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martes, 10. diciembre 2024
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Freimaurer in Chile – Nur auf Einladung

Von Stefanie Hornung

Auch im Versammlungsraum der Großloge von Chile, auch Tempelraum genannt, in der Calle Marcoleta 65 im Zentrum von Santiago befinden sich viele Symbole und Zeichen. (Foto: Arne Dettmann)

Mit dem Bild, das Hollywood-Filme vermitteln, haben die Freimaurer so wie gut wie nichts gemein: Dunkel gekleidete Männer mit Kapuzen, auf einem Altar eine nackte Frau, gemurmelte Beschwörungen. Weder das Buch «Illuminati» von Dan Brown noch die Theorie, dass sie die Weltherrschaft anstreben, stimmen mit der Realität überein. Worauf es den Freimauern ankommt, das erklärt ein Mitglied einer Loge in Chile.

Eine Übereinstimmung mit den weit verbreiteten Klischees gibt es allerdings: Freimaurer folgen bestimmten Ritualen. Dabei gilt die Devise «nur auf Einladung und Erlaubnis» – auch bei der Veröffentlichung von Details in den Medien.

Mit verbundenen Augen

«Ich wurde von einem meiner Universitätsprofessoren gefragt, ob ich nicht Interesse an der Freimaurerei hätte», erzählt ein Mitglied einer Freimaurervereinigung in Macul, das seinen Namen nicht in der Zeitung veröffentlicht sehen will, aber dennoch einige Details preisgibt. «Neugierig geworden, habe ich um Aufnahme gebeten. Man führte mich und einen anderen Aspiranten in den Raum, uns wurden die Augen verbunden und verschiedene Fragen gestellt, um unsere Meinung zu den Philosophieprinzipien der Freimaurerei zu erfahren.» Er habe die Prüfung bestanden und sei als «Lehrling» aufgenommen worden.

Die Freimaurer organisieren sich in sogenannten Logen, deren Mitglieder in allen Ländern drei Graden zugeordnet werden: Lehrling, Geselle und Meister. Diese Grade können je nach Landesloge – der Dachvereinigung der nationalen Freimaurer – in verschiedene Untergrade eingeteilt sein. Der Aufstieg in einen nächsthöheren Grad erfolgt nach einer Erkenntnis- und Erfahrungszeit, deren Qualität und Dauer individuell von den anderen Mitgliedern der Loge bewertet wird. Als Symbol für den ersten Reifeschritt innerhalb des ersten Grades steht zu Beginn der Lehrlingszeit ein roher, an deren Ende ein glatt geschliffener kubischer Stein. Das Logenmitglied aus Macul dazu: «Diese Steine symbolisieren die Arbeit an uns selbst, um bessere Menschen zu werden und damit ein Haus – einen Tempel, wenn man die offizielle Bezeichnung nutzen möchte – zu bauen. Wir sind quasi die Bausteine, um vollkommener zu werden und wir helfen uns gegenseitig dabei, wie unter Brüdern, den Prinzipien der Freimaurerei noch mehr zu entsprechen.»

Grundideale aus der Aufklärung

Als fünf Grundideale der Freimaurerei gelten Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität und sie sollen durch praktische Anwendung im Alltag gelebt werden. Diese Prinzipien gelten für alle Freimaurer-Bünde weltweit und haben ihren Ursprung im Zeitalter der Aufklärung, vor und während der französischen Revolution, als sich die ersten Vereinigungen in England zu einer Großloge zusammenschlossen. Das Logenmitglied aus Macul hebt besonders die Toleranz hervor: «Für mich persönlich ist es das wichtigste Prinzip, ohne das die anderen Ideale nicht erfüllt werden können.» Im Alltag arbeite er stetig daran, diesen Idealen zu entsprechen, auch wenn diese Aufgabe nicht immer leicht sei und er sich immer wieder selbst überprüfen müsse – besonders in Zeiten der politischen Polarisierung.

Toleranz aber auch gegenüber Frauen?

Sollen wir, die Frauen,

Dankbar solche Brüder preisen,

Die, ins Innere zu schauen.

Immer uns zur Seite weisen?

Schon Johann Wolfgang von Goethe stellte diese Frage in einem Gedicht an seine Loge «Anna Amalia zu den drei Rosen» in Weimar. Denn bislang akzeptieren die meisten Freimaurer-Logen keine weiblichen Mitglieder, je nach Orientierung an den englischen, konservativen und den eher liberalen französischen Großlogen.

Frauen-Logen auch in Chile aktiv

Die rund 30 Freimaurer-Logen in Chile, die zur Gran Logia de Chile zugehören, halten es nach dem Vorbild des schottischen Ritus und nehmen keine Frauen auf. Die 1862 in Valparaíso gegründete Großloge, die nach dem großen Erdbeben 1906 nach Santiago umzog, lädt Frauen aber zu diversen Veranstaltungen ein. Daneben gibt es auch sogenannte Winkel-Logen, die gemischt-geschlechtlich orientiert sind wie die 1929 gegründete Gran Logia Mixta, oder nur weibliche Mitglieder haben. In Chile ist seit 37 Jahren die feministische Großloge (GLFCH) aktiv, zu der sich 32 Freimaurerinnen-Logen von Arica bis Patagonien zählen. Auf deren Webseite heißt es: «In einer patriarchalischen Gesellschaft wie der unseren brauchen wir unsere eigenen Räume, in denen wir gemeinsam reflektieren und uns gegenseitig schützen können, um für die gleichen Ideale einzustehen.» Als eines ihrer Prinzipien nennt auch die feministische Großloge Toleranz.

Das Museum in der Großloge wartet mit Dokumenten und besonderen Stücken zur Geschichte der Freimaurerei in Chile auf. (Foto: Arne Dettmann)

Das Logen-Mitglied aus Macul dazu: «Ich finde es gut, wenn Männer und Frauen sich entscheiden, ihre eigenen Räume zu haben. Das heißt ja nicht, dass es keine Toleranz für das andere Geschlecht gibt.» Damit steht zumindest der Mythos der reinen Männer-Bünde infrage. Frauenlogen nutzen die Freimauerei also, um ebenso wie die Männer-Logen das Freidenkertum zu leben und sich gegenseitig zu unterstützen.

Sehr viel anders als in anderen sozialen Netzwerken erscheint das Gemeinschaftserleben also nicht. Ein wenig entmystifizierend sind auch die öffentlich auf den Internetseiten der Logen einsehbaren Statuten. Dennoch bleibt es bei den geheimen Ritualen und Erkennungszeichen unter den Freimaurern und Freimaurerinnen, zu denen das Logen-Mitglied sagt: «Wir können nicht darüber sprechen, aber wir erkennen einander.» Es klingt, als solle der Mythos Freimaurerei noch ein wenig weiterleben.

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