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Bernhard Eunom Philippi – Vater der deutschen Einwanderung in Chile

Ein preußischer Weltumsegler, Naturaliensammler und Erkundungsreisender (Teil 1)

Von Dietrich Angerstein

Für Deutschland und besonders für Preußen waren es schwere Zeiten, als am 19. September 1811 im nahe Berlin gelegenen Charlottenburg Frau Marie Anne Philippi geborene Krumwiede ihren zweiten Sohn Bernhard Eunom zur Welt brachte. Nach den verlorenen Schlachten von Jena und Auerstedt hatte Napoleon dem Staat Preußen hohe Kriegskontributionen auferlegt und es auch gezwungen, dem französischen Heer Soldaten für den russischen Feldzug zu stellen.

Interesse an Technik und Reisen

Das brachte Vater Johann Wilhelm Eberhard Philippi in arge Bedrängnis, bedeutete es doch für die Bürger Preußens neue Steuern und hohe Abgaben. Man sah sich veranlasst – so wurde es in jenen Zeiten von vielen Familien gehalten -, dass Mutter Marie Anne ihren Sohn Bernhard Eunom und seinen Bruder Rudolph Amandus zunächst selbst im Schreiben, Lesen und in den Grundzügen der Mathematik zu unterrichten hatte, um ihn dann, im jungen Alter von acht Jahren, in das Institut des Johann Heinrich Pestalozzi in Yverdon in der Schweiz zu schicken. Dieses genoss damals schon durch seine modernen Lehrmethoden einen guten Ruf in ganz Europa. In Yverdon erlernten die Brüder Philippi die französische Sprache, die als die Sprache der Diplomatie und der feinen Gesellschaft galt.

Mit acht Jahren ging Philippi in das Institut in das Schloss Yverdon in der Schweiz, wo der Pädagoge Heinrich Pestalozzi ab 1804 lehrte.

Zurück in Charlottenburg sollte Bernhard Eunom im Gymnasium eingeschult werden. Da ihm jedoch Latein nicht lag und er aufgrund dieses Fachs die Prüfung nicht schaffte, wurde er in eine Realschule eingeschult. Der Lehrplan kam seinem technischen Verständnis entgegen. Gern las er in seinen freien Stunden  Reisebeschreibungen, Erzählungen aus fernen Ländern und so darf man sich nicht wundern, dass er, kaum der Schule entlassen, in die Königliche Preußische Seehandlung, das heißt in die Preußische Handelsmarine eintrat.

In der Marine

Zur seemännischen Ausbildung gehörte es, als einfacher Matrose auf einem Segelschiff anzuheuern. So ergab sich für Philippi die Gelegenheit, von September 1830 bis April 1832 auf dem Handelsschiff «Prinzessin Louise» die Welt zu umsegeln. Das ihn in den Fernen Osten, aber dann auch zum ersten Mal nach Chile und Peru führte. Auf der «Prinzessin Louise» lernte er den Arzt und Naturforscher  Julius Meyen kennen. Er begleitete ihn während der langen Liegezeiten in den Häfen auf seinen Forschungsausflügen und gelangte dabei in abgelegene Orte fern der chilenischen Häfen, in denen die «Prinzessin Louise» auf ihrer Weltreise vor Anker lag.

Die Prinzessin Luise war ein in Bremen gebautes Preußisches Handelsschiff, das für die königlich preußische Seehandlungsgesellschaft zwischen 1826 und 1844 sechs Weltumseglungen durchführte.

Wieder zurück in Hamburg absolvierte Bernhard Eunom Philippi die Hamburger Marineschule, unternahm als Steuermann-Anwärter Ausbildungsreisen nach Sankt Petersburg und zu anderen Häfen in Europa, Mittelamerika und den USA. Nach Abschluss der Reisen legte er mit Erfolg die Prüfungen zum Steuermann ab.

