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sábado, 18. enero 2025
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Die Bürden des Herrschers eines Reichs, in dem die Sonne nie untergeht

Zum 500. Krönungstag von Karl V.

Von Peter Downes

«Allegorie auf Kaiser Karl V. als Weltenherrscher», Gemälde von  Peter Paul Rubens um 1604

Mit der Krönung zum römisch-deutschen König im Jahr 1520 wurde Karl zum mächtigsten Herrscher Europas und verstand sich als weltliches Oberhaupt der Christenheit. Als er dann 1530 Kaiser wurde, sah er sich als Universalherrscher und in der Verpflichtung, für Frieden und Einheit für die christliche Welt zu sorgen.

Vom Herzog von Burgund zum Römischen Kaiser

Karl wurde am 24. Februar im Jahr 1500 in Gent als Erbprinz des Herzogtums Burgund geboren. Bei seiner Geburt konnte noch niemand ahnen, welche Machtfülle ihm im Laufe der Jahre zukommen sollte. Sein Vater Philipp der Schöne und seine Mutter Johanna (die «Wahnsinnige»), waren keine direkten Thronfolger. Nichts deutete zunächst darauf hin, dass Karl einst der mächtigste Herrscher der Christenheit werden würde. Das Schicksal – eine Reihe von Todesfällen in der Verwandtschaft – sollte aber aus dem jungen Erbprinzen dann 1516 den König von Spanien machen und damit zugleich zum Erben eines entstehenden und expandierenden Kolonialreiches in Amerika. Außerdem wurde er gleichzeitig zum Herrscher über Neapel und Sizilien.

Mit nur 19 Jahren wurde er zum Nachfolger seines Großvaters, des Kaisers Maximilian I., zum römisch-deutschen König gewählt. Sein Vorbild war Karl der Große. So wollte er auch in Aachen zum König und damit zum weltlichen Oberhaupt der Christenheit gekrönt werden. Am 23. Oktober war es dann soweit. Der Zwanzigjährige betrat zwischen den Erzbischöfen von Mainz und Trier den achteckigen Zentralbau. In der Zeremonie erklärte er entschlossen seine Bereitschaft, den Glauben zu wahren und die Kirche zu schützen, gerecht zu herrschen und für die Armen und Niedrigen, Witwen und Waisen einzutreten. Es folgte das Treuegelöbnis der Anwesenden und darauf dann die Salbung des Königs. Beim Auszug aus dem Dom zu Aachen hielt er Zepter und Reichsapfel in den Händen und trug die Krone auf dem Haupt. Karl verließ den Dom als römisch-deutscher König und erwählter Kaiser.

Zehn Jahre später erfolgte schließlich seine Krönung zum Kaiser in Bologna. Er war damit zum mächtigsten Herrscher Europas geworden und «in seinem Reich ging niemals die Sonne unter». Karl schloss 1526 die Ehe mit Isabella von Portugal (1503–1539) – diese sollte die Verbindung der rivalisierenden Königreiche Spanien und Portugal stärken. 

Krönung Karls V.  in Aachen auf einem Holzschnitt von 1520

«Plus ultra» – ein König, der nach Höherem strebt

Der Ehrgeiz oder gar die Überheblichkeit des jungen Königs und Kaiseranwärters drückte sich auch in seinem Wahlspruch aus: «plus ultra». Er strebte also danach, über alles andere hinweg zu reichen. Als Kaiser hatte er eine Machtfülle erlangt, die ihn zum Weltherrscher machte, ihn aber zugleich in die Pflicht nahm, sich vielfältiger Probleme seiner Zeit annehmen zu müssen. Die Herausforderungen waren so komplex, dass sie alles bisherige übertrafen: Die Kolonialpolitik in Amerika, die Konsolidierung des christlichen Spanien und die Bekämpfung der Osmanen, der Separatismus der deutschen Fürsten zusammen mit der Reformation, die der Wittenberger Augustinermönch Martin Luther einleitete und am Ende die Kirche spaltete. 

In allen Bereichen und meist gleichzeitig stand Karl vor übergroßen Aufgaben und Schwierigkeiten. Spanische Städte verfolgten unzufrieden die Innen- und Außenpolitik ihres Königs und auch im Reich stieß der Kaiser auf Widerstand. Dabei ging es auch um die politische Machtfrage. Wer war der eigentliche Herrschaftsträger: der König beziehungsweise der Kaiser oder die Stände als «Vertretung des Landes»?

