Inicio Porträt Reliquiensammler, «letzter» Kreuzfahrer und ein Heiliger

Reliquiensammler, «letzter» Kreuzfahrer und ein Heiliger

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Zum 750. Todestag von Ludwig IX. von Frankreich

Das 13. Jahrhundert wurde gelegentlich als das «Zeitalter von Saint Louis» bezeichnet. Ludwig IX. prägte die Geschichte Europas fast 40 Jahre lang nachhaltig und verdient viel mehr Aufmerksamkeit als ihm bisher zukommt. Er verkörperte christliche Ideale, befriedete Frankreich, förderte ein neues Rechtsverständnis und verbreitete die Reliquienverehrung. Er kann auch als der «letzte wahre Kreuzfahrer» betrachtet werden, da nach ihm die Kreuzzugsbegeisterung zunehmend abnahm.

Blanca von Kastilien und ihr Sohn Lidwig der IX. in einer um 1235 gefertigten Miniatur (New York, Pierpont Morgan Library)

«Leutnant Gottes auf Erden»
Er kam am 25. April 1214 im Schloss von Poissy zur Welt. Sein Vater war Ludwig VII. und seine Mutter Blanca von Kastilien. Als sein Vater am 8. November 1226 starb, war Ludwig zwölf Jahre alt, sodass seine Mutter die Regentschaft in seinem Namen übernahm. Der Regierungswechsel verlief jedoch nicht reibungslos, da einige Barone die Gelegenheit nutzen wollten, sich der «Ausländerin» zu entledigen und lieber den Onkel des Prinzen, den Grafen von Boulogne, als Regenten sahen. Frankreich stand in dieser Zeit noch im Konflikt mit England.Offiziell stand dieser Krieg im Rahmen des Albigenserkreuzzugs, aber eigentlich ging es um die südfranzösischen Provinzen. Es ist jedoch Blanca von Kastilien gelungen diesen Spannungen zu entgegnen und damit die Ansprüche ihres Sohnes zu bewahren. Vor allem sorgte sie für eine ritterliche, aber vor allem christliche Erziehung. Sie wählte die Erzieher selbst aus, darunter auch Franziskaner und Dominikaner. Ludwig wurde zur Gottesfurcht und Gottesliebe erzogen und dies sollte auch sein späteres Handeln bestimmen.

1229 schloss Graf Raimund VII. von Toulouse den Vertrag von Paris mit der französischen Krone. So wurde die Eingliederung Okzitaniens in den französischen Staat besiegelt. Blanca von Kastilien führte in Frankreich die Inquisition ein. Damit wurde einerseits das Rechtssystem modernisiert, da nun ein Prozessverfahren eingeführt wurde, aber es wurde so die Aufsicht über die Religion verschärft und es fand eine Ketzerverfolgung statt.
Mit seiner Krönung zum König Frankreichs am 29. November 1226 in Reims, verstand sich Ludwig als «Leutnant Gottes auf Erden». Er war nun das Oberhaupt der abendländischen Christenheit und in seiner Politik sollte sich diese neue christliche Ära Ausdruck verschaffen.

Ludwig der Heilige legt auf seinem Krankenbett ein Kreuzzugsgelübde ab. (Chronica Majora des Matthäus Paris, 13. Jahrhundert, Cambridge, Corpus Christi College)

Seine Mutter Blanca blieb stets seine engste Ratgeberin. Daher ist sie maßgeblich verantwortlich für diese politisch und wirtschaftlich stabile Zeit in Frankreich. Ludwig zeigte in Konflikten zwar immer militärische Präsens, versuchte dann aber seine Gegner mit friedlichen Mitteln zu überzeugen und ihnen Milde entgegenzubringen. Er konnte dadurch erhebliche Gebietszuwächse erlangen, zugleich aber auch den Frieden an seinen Grenzen bewahren. So wurde mit Jaime von Aragon verhandelt, als auch mit Heinrich III. von England, der zudem sein Schwager war. Auch die Spannungen zwischen dem Papst und Friedrich II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, versuchte er abzuschwächen, was ihm aber nur teilweise gelang. Für diese Einsätze erlangte er den Ruf eines Friedensvermittlers und wurde daher als «primus inter pares» sehr geachtet.

Die «Sainte-Chapelle»
Ludwig war ein leidenschaftlicher Reliquienverehrer. Als Kaiser Balduin 1238 nach Frankreich kam, um Geld und Beistand für sein Kaiserreich im eroberten Byzanz zu erlangen, eröffnete sich die Möglichkeit, neue Reliquien nach Frankreich zu bringen, denn Balduin war bei den Venezianern hoch verschuldet und hatte selbst Reliquien gepfändet. Ludwig zeigte nun besonderes Interesse an Passionsreliquien, die in der «Heiligen Kapelle» der Marienkirche in Konstantinopel aufbewahrt wurden. So gelang es ihm, die Dornenkrone Christi 1239 gegen eine hohe Geldzahlung zu erwerben. Diese wurde dann feierlich über Venedig nach Sens gebracht, von wo aus der König sie in Begleitung seiner Brüder barfüßig, ungegürtet und lediglich im Unterkleid in einer Prozession nach Paris zur Kathedrale für Notre Dame begleitete.

