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Die Ebensperger-Ahrens – eine sportbegeisterte Familie

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Von Silvia Kählert

Marlene Ahrens und daneben ihr Mann Jorge Ebensperger bei der Feier zum 25-jährigen Jubiläum des Club Manquehue im Jahr 1972

«Der Sport hat in unserer Familie immer eine große Rolle gespielt». Karin Ebensperger, Tochter der ersten chilenischen Olympiamedaillengewinnerin Marlene Ahrens, sprach mit dem Cóndor über die Rolle ihres Vaters, aber auch anderer Menschen als Förderer des Sports in der eigenen Familie sowie in der ganzen deutsch-chilenischen Gemeinschaft.

Marlene Ahrens wurde nach ihrem Tod am 17. Juni als die einzige Olympiamedaillenträgerin Chiles in allen Medien dieses Landes gewürdigt. Viele wissen aber nicht, dass die ganze Familie Ebensperger-Ahrens in vielen Sparten erfolgreiche Sportler waren.

Jorge Ebensperger Grassau

«Der wirkliche Motor, der die Familie zum Sport antrieb, war immer mein Vater Jorge Ebensperger Graussau», unterstreicht Karin. Jorge Ebensperger Grassau, bekannt als «Choche» in der Deutschen Gemeinschaft, war selber ein ausgezeichneter Sportler, der im ehemaligen Sportverein in Santiago trainierte. Dieser Verein musste im Zweiten Weltkrieg schließen, so wie viele Institutionen, die von Deutschstämmigen gegründet worden waren. Nachdem der Krieg beendet war, in den 1950er Jahren, haben Jorge und viele ehemalige Vereinsmitglieder Land in Vitacura gekauft. Dort entstand der Club Manquehue. Jorge Ebensperger war Mitglied der Hockeymannschaft, die mit Erfolg in Chile und im Ausland in vielen Wettbewerben den Sieg davontrug. 

Seine Leidenschaft war das Reiten, das er im ehemaligen Sportverein betrieb, in dem diese Sportart angeboten wurde. Gleichzeitig war er Mitglied beim «Club de Polo y Equitación San Cristóbal» in Vitacura, wo er Polo spielte.

Marlene und «Choche»

Die Liebe zum Reitsport war es schließlich auch, die «Choche» und Marlene zusammenführte: Während eines Ausritts auf dem Pferd lernten sich beide kennen, um dann ihr Leben lang ein Paar zu bleiben. 

Marlene ritt seit ihrer Kindheit, da ihr Vater Hermann Ahrens selber ein großer Pferdeliebhaber war. Er hielt Pferde auf seinem Landsitz in San Felipe, Aconcagua. Der gebürtige Hamburger war in Blankenese aufgewachsen und aufgrund seiner Arbeit bei der Deutschen Bank in den 1920er Jahren nach Chile gezogen. Er war Besitzer des Pferdes Iturbide, dass das Deby 1932 gewann und war einer der ersten Mitglieder des «Club de Polo y Equitación San Cristóbal», der 1947 gegründet worden war.

Das große Talent Marlene Ahrens entdeckte schließlich ihr eigener Ehemann: Als er seine Verlobte dabei beobachtete, wie sie Steine in den Aconcagua-Fluß auf dem Landgut ihres Vaters warf, bemerkte Jorge ihre besondere Begabung für das Werfen. Er stellte seine bald darauf angetraute Ehefrau den erfahrenen Trainern Carlos Strutz und Walter Fritsch vor. Im Club Manquehue begann nun ihr systematisches Training als Speerwerferin. 

Tochter Karin erzählt: «Ich war bereits geboren als meine Mutter 1956 zur Olympiade nach Melbourne in Australien fuhr.» Was nun passierte ist bekannt: Die 23-Jährige errang die Silbermedaille – Gold und Bronze gingen jeweils an zwei damals sehr bekannte Sportlerinnen der Sowjetunion. Karin Ebensperger fügt hinzu: «Ein unglaublicher Erfolg, wenn man bedenkt, dass sich meine Mutter im Gegensatz zu den russischen Athletinnen nicht zu 100 Prozent dem Training gewidmet hatte, sondern sich auch um mich und den Haushalt kümmerte.»

