Kreativ und eigenwillig – Marketingmanagerin wagt den Aufstieg
Von Paula Castillo
Melanie Cantzler Klein leitet seit Juli diesen Jahres als Geschäftsführerin eine der führenden und erfolgreichsten Werbeagenturen in Chile, die DyU. Über sich selber meint die selbstbewusste Managerin: «Durch die deutschen Wurzeln habe ich einen ausgeprägten Sinn für Ordnung und Arbeit, aber auch Humor und Flexibilität sind Eigenschaften, die mich gut beschreiben.» Die chilenische Seite der in Santiago und Punta Arenas aufgewachsenen Deutsch-Chilenin zeigt sich in den Erinnerungen an ihre Kindheit. Sie verbrachte jedes Jahr ihre Sommerferien in Villarrica im Ferienhaus der Familie, «Hüttchen» wie sie es nennt. Dort traf sich die Familie Cantzler-Hoffmeister. Sie verbrachte diese Sommertage mit ihrer Schwester Camila und ihren Cousins und Cousinen, wie es auch bei anderen chilenischen Familien üblich ist. Sie selber feiere immer noch Feste wie Weihnachten oder Ostern mit ihrer Tochter Federica mit deutschen Traditionen wie früher. «Ich liebe Deuschland und seine Kultur», beteuert sie. Deswegen besucht ihre Tochter die Deutsche Schule in Santiago. Sprachlich übertreffe die 14-Jährige sie längst: «Sie spricht viel besser Deutsch als ich, und darauf bin ich richtig stolz.»
Dass sie einmal in der Welt der Werbung arbeiten würde, war für Melanie nicht immer klar. Während ihrer Schulzeit war es zwar das Fach Kunst, für das sie mit Abstand am meisten Interesse entwickelt hatte. Denn «bei allem, was mit Kreativität zu tun hatte, war ich immer dabei und das liebe ich». Vor allem aber waren es sicherlich auch ihre Unabhängigkeit und ihre Intuition, die sie immer wieder zu Reisen inspirierten, sie weiterentwickelten und schließlich in die für sie prädestinierte Werbebranche führten.
Erstmals stellte sie sich als Schülerin für zwei Jahre in Punta Arenas aufgrund der Anstellung ihres Vaters bei Ultramar auf eine neue Region und ein neues Umfeld ein. Später nahm sie an einem Schüleraustausch teil, der sie nach Buchholz, südlich von Hamburg führte. Nach Erlangen ihres Diploms als Publizistin in Santiago, folgte ein erster Aufenthalt in London zwecks Vertiefung ihrer Englischkenntnisse.
Doch dabei sollte es für die unternehmungslustige junge Frau nicht bleiben. Nach ihrer ersten Anstellung in Santiago bei der Firma «Paris» kehrte sie nach England zurück, wo sie sich als Studentin an der «London School of Fashion» intensiv mit Modemarketing beschäftigte. Diese war eine besonders wichtige Etappe ihres Lebens, in der sie vormittags bei der Firma «Paxar» arbeitete und nachmittags die englische Hauptstadt erkundete. Auch die dadurch gewonnenen Impulse haben sie dazu veranlasst, nach ihrer Rückkehr in Chile ihre erste eigene Firma «Fashion Boutique» gemeinsam mit einer Freundin zu gründen. Nach vier Jahren begann sie noch einmal ein Studium an der Universidad Adolfo Ibañez, um einen Magister zum Thema Verbraucherverhalten zu absolvieren.
Statt diese Kenntnisse gleich in einer neuen Stelle umzusetzen, traf Melanie Cantzler wieder eine eigenwillige Entscheidung: «Ich wollte einmal in Rom leben und vor allem Rom erleben.» Tatsächlich siedelte sie nach Italien über: «Mir war es wichtig, einen Ort, in dem Ideen und Impulse enstehen, zu erleben, und da war Rom die perfekte Stadt.» Doch, wie es bei vielen reiselustigen Chilenen der Fall ist, kam sie nach mehreren Monaten zu der Erkenntnis, dass Santiago einfach viel besser zu ihrer Persönlichkeit passt. «Ich bin recht reiselustig und ich liebe Europa», erklärt Melanie begeistert und ihre Augen blitzen dabei, «doch Chile ist für mich der beste Ort zum Leben. In meinem Kopf gibt es eine Symbiose von Fleiß und Humor und Chile ist dabei die perfekte Formel.»
Nach ihrer Rückkehr nach Chile, begann sie 2006 bei DyU zu arbeiten. «Wir glauben an langfristige Beziehungen und haben Kunden, für die das auch wichtig ist. Beispiele dafür sind Falabella und Sodimac unter anderen, die wir schon seit mehr als 15 Jahren betreuen und die wir auch während ihrer regionalen Expansion begleitet haben», beschreibt die Marketingexpertin die Entwicklung der vor 28 Jahren gegründeten Agentur.
Zu ihrem Karriereaufstieg erklärt sie, dass sie natürlich «besonders in dieser aktuellen schwierigen Situation der Pandemie» Bedenken gehabt habe, die Position der Geschäftsführerin anzunehmen. Kooperation, Engagement und Respekt unter den 200 Mitarbeitern seien aber die leitenden Werte ihrer Firma und auch dies habe sie dazu bewogen und ermutigt, sich der Aufgabe zu stellen. Außerdem habe die Erfahrung der Agentur DyU selber gezeigt, dass die Firma immer gerade in Krisenzeiten gewachsen sei. Das erklärt sie sich auch so: «In der Werbebranche wird alles mehrmals getestet und erprobt. Natürlich gibt es Risiken, aber es gibt auch Formen, diese zu kontrollieren. Dabei sind Adrenalin und Erfolge wichtig und das macht den Motor aus, der unsere Kreativität antreibt.»