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viernes, 19. abril 2024
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O’Higgins an der Macht – Die chilenische Unabhängigkeit

Teil 6

Von Erwin Ramdohr

José Gil de Castro,- Instituto Geográfico Militar de Chile: Die Umarmung von Maipú von José de San Martín und Bernardo O’Higgins nach dem Sieg der Schlacht von Maipú am 5. April 1818 (Pedro Subercaseaux).

Die Loge Lautaro hatte mit den Behörden am Río de la Plata in Argentinien beschlossen, dass im Falle eines Sieges Bernardo O’Higgins als Generaldirektor – Director Supremo – die Regierung anführen sollte. Er hatte sich verpflichtet, so bald wie möglich eine neue Armee aufzustellen, um im Krieg gegen die Spanier endgültig zu siegen, den Vizekönig in Lima abzusetzen und die Spanier aus Amerika zu vertreiben.

Doch O’Higgins hatte von Beginn an die Realistas gegen sich, die über den freimaurerischen Hintergrund der Loge Lautaro informiert war – die katholische Kirche inbegriffen. Die «Carrerinos» hingegen verziehen der Loge nicht, dass sie José Miguel Carrera im Freiheitskrieg ausgeschlossen hatte und ihn nun fern von der Heimat im Exil hielt. Sie missbilligten konsequent alle Regierungsakte. Die Aristokraten verachteten O’Higgins offenkundig, weil er ein uneheliches Kind war und nannten ihn abwertend den «Huacho Riquelme».

Doch die Freimaurer und die Liberalen hatten keine Zeit für diese politischen Streitigkeiten, denn im Land gab es viel für sie zu tun. Zunächst mussten sie die übrig gebliebenen spanischen Soldaten besiegen und aus dem Land vertreiben. Außerdem wimmelte es im Süden von zahlreichen gefährlichen Meuterern, die ebenfalls bekämpft werden mussten. Eine der ersten Bemühungen O’Higgins’ war es, die gefangen gehaltenen Liberalen von der Insel Juan Fernández zurückzubringen. Dies geschah schon am 31. März 1817, anderthalb Monate nach der Schlacht von Chacabuco, und die Ankunft der befreiten und zurückgekehrten Brüder wurde groß gefeiert.

Die Lage im Süden des Landes war weiterhin kritisch. Der spanische Oberst José Ordóñez war nach der Niederlage in Chacabuco mit dem Rest seines Heeres nach Concepción geflüchtet. Dort hatte er sich einquartiert und die Verteidigungsanlagen so verbessert, dass es beinahe unmöglich war ihn von dort zu verjagen. Zudem wurden er und seine Männer von See aus gut versorgt. Weder Gregorio de las Heras, noch Bernardo O’Higgins, die die chilenischen Truppen gegen Ordóñez anführten, waren in der Lage, ihn zu besiegen.

Den ganzen Winter des Jahres 1817 musste Generaldirektor O’Higgins in Concepción verweilen. Er unternahm mehrere Angriffe gegen Ordóñez, die allesamt scheiterten. Doch nicht alles sollte sich ungünstig für ihn entwickeln: Er lernte seine ferne Cousine kennen, die junge, schöne rothaarige María del Rosario Puga. Die beiden verliebten sich heftig ineinander. Sie ist die einzige Frau, die man O’Higgins offiziell zuschreibt und auch die einzige, mit der er ein Kind hatte: Den gemeinsamen Sohn Demetrio. 

Der Winter war schon hart gewesen, doch der darauffolgende Frühling und der Sommer waren zudem von Kämpfen geprägt, denn ein neues spanisches Heer erschien an den Küsten Chiles. Ihr Kommandant war Mariano Osorio, der bereits kampferfahren auf chilenischem Grund und Boden war. Der Krieg würde unvermeidlich und unerbittlich von neuem beginnen.

Ein neuer Feldzug gegen die Spanier 

Osorio ging in Arauco an Land und stieß kaum auf Widerstand. Er organisierte sein Heer und marschierte erneut nach Norden Richtung Santiago. O’Higgins versuchte alles, um den Marsch von Osorio und seinen Truppen zu behindern. Er ließ die Stadt Concepción evakuieren und wanderte mit der kompletten Bevölkerung – samt Groß- und Kleinvieh – ebenfalls nach Norden. Auf dem Weg wurden Mais- und Weizenfelder in Brand gesetzt, um die Nahrungsversorgung der Spanier zu erschweren. 

