Blu-Ray-Report
Walter Krumbach
In den Interviews, die Alfred Hitchcock seinem Kollegen François Truffaut gab, beurteilte er «Im Schatten des Zweifels» als Lieblingswerk unter den Filmen, die unter seiner Regie entstanden. Seine Begründung dazu: «Weil es eine dieser raren Gelegenheiten war, wo man die Charakterstudie mit Spannung verbinden konnte. Normalerweise ist in einer spannungsreichen Geschichte keine Zeit für Charakterentwicklung.» Diese Verbindung gelingt ihm mithilfe des von Thornton Wilder geschriebenen Drehbuchs, das kunstfertig und gewandt die Figuren psychologisch ergründet und gleichzeitig die für einen Krimi nötige Spannung aufkommen lässt.
Die Erzählung beginnt völlig harmlos, als handele es sich um eine Familienidylle, die sich in einem Provinznest abspielt. Charlie Oakley besucht seine Schwester Emma Newton, die mit ihrer Familie in der Kleinstadt Santa Rosa (Kalifornien) lebt. Er weckt das Interesse seiner Nichte Charlotte, die bald mit ihrer Beobachtungsgabe festzustellen glaubt, dass mit dem selbstbewussten Lebemann, der mit einer hohen Summe Bargeld herumprotzt, etwas nicht stimmt. Als zwei als Reporter getarnte Detektive den Newtons einen Besuch abstatten, um vermeintlich einen Artikel über die Sitten und Gebräuche einer typisch amerikanischen Familie zu schreiben, dabei Charlie fotografieren und dieser daraufhin wutentbrannt den Film verlangt, glaubt Charlotte ihren Verdacht bestätigt zu sehen. Zumal der nette Onkel Zeitungen ausschneidet und dabei Texte verschwinden lässt, die von einem Serienmörder handeln, der reiche Witwen verführt, beraubt und umbringt. Charlotte wird nun von Zweifeln geplagt, ob sie Charlie anzeigen soll, weil dies womöglich sein Todesurteil bedeuten könnte. Natürlich bemerkt Charlie allzu bald, dass seine Nichte Lunte gerochen hat und heckt einen Plan aus, um sie aus dem Weg zu schaffen.
Hitchcock hatte für die Produktion einen hervorragenden Mitarbeiterstab zur Verfügung; angefangen bei dem bereits erwähnten Drehbuchautor Thornton Wilder, Hitchcocks Ehefrau Alma Reville, die ebenfalls am Text feilte, sowie den ausgezeichneten Schauspielern, die aus ihren Rollen wahre Charakterstudien ausarbeiteten, sieht man einmal von den laienhaften, zuweilen nervenden Kinderdarstellern ab.
Bei der Blu-Ray-Fassung fällt zunächst die für die damalige Zeit außergewöhnliche Tonqualität auf. Der Klang ist durchgehend plastisch und natürlich, die hohen Frequenzen kommen glasklar herüber, kein S-Laut geht verloren. Allerdings sind bei bestimmten Musikeinlagen die tutti leicht übersteuert.
Das Schwarzweißbild entspricht gutem Schärfe- und Korn-Standard.
Unter dem Bonusmaterial ist die Dokumentation «The Making Of Hitchcocks Favourite Film» zu empfehlen. Sie enthält nicht nur eine Menge Information über die Dreharbeiten, sondern auch einige schmackhafte Anekdoten, die von den Darstellern Teresa Wright und Hume Cronyn, wie auch von Hitchcocks Tochter Patricia genüsslich ausgeplaudert werden.
Für eingefleischte Filmfanatiker sind außerdem Storyboards (Zeichnungen der Szenenfolgen) und zahlreiche Fotos, größtenteils der Hauptdarsteller Teresa Wright und Joseph Cotten sowie der Originaltrailer beigefügt.
«Shadow of a Doubt», USA 1942. Regie: Alfred Hitchcock. Produktion: Jack H. Skirball. Drehbuch: Thornton Wilder, Sally Benson, Alma Reville. Musik: Dimitri Tiomkin, Franz Lehár. Kamera: Joseph A. Valentine. Ton: Bernard B. Brown. Schnitt: Milton Carruth. Mit Joseph Cotten, Teresa Wright, Macdonald Carey, Henry Travers, Patricia Collinge, Hume Cronyn, Wallace Ford u. a. Spieldauer: 108 Min.
Bild ***
Ton ****
Darbietung ****
Extras ***