Eine große Stütze des Vereinslebens in Valparaíso

Edgardo Schumacher ist nicht nur eines der ältesten Mitglieder und seit 35 Jahren Schatzmeister des Deutschen Turn- und Sportverein Valparaíso (DTSV). Mit viel Spaß an der Sache setzt sich bis heute der aktive Mann dafür ein, dass die deutsch-chilenischen Institutionen der Hafenstadt sich gemeinsam vor allem für die Jugend engagieren.
Von Paula Castillo
Als der Kasseler Schlosser Konrad Schumacher das weite Meer überquerte und 1908 endlich die Landschaft in Puerto Oktay erblickte, ahnte er nicht, dass die Verbindung zu seiner Heimat trotz der großen Entfernung zum abgelegenen Chile noch in der dritten Generation seiner Nachfahren weiter leben würde. Sein Enkel Edgardo Schumacher lebt in Viña del Mar und hat inzwischen selber sieben Enkelkinder. Der gebürtige «Osornino» erzählt, dass er als Chilene mit deutschen Vorfahren zwar einen deutschen Pass besitze, dass er ihn aber kaum benutzt habe. Doch beim Gespräch merkt man schnell, dass die Beziehung zu seinen Wurzeln noch sehr lebendig ist und dass sie sich insbesondere in seinem langjährigen Engagement als Schatzmeister und Geschäftsführer des Deutschen Turn- und Sportvereins Valparaíso ausdrückt.
Der 74-Jährige erklärt, dass ihm diese Zeit der Quarantäne besonders schwerfalle, denn: «Ich bin doch ein Mensch, der immer viel aktiv ist.» Immerhin bringe der Computer den Vorteil, sich weiter mit seinen Vereinskollegen treffen zu können, um wenigstens auf diese Art und Weise etwas auf den Weg bringen zu können.
Denn sein großes Anliegen ist es, den Turn- und Sportverein weiterzuentwickeln, eine Aufgabe, die sein Stolz und Lebensinhalt ist: «Gerade in den letzten Monaten vor der Pandemie konnten wir dem DTSV richtig Schwung geben.» Durch die intensivere Zusammenarbeit mit der Deutschen Schule Valparaíso seit letztem Jahr konnte der Verein eine Reihe jüngere Mitglieder gewinnen. Viel Freude bereitet es ihm offensichtlich, auch mal die Kleinsten in deutscher Sprache anzusprechen: «Wir wollen ja auch weiter die deutsche Sprache und Kultur vermitteln.»
Bereits der Schüler der Deutschen Schule Osornos und Temucos und später der Student der Buchhaltung in Temuco interessierte sich für Sport, vor allem für Faustball. Mit Begeisterung erinnert er sich an seine Teilnahme als Faustballspieler an Meisterschaften in Frankfurt, Schweinfurt in Unterfranken und Novo Hamburgo, Brasilien. Medaillen habe es dabei kaum gegeben, doch diese Erfahrungen haben ihn geprägt und gezeigt, dass Sport weit mehr als die Ausübung einer bestimmten Disziplin ist.
1967 erhielt der junge Edgardo sein Diplom als Buchhalter und Rechnungsprüfer und zog nach Santiago, um seine Anstellung bei der Firma Ultramar anzutreten. Nach drei Jahren wurde er von der Firma nach Valparaíso entsandt. Edgardo lächelt, wenn er erzählt, dass dieser Aufenthalt sich zunächst auf nur einen Monat beschränken sollte. Das Leben überraschte ihn, denn er wohnt inzwischen bereits seit 50 Jahren in der Hafenstadt. Man könnte behaupten, dass das Jahr 1970 ein Wendepunkt für ihn bedeutete, denn durch die neue Anstellung in Valparaíso kam auch seine Begegnung mit dem DTSV zustande. Man merkt ihm die
Genugtuung beim Erzählen an, dass er während der Zeit der Leitung von Georg Schwarz im September des Jahres, als der Club seinen hundertsten Geburtstag feierte, seinen Mitgliedsantrag abgab – und somit gemeinsam mit dem Ehrenpräsidenten Klaus May zu den ältesten Mitgliedern des Vereins heute zählt. Damals ahnte er sicherlich noch nicht, dass sich eine solch tiefe Verbindung mit dem Verein entwicklen würde. Zunächst engagierte er sich als Mitglied im Vorstand und ab 1985 erhielt er die Verantwortung des Schatzmeisters. Bis heute ist er in diesem Ehenamt tätig. Seitdem hat Edgardo viele Etappen der Entwicklung des Sportvereins miterlebt, die sich von der Überwindung der Folgen des Erdbebens im Jahr 1985, mit dem Umzug nach El Salto in Viña del Mar vor fünf Jahren, bis hin zur heutigen erfolgreichen Kooperation mit der Deutschen Schule Valparaíso erstreckt.
Edgardo Schumacher scheint beide Eigenschaften – die eines Deutschen und eines Chilenen – in sich zu vereinen: Einerseits ist er diszipliniert und zuverlässig und kümmerte sich jahrzehntelang um die Finanzen von Firma oder Verein, andererseits zeigt der freundliche Mann eine ausgeprägte Kontaktfreudigkeit, Temperament und Humor – selbst die Moderation des Winterballs scheut er nicht.
Nach seiner Pensionierung arbeitete er weiter bei Ultramar und bei TPS (Terminal Pácifico Sur Valparaíso). Bereits nach drei Monaten zu Hause als Rentner bekam er von seiner Frau die Empfehlung ans Herz gelegt, «sich doch noch einen neuen Job zuzulegen». Tatsächlich arbeitet er seitdem bis heute auch in der Geschäftsführung des Sportvereins.
Wenn man ihn nach seiner schönsten Erfahrung beim DTSV fragt, antwortet er sofort, dass es wunderbar sei, zu beobachten, wie Kinder sich beim Sport einbringen und unbedingt gewinnen wollen. Die Zukunft des Sports in Chile sieht er in einer stärkeren langfristigen Förderung der Kleinsten, die idealerweise Sport täglich in der Schule ausüben sollten. Er selber möchte sich auch weiterhin für den Verein und die anderen deutschen Institutionen einsetzen. Denn Edgardo Schumacher meint: «Die Zeit für den endgültigen Ruhestand wird schon irgendwann kommen.».