Wie ging es mit der Sportlerin weiter? «Auch nach der Olympiade ermutigte sie mein Vater, als Speerwerferin aktiv zu bleiben.» So konnte sie bei den Panamerikanischen als auch den Südamerikanischen Spielen mehrfach Gold-Medaillen erringen und war in ihr Disziplin überhaupt die erste Südamerikanerin, die bei diesen Wettbewerben gewinnen konnte.

Vom Speerwerfen zum Tennis und Reiten

Stärke bewies Marlene schließlich nicht nur im Sport: Ein leitender Sportfunktionär der Olympiade, der immer wieder verbal Athletinnen belästigte, stellte sie zur Rede. Als eine Tageszeitung ihre Aussagen veröffentlichte, hatte dies Folgen: Marlene Ahrens durfte ein Jahr lang nicht an internationalen Sportwettbewerben teilnehmen. Das bedeutete wiederum, dass die beste Speerwerferin ganz Amerikas auf dem Höhepunkt ihres sportlichen Könnens nicht an der Olympiade in Tokio 1964 ihr Können zeigen konnte. «Meine Mutter war sehr enttäuscht. Sie wollte es sich zumindest nicht nehmen lassen, die Ungerechtigkeit dieser Entscheidung zu zeigen: Am gleichen Tag, an dem sie in der Olympiade an der Reihe gewesen wäre, warf sie vor Journalisten den Speer– und demonstrierte, dass ihr eine Medaille sicher gewesen wäre.»

«Club de Polo y Equitación San Cristobal», der 1947 eingeweiht wurde

Die junge Frau zog sich nach diesen Vorfällen aus der Leichtathletik zurück und begann stattdessen die Sportarten auszuüben, die sie auch schon immer nebenbei praktiziert hatte – und war auch darin erfolgreich: Beim Tennis-Doppel wurde sie chilenische Meisterin und genauso siegte sie bei Reitturnieren in Chile. In der letzten Sportart steigerte sie ihre Leistungen derart, dass sie mit mehr als 60 Jahren 1995 ausgewählt wurde, mit dem chilenischen Reitteam Chile bei den Panamerikanischen Spielen in Mar del Plata in Argentinien zu vertreten.

Magda Pape – «eine unglaublich engagierte Lehrerin»

«Auch mein Bruder Roberto und ich saßen von Kindesbeinen an im Sattel», berichtet Karin Ebensperger. Sie selber nahm beim Springwettbewerb im Poloclub teil und als Leichtathletin vertrat sie die Deutsche Schule und den Club Manquehue. Schließlich erreichte sie den chilenischen Jugendrekord beim 100-Meter-Hürdenlauf. Die junge Schülerin wurde ausgewählt, 1972 bei den südamerikanischen Sommerspielen  in Asunción in Paraguay teilzunehmen. «Meine Trainerin war Magda Pape – eine unglaublich engagierte Lehrerin und Trainerin von der Deutschen Schule, die eine ganze Generation von Sportlern zu Erfolgen geführt hat und dabei das Menschliche immer ganz groß geschrieben hat.»

Der Flieger und Gipfelstürmer

Wahrscheinlich erinnert sich auch heute noch der ein oder andere daran, wie «Choche» auf seinem BMW-Motorrad in den 1930er Jahren und bis er 80 Jahre alt war durch die Stadt fuhr – ein außergewöhnlicher Anblick in diesen Jahren, wie Karin Ebensperger erzählt. Außerdem war der Sportflieger viel mit seinem kleinen Flugzeug, der  Stinson, unterwegs und gehörte zu den Gründern des Segelflugclubs in Vitacura. Nicht zu vergessen ist seine Leidenschaft für das Bergsteigen. Es gibt einige Andengipfel, die nach ihm als ihr Erstbesteiger benannt worden sind.

Familie Ebensperger-Ahrens erfolgreich in vielen Disziplinen

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