O’Higgins und San Martín versammelten ihre Heere in der Nähe von Talca und ließen die Bevölkerung nach Santiago weitermarschieren. Beide wussten, dass es bald zu einer Konfrontation kommen würde. Daher beschlossen sie, dass die Unabhängigkeitserklärung so schnell wie möglich erfolgen musste. Denn das bedeutete Krieg zwischen zwei verschiedenen Nationen und konnte nicht mehr nur als eine einfache Revolte einer spanischen Provinz abgetan werden. Dieser Beschluss wurde der Bürgerschaft am 12. Februar 1818 feierlich bekanntgegeben.

Am 20. März jedoch – aufgrund mangelnder Koordinierung zwischen den Kommandanten – wurde das chilenische Heer von den «Realistas» bei Cancha Rayada in der Nacht überrascht. Das hatte die Flucht vieler Soldaten zur Folge, welche in Santiago Alarm schlugen. Die Bürgerschaft geriet in Panik. Nicht wenige wollten sofort wieder nach Mendoza fliehen. Viele Stunden war das Schicksal von O’Higgins und San Martín ungewiss: Gerüchte gingen um, dass der erste umgebracht worden und der zweite nach Mendoza geflüchtet sei.

Zu diesem Zeitpunkt war Luis de la Cruz der stellvertretende Regierungschef. Er und die restlichen Brüder der Loge Lautaro versammelten sich schnellstens, um die Verteidigung der Hauptstadt zu organisieren. Es wurden verschiedene Maßnahmen getroffen. Die «Carrerinos» nutzten die Situation aus, um erneut gegen die Regierung zu rebellieren. Während eines Bürgerrats ließ sich Manuel Rodríguez, der engagierteste «Carrerino», verschiedener Rechte bemächtigen und formte noch am selben Tag mit seinen Anhängern eine Miliz, die sich «Húsares de la Muerte» nannte.

Endlich kamen Nachrichten aus dem Süden an. O’Higgins war nicht tot, sondern nur am Arm verwundet. Gemeinsam mit San Martín strukturierte er das Heer neu, um den Spaniern ein weiteres Mal entgegentreten zu können. Der Logenbruder Miguel Zañartu machte sich sofort auf den Weg, um O’Higgins in seiner Kalesche nach Santiago zu bringen, um die Bevölkerung zu beruhigen. So standen San Martín und O‘Higgins am 24. März schließlich in der Stadtmitte Santiagos und ließen sich von den Bürgern bejubeln.

Es wurde beschlossen den Spaniern vor der Stadt in der Nähe des Río Maipo entgegenzutreten. Das Heer wartete in Ochagavía. Die Spanier kamen immer näher und Osorio glaubte fest an seinen Sieg. Doch die Kräfte waren ziemlich ausgeglichen – um die 4.500 Mann auf jeder Seite. Und die «Patriotas» hatten eine bessere Artillerie.

Die Schlacht von Maipú

Am 5. April 1818 kam es zur endgültigen Schlacht. Es war vielleicht nicht die letzte, aber die wichtigste in diesem Freiheitskrieg. Zu Beginn des Kampfes waren die Kräfte ausgeglichen, doch nach einiger Zeit begannen die Chilenen sich nach und nach durchzusetzen. Der Kommandant Mariano Osorio und seine engsten Offiziere flohen schließlich geschlagen vom Feld. Von diesem Moment an waren die «Realistas» verloren. Sie versuchten in alle Richtungen zu entkommen, wurden jedoch von den Soldaten des chilenischen Heeres verfolgt und getötet. Bernardo O’Higgins, der wegen seiner Verwundung am Arm nicht an der Schlacht teilgenommen hatte, betrat erst nach dem entscheidenden Kampf das Kriegsfeld, um in einer brüderlichen Umarmung seinem guten Freund San Martín zum großen Triumph über das spanische Herr zu gratulieren. 

Die spanischen Soldaten flüchteten wieder in den Süden und zogen sich auf die Insel Chiloé zurück, die noch weitere sieben Jahre in ihren Händen bleiben sollte. Im Süden wimmelte es nur so von gewaltbereiten Meuterern und es mussten erneut Truppen gesendet werden, um sie dauerhaft zu bekämpfen.

Gar nicht glücklich über den Ausgang der Schlacht waren die oppositionellen «Carrerinos». Sie hatten große Hoffnung gehabt, dass die Regierung von Bernardo O’Higgins scheitern würde, damit sie am Ende die Staatsmacht doch wieder an sich reißen konnten. Rodríguez weigerte sich so sehr die neue Lage zu akzeptieren, dass er weder seine Soldanten entließ, noch seine Waffen zurückzugeben gedachte. In seinem Wahn ging er sogar soweit, dass er mit seinem Pferd in den Regierungspalast eindrang, wo O’Higgins ihn schließlich verhaften ließ.

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