Wohl bereits im selben Jahr ließ er eigens für die Passionsreliquien die «Sainte-Chapelle» im königlichen Palast bauen. Diese gotische Kirche wurde Modell für weitere «Heilige Kapellen»» an den französischen Fürstenhöfen, in denen dann ebenfalls Reliquien ausgestellt wurden.

Da Kaiser Balduin bald noch mehr Geld benötigte, wurden weitere Reliquien angeboten, darunter ein Stück vom «Heiligen Kreuz», vom «Heiligen Schwamm» und das Eisen der «Heiligen Lanze». Auch sie ließ Ludwig IX. abkaufen und die Reliquien wurden bis zur Französischen Revolution in der «Sainte-Chapelle» aufbewahrt. Es gelang, sie vor der Zerstörung der Revolutionäre zu retten, während deren goldenen Behältnisse meist eingeschmolzen wurden. Nach der Revolution fanden sie in der Kathedrale Notre Dame eine neue Bleibe und konnten letztes Jahr beim Brand noch rechtzeitig gerettet werden.

Der doppelte Kreuzfahrer und König von Jerusalem
Nach einer schweren Erkrankung 1242, verstärkte sich die Frömmigkeit des Königs. Als er 1244 seine Genesung bekanntgab, legte er das Gelübde ab, einen Kreuzzug zu unternehmen. Von 1245 bis 1248 wurden alle Vorbereitungen getroffen. Im Sommer 1248 ging es zunächst nach Zypern und zu Pfingsten 1249 dann nach Ägypten, wo man auch schnell die Stadt Damiette einnahm. Doch Anfang 1250 kam es zur Katastrophe. Das Heer erlebte vor Mansura eine Niederlage – nicht nur durch das islamische Heer, sondern auch durch Krankheiten wie Skorbut und Hunger verursacht. Man hatte weder die geographischen noch klimatischen Bedingungen genügend bei den Planungen berücksichtigt, genauso wenig wie die politischen Rivalitäten der Sultanate. So waren der Nil, die Hitze aber auch der religiöse Eifer ihre wirklichen Hauptfeinde. Johann von Joinville war als Seneschall und Vertrauter des Königs ein Augenzeuge dieses «sechsten» Kreuzzuges. Der König selbst und viele Barone wurden gefangengenommen und dann mit hohen Lösegeldsummen freigekauft. Viele andere Gefangene wurden von
den Muslimen versklavt oder getötet.

Ludwig kam nach 31-tägiger Gefangenschaft am 8. Mai 1250, nach der Lösegeldzahlung von 200.000 Goldbezanten frei und wurde in die Kreuzfahrerbastion Akkon geführt. Während seiner Abwesenheit hatte seine Mutter die Regentschaft in Frankreich weitergeführt. Ludwig aber blieb im Heiligen Land und übernahm von Akkon aus die Regierung für das Königreich Jerusalem, die ihm der rechtmäßige König Heinrich I. von Zypern überließ. Er bemühte sich dort um den Freikauf der Gefangenen und um die Befestigung der Städte Akkon und Jaffa. Hoffnungen auf eine Eroberung Jerusalems zerschlugen sich jedoch mit der Zeit, dafür machte er aber eine Pilgerreise zu den heiligen Stätten. Als er 1253 die Nachricht vom Tod seiner Mutter erfuhr, trat er 1254 die Heimreise an.

Sein Kreuzfahrereifer glühte jedoch 1270 erneut auf und er trat den «siebten» Kreuzzug an. Johann von Joinville versuchte den König noch von diesem Unternehmen abzuraten, jedoch vergeblich. Darüber schreibt er in seinem «Leben des Heiligen Ludwig»: «Nach meiner Meinung begingen alle die eine Todsünde, die dem König zu der Fahrt rieten. Solange er in Frankreich war, herrschte Friede im ganzen Königreich, sowohl im Innern als auch mit all seinen Nachbarn. Aber sobald er fort war, wurde es überall immer schlimmer.»

Am 1. Juli 1270 stach aber dann die Kreuzfahrerflotte in Richtung auf die tunesische Küste in See. In Karthago starb Ludwig nach wenigen Wochen, am 25. August, an einer Infektion – nach neuesten Forschungen auch eine Folge einer immunologischen Schwächung durch Skorbut. Schon lange galt er für die Franzosen als Heiliger. Seine Kanonisierung wurde sogleich nach seinem Tod durch Papst Gregor X. eingeleitet und auch durch die Zeugenaussage von Johann von Joinville gestützt, so dass Ludwig IX. am 11. August 1297 als einziger französischer König heiliggesprochen
wurde.

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