Von Nicole Erler
Der Cóndor veröffentlicht in loser Reihenfolge Porträts über Frauen in Chile mit deutschsprachigen Vorfahren, die eine Pionierrolle spielten oder besondere Leistungen erbracht haben. Carla Cordua Sommer widmet ihr Leben der Philosophie und gilt als renommierte Vertreterin des kritischen und philosophischen Denkens in Chile.
Die im Jahr 1925 im chilenischen Los Ángeles geborene Carla Cordua stammt von der Seite ihrer Mutter Blanca Sommer von deutschen Vorfahren ab. Die junge Frau studierte zunächst Philosophie am Pädagogischen Institut der Universidad de Chile, bevor sie im Jahr 1952 mit einem Stipendium an den deutschen Universitäten zu Köln und Freiburg ihre philosophischen Studien vertiefte. In Freiburg lernte sie schon nach kurzer Zeit ihren zukünftigen Mann Roberto Torretti kennen, ebenfalls Student der Philosophie. Sie heirateten 1953 und kehrten im folgenden Jahr gemeinsam nach Chile zurück.
1956 erhielt Torretti eine Stelle bei den Vereinten Nationen in New York und schon im nächsten Jahr nahm Cordua am «Interamerikanischen Kongress für Philosophie» in Washington teil. Dort lernte sie den Philosophen und Theologen Domingo Marrero kennen. Eine wegweisende Begegnung: Marrero lud die Philosophin ein, an der Universität von Puerto Rico zu unterrichten, wo sie bis 1961 arbeitete.
Zurück in Chile wurde das Ehepaar zunächst im Institut für Philosophie der Universidad de Concepción tätig. 1964 zog es die beiden nach Santiago. Sie wurden Mitbegründer des «Zentrum für Humanistische Studien» der Universidad de Chile. Doch schon im Jahr 1970 kehrte das Philosophenpaar – aufgrund von ermüdenden Universitätsreformen in Chile – zurück nach Puerto Rico, diesmal für insgesamt 28 Jahre. Während dieser Zeit, im Jahr 1976, erhielt Carla Cordua die Doktorwürde im Fach Philosophie an der spanischen Universidad Complutense de Madrid.
Nach der endgültigen Rückkehr in ihr Heimatland wurde sie Professorin an der Universidad de Chile. Sie ist Mitglied der «Academia Chilena de la Lengua» und war bis 2011 Direktorin der «Revista de Filosofía» der Fakultät für Philosophie und Geisteswissenschaften der Universidad de Chile. Ihre philosophischen Studien orientieren sich lebenslang am europäischen Denken des 19. und 20. Jahrhunderts, besonders an den Arbeiten von Kant, Hegel und Wittgenstein.
Über die Arbeit von Carla Cordua berichtet die «memoriachilena» (Zentrum für Digitale Ressourcen der Geschichte und Kultur Chiles der Nationalbibliothek von Chile): «Mit einer Dehnbarkeit, der es nicht an Tiefe und Talent mangelt, bereist Carla Cordua die Gebiete der Literatur fast genauso leicht wie die der Philosophie, wie ihre Texte zu literarischen Themen zeigen, die größtenteils in ihrem Buch «Luces oblicuas» (1997) zusammengestellt wurden.»
Die Philosophin veröffentlichte zahlreiche Aufsätze und Bücher und erhielt dafür viele Auszeichnungen, darunter 2002 den «Premio del Consejo Nacional del Libro y la Lectura», 2007 den «Premio Altazor de Ensayo» und im Jahr 2011 den «Premio Nacional de Humanidades y Ciencias Sociales». Carla Cordua lebt heute gemeinsam mit ihrem Mann in Santiago.