstand förderte über Jahrhunderte die europäische Expansion. Das Werk Marco Polos hatte ein Begehren zu den Reichtümern Asiens geweckt. 

China und die Welt

Hatten im 13. Jahrhundert venezianische und genuesische Fernhändler wirtschaftliche Kontakte nach Asien erschlossen und damit sich einen direkten Zugang zu den Gewürzmärkten Indiens und Ostasiens verschafft, so wird das 21. Jahrhundert von China wirtschaftlich bestimmt. Europa und Amerika hatten sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf die asiatischen Produktionsstätten konzentriert und damit China zu einem unentbehrlichen Handelspartner befördert. Man setzte dabei auch auf eine zunehmende Marktöffnung Chinas, lernte aber zunehmend, dass die Handelsbilanz zugunsten Chinas ausfiel und deren Dominanz in Asien und auf den internationalen Märkten anwuchs. Der Sprung zur neuen Weltmacht ist nur noch eine Frage von wenigen Jahren.      

Das Projekt der «neuen Seidenstraße», die alle Kontinente mit China vernetzen und damit deren wirtschaftliche Dominanz absichern soll, ist in vollem Gange. Rückte der Venezianer Marco Polo mit seinem Werk China in den Blick Europas, so stellt nun der chinesische Präsident Xi Jinping China in den Mittelpunkt der Weltpolitik. So ist nun die gesamte Welt in den Blick des «Reichs der Mitte» gerückt worden.          

Leseempfehlungen:

Peter Frankopan, The Silk Roads. A new history oft he world. London-New York: Bloomsbury 2016.

Marina Münkler, Marco Polo. Leben und Legende. München: Beck 1998.

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