Der Cóndor veröffentlicht in loser Reihenfolge Portraits über Frauen in Chile mit deutschsprachigen Vorfahren, die eine Pionierrolle spielten oder besondere Leistungen erbracht haben. Delia Domínguez Mohr ist eine der bedeutendsten chilenischen Dichterinnen und würdigt in ihren Gedichten vor allem Natur und Landschaften von Chiles Süden.
Von Nicole Erler
Mit ihrem ersten Gedicht gewann sie sofort einen Wettbewerb. Damals war Delia Domínguez noch ein Schulmädchen. Geboren wurde sie 1931 in Osorno. Ihre Mutter, Amalia Mohr, die von deutschen Einwanderern abstammte, starb an Tuberkulose, als Delia fünf Jahre alt war. Ihr Vater, Luis Domínguez, ein Anwalt und Richter, schickte das Mädchen in das Colegio de las Monjas Alemanas in Osorno. Delia galt als ein freches Kind und verbrachte das ein oder andere Mal in Arrest. Bei einer dieser Gelegenheiten las sie in einer Zeitschrift über einen nationalen Gedichtwettbewerb für Grundschüler namens «La uva» und nahm heimlich teil. Sie gewann und legte einen Grundstein für ihr Leben mit der Poesie.
Als Siebzehnjährige erwarb sie ihren «Bachelor of Arts». Danach trat sie für drei Jahre in die juristische Fakultät der Universidad de Chile ein, brach aber ihr Studium vorzeitig ab. In dieser Zeit starb ihr Verlobter in Osorno. Nach dem Tod der Mutter, war dies ein weiterer Schicksalsschlag für die Zwanzigjährige. Im Jahr 1955 veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband «Simbólico retorno». Es folgten zahlreiche weitere Publikationen. Neben ihrer Arbeit als Dichterin, veröffentliche Delia Domínguez ihre Chroniken in der Zeitschrift «Paula», für die sie als Chefredakteurin und Literaturkritikerin tätig war. Weiterhin publizierte sie in den Magazinen «Orfeo» und «En Viaje». Ihre Vielseitigkeit zeigte sich auch in ihrer Arbeit als Moderatorin in einigen Fernsehprogrammen für den Kanal 9 der Universidad de Chile und als Diskussionsteilnehmerin in der Sendung «Carretera Cultural» im chilenischen Radio. Außerdem war sie Direktorin der «Sociedad de Escritores de Chile» sowie der «Revista Alerce». Am 25. Mai 1992 übernahm Delia Domínguez schließlich einen Lehrstuhl in der «Academia Chilena de la Lengua». Im selben Jahr wurde sie zur Ehrenbürgerin der Stadt Osorno erklärt.
Über sich selbst sagt Domínguez: «Ich bin Katholikin, Mestizin, Minimalistin und Bäuerin.» Ihr Freund Pablo Neruda beschrieb sie und ihre Arbeit wie folgt: «Es versteht sich, dass die Poesie von Delia Domínguez, «Osornina» aus den Wäldern von Osorno, gewagt und barfuß ist. Meine wilde Freundin, die zwischen Haselnüssen und antarktischen Farnen aufgewachsen ist, beherrscht die menschliche Beziehung mit einer Zärtlichkeit, die sie entwickelt hat, als sie von der Einsamkeit gelernt und sich gegen dieselbe verteidigt hat.»
Seit dem Tod ihres Vaters im Jahr 1970 lebt die Schriftstellerin in Providencia. Ihre Gedichte wurden insbesondere in die deutsche und englische Sprache übersetzt. Delia Domínguez wurde viermal für den Nationalen Literaturpreis nominiert.