Nun im Besitz des vorgeschriebenen Steuermann-Patents für «Grosse Fahrt» trat er im November 1839 eine zweite Weltumseglung an. Dieses Mal als Dritter Steuermann und wiederum  auf der «Prinzessin Louise», wie zu erwarten war. Mit an Bord befand sich der Chirurg Dr. Carl Seget , der Objekte für das Naturhistorische Museum in Berlin sammelte. Philippi begleitete ihn auf seinen Ausflügen an der südamerikanischen Westküste.

Peru und Chile

Daheim in Hamburg trat Philippi aus der Preußischen Handelsmarine aus, doch die Sehnsucht nach Südamerika ließ ihn nicht mehr los. Er reiste nach Peru, versuchte sich dort ergebnislos im Maisanbau, bis ihm in Lima die Leitung einer Firma angeboten wurde, die Pottasche aus Zuckerrohr  zu gewinnen beabsichtigte. Das Unternehmen scheiterte, so wie das Maisprojekt gescheitert war.

Philippi hatte genug von den geschäftlichen Misserfolgen und erkrankte obendrein in Lima an Malaria. In der Hoffnung auf Besserung in einem anderen Klima verließ er Peru, reiste die Westküste Südamerikas hinunte und ließ sich endlich in dem Hafenstädtchen Ancud auf der Insel Chiloé nieder.

Sein Gesundheitszustand besserte sich hier merklich, aber sein unruhiger Gast trieb ihn weiterhin an. Im Januar 1838 unternahm er Erkundigungsexpeditionen entlang der Binnenküste Chiloes, kreuzte auf einem kleinen Segler den Golf von Corcovado und weiter südlich  den Golf von Penas und drang bis zur Mündung des Rio Aysén vor.

Aber immer noch ließ ihn die Unruhe nicht los und wieder wollte er am liebsten in See stechen. Erneut heuerte Philippi im Jahre 1839 als Steuermann an, gelangte über China zurück nach Deutschland. 

Zurück nach Chile

Angekommen im Frühjahr 1840 traf er seinen Bruder Rudolph Amandus in Kassel, der dort Professor der Höheren Gewerbeschule und Gründer des Vereins für Naturkunde war. Zusammen begaben sie sich nach Berlin, um in der Berliner Naturwissenschaftlichen Gesellschaft   ihre gesammelten Erfahrungen über Chile vorzutragen.

Die Vortragsreihe in Berlin zahlte sich aus: Ausgestattet mit einem einjährigen Stipendium als Naturforscher kehrte Philippi im Juni 1841 nach Chile zurück. Er begann die Gebiete um Valdivia und Osorno zu erkunden. Im Januar 1842 gelang ihm die Wiederentdeckung des Llanquihue-Sees. In dieser Zeit reifte in ihm die Idee, dass diese Region besonders geeignet sei für eine Kolonisierung durch deutsche Siedler. Gleichzeitig sammelte er zahlreiche Objekte für das Zoologische Museum in Berlin.

Anfang 1843 bereiteten in der Abgeschiedenheit von Chiloé der amtierende Intendant Domingo Espiñeira und der britische Fregattenkapitän in chilenischen Diensten John Williams Wilson auf Anweisung von Präsident Manuel Bulnes eine geheime Expedition vor, die zur Inbesitznahme der Magallanes-Straße für Chile ausgesandt werden sollte. Philippi bot sich als freiwilliger Steuermann an und wurde gerne akzeptiert. Die Reise auf der für diese Expedition ausgewählten Goleta «Ancud» erfuhr allerhand Widrigkeiten, wie zum Beispiel den Bruch des Steuers als auch den Verlust der Orientierung in dem Gewirr von Inseln und Fjorden. Da man aber überraschend auf einen nordamerikanischen Schmuggler stieß, der Kopien der Seekarten von King und Fitz-Roy mit sich führte, die Philippi wiederum kopieren konnte, gelangte man letztendlich wohlbehalten, wenn auch etwas angeschlagen am 21 September 1843 ungefähr dort an, wo wir heute die Ruinen und das Museum des «Puerto del Hambre» finden.

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