Angesichts der Gefahr einer Glaubensspaltung wollte Karl die Bewahrung der Einheit des Christentums sichern. Er sah sich als weltlicher Hirte der Christenheit, als Bewahrer der «monarchia universalis». 

Zunächst schienen die Erfolge ihn in seiner universalen Rolle zu bestätigen. So konnte er die Interessenskonflikte mit Frankreich in Norditalien zunächst für sich entscheiden. Doch Franz I. und später Heinrich II. scheuten auch nicht davor zurück, sich mit den Osmanen gegen die Habsburger zu verbünden. Auch vermochte er zeitweilig die Expansion der Osmanen aufzuhalten, die er ganz im Geiste eines «Kreuzzugs» 1535 in Tunis besiegte. Allerdings war es letztendlich nur ein «Pyrrhussieg», denn die fehlende Einheit der europäischen Könige im Kampf gegen die Osmanen, führten zu weiteren Angriffen und Expansionsbestrebungen in Richtung Europa. Auch seine Bemühungen um verbesserte Lebensbedingungen für die neuen indigenen Untertanen in Amerika durch die «Neuen Gesetze» (Leyes Nuevas, 1542) konnten am Ende nicht durchgesetzt werden, so dass das Elend und Massensterben der Ureinwohner fortwährte. 

Die Resignation des Universalherrschers  

Am Ende schienen alle seine hochgesteckten und hehren Ziele gescheitert zu sein. Beim Reichstag in Augsburg 1555 nahm er selbst nicht mehr teil, sondern überließ es seinem Bruder Ferdinand, sich mit der neuen Friedensordnung mit den Protestanten und Reichsfürsten auseinanderzusetzen. Er selbst hatte resigniert, da er niemals die kirchliche Spaltung hinzunehmen bereit war. Sein größtes Scheitern war, die Reformation nicht in ihrem ganzen Umfang wahrgenommen zu haben, obwohl er selbst Reformen innerhalb der Kirche für dringlich ansah und die Verwirklichung eines Konzils stets förderte. 

Im Alter von 55 Jahren entschied sich Karl, der mächtigste Herrscher Europas, der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und des spanischen Kolonialreiches, im Jahre 1556 seine Krone und Macht niederzulegen. «Ich habe die Kaiserkrone gesucht, nicht um über mehr Reiche zu gebieten, sondern um für das Wohl des Landes und andere Reiche zu sorgen, der gesamten Christenheit Frieden und Eintracht zu erhalten… Ich habe darum viele beschwerliche Reisen machen, viele Kriege führen müssen… aber niemals mutwillig, sondern stets sehr gegen meinen Willen. […] Große Hoffnung hatte ich – nur wenige haben sich erfüllt und nur wenige blieben mir, und um den Preis welcher Mühen! Das hat mich schließlich müde und krank gemacht. Glaub nicht, dass ich mich irgend Mühen und Gefahren entziehen will, meine Kräfte reichen nicht mehr hin. Vertraut meinem Sohn, seid einig, übt stets Gerechtigkeit und lasst den Unglauben nicht in eure Reihe.»

Zeitlebens strebte er danach seinen universalen Herrschaftsanspruch durchzusetzen, musste aber erleben, wie er den verschiedenartigen Herausforderungen nicht gerecht werden konnte, so dass schließlich sein Reich zwischen seinem Bruder und seinem Sohn Philipp aufgeteilt wurde. Zudem quälten ihn seine körperlichen Gebrechen – vor allem ein Gichtleiden – immer stärker. Sein Reich driftete auseinander uns so resignierte er schließlich. Seine Abdankung blieb seinen Zeitgenossen unverständlich, gar ungehörig für einen von Gott bestimmten Weltherrscher.

Karl zog sich in das Hieronymiten-Kloster von Yuste, südwestlich von Madrid, zurück. In der Weltabgeschiedenheit wollte er seinen Weg zu Gott allein zu Ende gehen. Von Krankheit und Schmerz geplagt, verbrachte er hier seine letzten beiden Lebensjahre. Er wurde zwar kein Mönch, lebte aber mit ihnen und bewohnte einen eigens erbauten kleinen Palast im italienischen Stil direkt am Kloster. Körperlich und seelisch erschöpft, starb Karl am 21. September 1558. Zunächst fand sein Leichnam unter dem Altar des Klosters eine Ruhestätte, bis sein Sohn Phillip II. seinen Sarg in das Pantheon der spanischen Könige im Klosterpalast von El Escorial überführte.  

Leseempfehlungen: Heinz Schilling, Karl V – Der Kaiser, dem die Welt zerbrach, München: Beck 2020

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