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lunes, 14. octubre 2024
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Gerhard von Borries – Vizepräsident für Projekte bei Codelco

Ob in Chile oder China – höchste Herausforderungen reizen Bergbau-Manager

Von Silvia Kählert

Ein Abenteurer und gleichzeitig Vizepräsident des größten Bergbauunternehmens Chiles zu sein – geht das? Anscheinend: Gerhard von Borries ist seit sechs Jahren Vizepräsident der Codelco. Das hat ihn aber nicht davon abgehalten Chinesisch in China zu lernen und 600 Kilometer auf dem Jakobsweg zu wandern.

«Meine Vorfahren mütterlicherseits waren Kauf- und Seeleute aus Hamburg, die mitunter jahrelang in der Welt unterwegs waren», erzählt Gerhard von Borries und der norddeutsche Tonfall ist nicht zu überhören. «Als lütter Jung konnte ich ja sogar ein bisschen Platt snaken.»  Zwar ist der 68-Jährige in Valdivia geboren, in Santiago aufgewachsen, aber seine Eltern und sein jüngerer Bruder lebten mit der aus der Hansestadt stammenden Großmutter in einem Haus: «Daher habe ich, bis ich etwa 15 Jahre alt war, Deutsch als Muttersprache gesprochen und gedacht.» In der Deutschen Schule – erst in  der Lota-Schule, dann in der großen Deutschen Schule in Antonio Varas – hatte er immer die besten Noten im Fach Deutsch: «Ich war ein Lesewurm: Von Goethe bis Böll und Grass habe ich mir regelmäßig Bücher aus der Schulbibliothek ausgeliehen. Dann kamen irgendwann die spanischen, englischen und französischen Klassiker dazu.» Sprachen sollen ihn sein Leben lang faszinieren.

Väterlicherseits reiche der Stammbaum der westfälisch-niedersächsischen Familie der von Borries bis 1390 zurück. Einige Angehörige lernte er bei Familientreffen mit den Eltern in Potsdam und vor ein paar Jahren in Leipzig kennen. 

Sein Vater habe ihm die Liebe zu Chile vermittelt: «Von meiner Kindheit habe ich die schönsten Erinnerungen an die Ferienreisen, die Ausflüge am Wochenende mit der ganzen Familie. Wir haben in den unglaublichsten Winkeln Chiles gezeltet! Mein Vater hat uns unser ganzes herrliches Land gezeigt. Keiner hat mir so wie er die vielen Orte, die Natur und Geschichte Chiles nahebringen können.» Bis heute empfinde er «diese Reiselust und Freude, sich die Welt mit offenen Augen anzusehen und ohne Vorurteile kennen zu lernen». Seine Mutter habe ihm das Basteln beigebracht und dabei könne er heute noch gut entspannen.

Auch bei seiner Berufswahl des Bergwerkinge-

nieurs könnte die Familie Einfluss gehabt haben, wie er selbst meint: «Mein Großvater mütterlicherseits hat in Bolivien um die Jahrhundertwende in den Zinn- und Silberminen auf 4.000 Meter Höhe in der Nähe von Cochabamba gearbeitet.» 

Nach dem Studienabschluss an der Universidad de Chile, startete seine Karriere 1979 bei der Compañía Minera Disputada, die gerade von dem US-Unternehmen Exxon übernommen worden war. Insgesamt arbeitet er 24 Jahre bei Codelco mit einer sechsjährigen Zwischenstation bei Antofagasta Minerals. 2014 übernahm er die Aufgabe des «Vicepresidente de Proyectos». «Es gibt wohl wenige Unternehmen auf der ganzen Welt mit einem so großen und umfangreichen Investitionsplan wie Codelco», stellt Gerhard von Borries fest. Das sei eine sehr große Verantwortung und viel Arbeit – vor allem in der Pandemie, wie er erzählt: «Der Bau der Projekte muss in Gang gehalten und die Ansteckung der mehr als 10.000 Arbeiter auf jeden Fall verhindert werden. Vor der Pandemie lag der Fokus auf dem Sicherheitsschutz der Arbeiter. Das ist schon eine titanische Aufgabe: Arbeitsunfälle zu vermeiden. Mit der Pandemie ist das noch viel schwerer geworden.» Seine Arbeitsgruppe habe sofort gehandelt: Mit Maskentragen, sozialer Distanz sowie regelmäßigen Befragungen und Tests sei es gelungen, Werke und Bau der Projekte in Betrieb zu halten. 

Im Grunde habe er sich sein ganzes Berufsleben darauf vorbereitet, eine der schwersten Aufgaben seiner Branche auszuüben. In den 1990er Jahren, als er bereits Vater dreier Kinder war, absolvierte er noch ein «Executive Program» in der Kellogg School of Management der Northwestern University in den USA. Denn ganz klar: Schwierige Herausforderungen reizen den Deutsch-Chilenen. Einfach um sich geistig fit zu halten, habe er 2002 begonnen Chinesisch zu lernen. Nach fünf Jahren Privatunterricht fuhr er zum Sprachkurs an eine Universität in Peking: «Ich bat um eine hohe Einstufung. Nachmittags musste ich gleich noch mal mit einer Nachhilfelehrerin üben, um mitzukommen.» Den Durchbruch brachte im nächsten Jahr der Aufenthalt bei der Familie der Nachhilfelehrerin. Diese hatte den sprachbegabten Mann eingeladen: «Als ich nur noch unter Chinesen war, konnte ich mich nach diesen sechs Wochen ganz gut in Mandarin verständigen, und auch einigermaßen lesen und schreiben.»

Vor zwei Jahren begann der Wunsch in ihm zu wachsen, eine Zeit für sich zu haben, ohne von äußeren Dingen in Anspruch genommen zu werden.
So wanderte er 600 Kilometer in 26 Tagen den
Jakobsweg: «Diese Wanderung ist auf jeden Fall eines der schönsten und auch intimsten Erlebnisse meines Lebens.»

Bei seiner Arbeit gefällt ihm sehr, «mit vielen interessanten, dynamischen und kreativen jungen Menschen umzugehen». Kenntnisse der Soziologie, Psychologie und des Umweltschutzes nutze er heutzutage, um sein Team zu motivieren. Es erfüllt den Manager, seine berufliche Erfahrung – «alles was ich gelernt und all die Fehler, die ich begangen habe» – an die neue Generation weitergeben zu können. 

Vor allem rät Gerhard von Borries, statt Managementbücher mehr die Klassiker zu lesen: «Was hätte uns der kleine Prinz von Saint-Exupéry, was hätte uns Faust oder Don Quijote in dieser oder jener Situation gesagt?» Das öffne den Blick für die vielen Möglichkeiten, die das Leben bereithalte.

Er selber jedenfalls weiß jetzt schon, dass auf seinem Programm nach der Pandemie steht: «Reisen, reisen und reisen!» .

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