Der Cóndor veröffentlicht in unregelmäßigen Abständen Porträts über Frauen, die eine Pionierrolle oder besondere Leistungen in Chile erbracht und einen deutschen Hintergrund haben.
Von Walter Krumbach
Am 16. Mai des kommenden Jahres wäre Ilse Barends 100 Jahre alt geworden. Sie gilt zusammen mit Edith und Elma Klempau, Gerda Martin, Annegret Weller, Maria Boeke und Ursula Holle als eine der herausragendsten Sportlerinnen der sogenannten «goldenen zehn Jahre der chilenischen Leichtathletik».
Ilse Barends widmete sich erfolgreich verschiedenen Sportarten. Ihre größten Erfolge hatte sie im Hochsprung. Im Jahr 1946 stellte sie während dem Campeonato Sudamericano Extraordinario in Santiago mit 1,63 Meter einen südamerikanischen Rekord auf, der sich 26 Jahre halten sollte.
Ihre Eltern Kurt Barends und Emma geborene Heck lebten auf dem Gut El Guindo nahe bei Temuco, das der Vater verwaltete, und wo Ilse 1921 geboren wurde. Später zogen sie nach Los Ángeles. Hier absolvierte das Mädchen seine ersten Schuljahre, um ab dem zehnten Lebensjahr die Deutsche Schule Concepción zu besuchen und sich systematisch mit dem Sport zu beschäftigen.
Im Jahr 1934 zog die Familie nach Santiago um, wo sie ein Haus an der Straße Carmen Sylva bezog, ganz in der Nähe des Deutschen Sportvereins. Bald tat Ilse sich im Hockey und im Schwimmen hervor. Ihre ersten Urkunden für hervorragende Leistungen erhielt sie im 25-Meter-Brustschwimmen, Dreikampf und Weitsprung.
Nach einem Hockeyturnier im Stade Français nahm sie die Gelegenheit wahr, sich im Hochsprung auf die Probe zu stellen. Sie erreichte 1,42 Meter. Der damalige Rekord lag in Chile bei 1,36 Meter, so dass sogleich offensichtlich war, welch ein Potential sie in dieser Sportart hatte. In der folgenden Zeit wurde sie von dem Trainer Domingo Guzmán unterwiesen, was ihre Leistungen steigerte und zahlreiche Triumphe zur Folge hatte. Ilse Barends war jedoch damals nicht nur Hochspringerin, sondern lief die 4 x 100-Meter-Staffel zusammen mit Grete Sylvester, Norma Riedel und Maria Boeke. Zusätzlich nahm sie an Wettkämpfen anderer Disziplinen teil, wie 100-Meter- und 80-Meter-Hürdenlauf, Weitsprung, Diskus- und Speerwurf.
Ilse Barends erlebte die Einweihung des Estadio Nacional im Dezember 1938 aktiv mit. Bei der Gelegenheit nahm sie zum ersten Mal an einem offiziellen Wettkampf teil. Im März 1939 sprang sie 1,47 Meter, womit sie den südamerikanischen Rekord brach.
Nach der Auflösung des Deutschen Sportverein in den 1940er Jahren, wurde Ilse Barends im Club Atlético Santiago aufgenommen. Zwischen 1939 und 1947 nahm sie an sechs südamerikanischen Meisterschaften teil. 1941 erreichte sie in Buenos Aires den zweiten Platz. In den restlichen Wettkämpfen wurde sie stets Erste. 1945 stellte sie in Montevideo mit 1,58 Meter eine neue südamerikanische Bestmarke auf.
Im August 1946 heiratete sie, womit ihre sportliche Tätigkeit bald ein Ende finden sollte. Im Jahr nach der Hochzeit mit Enrique Reichhard nahm sie jedoch ein letztes Mal an den Südamerikanischen Meisterschaften teil, wo sie im Hochsprung noch einmal den ersten Platz belegen sollte.
In Anerkennung ihrer Leistungen erhielt sie bei zwei Gelegenheiten die Medalla al Mérito Deportivo.
Ilse Barends verstarb am 28. Januar 2007.