Für ein besseres Leben von 30.000 Menschen in Santiago

Von Annekathrin Erk und Melanie Schneider
Als Karoline Mayer am 28. Mai 1990 die Fundación Cristo Vive gründete, hatte erst 17 Tage zuvor der Christdemokrat Patricio Aylwin den Platz als Präsident Chiles eingenommen. Die Entscheidung zur Gründung einer Stiftung fiel damals nicht leicht, da es Karoline zunächst wichtiger erschien, sich auf die direkte Unterstützung der Menschen in den Randgemeinden Santiagos zu konzentrieren, anstatt Zeit in die Gründung einer Stiftung zu investieren. Sie und ihre Mitstreiter hatten damals großes Vertrauen und setzten Hoffnung in die Fähigkeit der Menschen, sich selbst zu organisieren, wie es beispielsweise im Jahr 1973 geschehen war, als Mütter und Väter gemeinsam mit Karoline und ihrer Mitschwester Maruja den Kindergarten «Naciente» gründeten.
Leider zeigte sich aber schnell sehr deutlich, dass die Menschen andere Sorgen und Nöte hatten und institutionelle Strukturen notwendig waren, um eine adäquate Antwort auf die Bedürfnisse geben zu können und einen Beitrag zur Armutsbekämpfung in den poblaciones zu leisten.
Auch die Namensfindung gestaltete sich gar nicht so leicht, denn der Name «Cristo Vive» barg das Risiko vom Justizministerium abgelehnt zu werden, da er eher nach einer kirchlichen als einer zivilen Institution mit ökumenischem Charakter klingt. Die Gründer und Gründerinnen aber waren überzeugt davon, dass kein anderer Name das Bestreben so gut widerspiegelt und bereit das Risiko einzugehen. So setzte sich Karoline bei einem befreundeten Anwalt sehr beharrlich dafür ein. «Wir gründen Cristo Vive oder wir gründen gar nichts.»
Wenige Monate später kam dann die von Patricio Aylwin unterzeichnete Anerkennung der Fundación Cristo Vive, die im Mai 1990 offiziell ihren liebevollen Dienst an den Menschen aufnahm. Heute unterstützt die Stiftung mehr als 30.000 Menschen in zehn Stadtgemeinden Santiagos von 23 Dienstorten aus. Gemeinsam mit über 450 Mitarbeitenden und 80 Freiwilligen führt die Fundación Cristo Vive, neben Kinderkrippen und Kindertagesstätten, fünf Berufsbildungszentren zur Ausbildung von Erwachsenen in verschiedenen Handwerksberufen, zwei Zentren zur Therapie und Rehabilitation von Suchtkranken, eine Tagesstätte für Menschen mit Behinderung, ambulante und stationäre Hilfen für Menschen in Obdachlosigkeit sowie eine Poliklinik und ein Familiengesundheitszentrum.
Auch über Chiles Grenzen hinaus, haben sich Menschen von Karolines Vision anstecken lassen. Und so nahm die Fundación Cristo Vive Bolivien im Jahr 1999 in Cochabamba mit heute insgesamt 100 Mitarbeitenden den Dienst auf und im Jahr 2003 die Fundacíón Cristo Vive in Peru, die heute 30 Mitarbeitende in Cusco zählt.
Heute finanziert sich die Stiftung Cristo Vive Chile vorwiegend aus staatlichen Mitteln der verschiedenen chilenischen Ministerien (zu rund 80 Prozent) sowie über Spenden aus dem In- und Ausland. Insbesondere der deutsche Verein Cristo Vive Europa sowie die Freunde von der Cristo Vive Schweiz sind bisher wichtige Partner in der Unterstützung von Diensten und Aufgaben gewesen, für die bisher noch keine öffentlichen Gelder zur Verfügung stehen.
Annekathrin Erk ist die Leiterin Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising der Fundación Cristo Vive und Melanie Schneider ihre Mitarbeiterin.