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2500 Jahre Buddhismus – zwischen Spiritualität und Lifestyle

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Buddhistischer Mönch im klassischen gelben Anzug in Zhenjiang (China), Foto: Stefanie Hornung

Von Stefanie Hornung

Über 2.500 Jahre ist die indische Religionslehre und philosophische Weltanschauung des Buddhismus alt. Als Religionsgründer gilt Siddhartha Gautama, dessen «Moment der Erleuchtung» die buddhistische Zeitrechnung einläutete. Seitdem hat sich diese der fünf Weltreligionen in weiten Teilen Asiens und darüber hinaus verbreitet. Rund 360 Millionen Menschen weltweit bekennen sich zum Buddhismus. Doch wer war eigentlich dieser Siddhartha Gautama?

Sohn aus gutem Hause

Nach der Überlieferung wurde Siddhartha Gautama in der Stadt Lumbini im nordindischen-nepalesischen Grenzgebiet in eine herrschende Fürstenfamilie geboren. Wann genau – darüber sind sich Religionswissenschaftler und -forscher nicht einig. Die Zahlen seines Geburtsjahres schwanken zwischen 563 und 483 vor Christus. Ebenso wenig verbrieft ist sein genaues Todesjahr, doch die gegenwärtige Forschung nimmt zirka 420 vor der christlichen Zeitrechnung an.

Die privilegierte Herkunft beschreibt der Fürstensohn der Familie Shakya später so: «Ich hatte einen Palast für den Sommer, einen für den Winter und einen für die Regenzeit.» Paläste, Diener und Haremsdamen gehörten damals zur Standardausstattung eines Adeligen. Auch heute noch zeugen prachtvolle Paläste von dem Privileg der herrschenden Klasse, sich in der feucht-heißen Monsunzeit in die kühleren Regionen Nordindiens zurückziehen zu können.

Erleuchtungsmoment «Bodhi»

Dieses fast paradiesisch anmutende Leben kann den Fürstensohn auf Dauer nicht zufriedenstellen. Der junge Mann macht Ausflüge, flüchtet sich in die Einsamkeit und Meditation. Der Legende nach trifft er auf einem seiner Ausflüge einen alten Mann, einen Kranken und einen Toten und erkennt, dass Reichtum und Luxus nicht die Grundlage für Glück sind. Doch was ist Glück? Wie sind die essentiellen Leid-Erfahrungen wie Altern, Krankheit, Tod und Schmerz mit dem Leben verbunden und wie kann der Mensch damit glücklich leben?

Klassische Buddha-Darstellung des Siddhartha Gautama im indischen Bundesstaat Andhra Pradesh

Siddhartha Gautama möchte herausfinden, was die Natur des menschlichen Glücks ist. Der 29-Jährige ändert sein Leben radikal. Er zieht aus dem Palast aus und geht auf Wanderschaft, ernährt sich von Almosen. Während der sieben Jahre dauernden Askese meditiert er, studiert verschiedene Religionslehren und Philosophien, bis er Erleuchtung (Bodhi) findet. Unter einer Pappelfeige im Bodhgaya im heutigen Nordindien rastend, erkennt er plötzlich, dass der Mensch nicht an ein Leben im Jetzt gebunden ist und aktiv an seinem eigenen Glück arbeiten muss – die Geburtsstunde des Buddhismus.

Wenig später beginnt Siddhartha Gautama, seine Philosophie in Lehrreden an Interessierte weiterzugeben, das «Rad der Lehre» (Dharmachakra) in Gang zu setzen. Fortan nennen ihn die Menschen «Buddha» – der Erleuchtete. Bis zu seinem Tod gibt er seine Philosophie weiter.

Erfahrungsreligion und Philosophie

Nach der buddhistischen Lehre haben Erfahrungen und Geschehnisse ihre Ursachen nicht nur in diesem Leben, sondern auch in früheren Existenzen. Das sogenannte Karma-Prinzip besagt, dass alles, was in der Gegenwart und Vergangenheit geschieht – Gedanken, Rede und Handlung – auch in die Zukunft wirken. Ob jemand also «gutes Karma» oder schlechtes hervorruft, hängt von seiner persönlichen Haltung und Handlung ab. Es kommt also in erster Linie auf die Summe der Erfahrungen an, die für das Glück – das auch in der Zukunft liegen kann – entscheidend ist.

Damit unterscheidet sich der Buddhismus wesentlich von den sogenannten Glaubensreligionen wie Christentum, Judentum oder Islam und gehört in die Kategorie der Erfahrungsreligionen wie auch Hinduismus und Taoismus.

Ziel des Buddhisten ist die Entfaltung des eigenen Geistes. Die Fähigkeit zur Erleuchtung, wie sie auch Siddhartha Gautama erlebt hat, sei in jedem Menschen bereits vorhanden. Der Weg zur Erleuchtung führt über Selbstständigkeit und Eigenverantwortung des Menschen. Hier unterscheidet sich das buddhistische Prinzip auch vom Christentum: Während die Erlösung von Leid und Sünde laut Jesus nur durch Gott gewährt werden kann, gibt es im Buddhismus keinen allmächtigen Gott. Vertreter beider Religionen glauben aber, dass der Mensch zwar Schlechtes in sich trägt, er aber durchaus Gutes hervorbringen kann – ein Buddhist durch eigene Kraft; ein Christ durch die Liebe Gottes.

Im Buddhismus gibt es daher wenige Vorschriften von außen. Buddhas Belehrungen sollen bewusst hinterfragt und durch die eigenen Erfahrungen überprüft werden. Eine Anleitung bieten die sogenannten «Vier edlen Wahrheiten». Diese philosophischen Grundsätze sollen helfen, das von Buddha als «Leid» diagnostizierte Leben in ein glückliches Dasein zu verwandeln.

Verbreitung des Buddhismus

Diese recht einfache Philosophie erfreute sich in den Jahrhunderten nach Buddhas Tod großer Beliebtheit und breitete sich von Indien aus schnell im asiatischen Raum aus. Prominente Unterstützung erhielt die Verbreitung der Lehre von machtvollen Herrschern wie König Ashoka (304 bis 232 v. Chr.), der nach einer glanzvollen Karriere als Eroberer und Begründer des ersten indischen Großreiches zum Buddhismus konvertierte und fortan seinen Staat nach dessen Prinzipien umformte. König Ashoka war der maßgebliche Förderer des Buddhismus und legte den Grundstein für die heutige Weltreligion. Mit rund 360 Millionen Anhängern steht der Buddhismus von der Anzahl der Gläubigen her weit hinter dem Christentum (2,26 Milliarden), dem Islam (über 1,8 Milliarden) und dem Hinduismus (knapp eine Milliarde). Der überwiegende Teil lebt in Asien. So bekennen sich zum Beispiel 95 Prozent aller Thailänder zum Buddhismus und immerhin 18 Prozent aller Chinesen, die damit rund die Hälfte aller Buddhisten ausmachen. Immer mehr Menschen auch der westlichen Hemisphäre bezeichnen sich als Buddhisten. In Deutschland und der Schweiz – anders als in Österreich und vielen weiteren Ländern Europas – ist er übrigens nicht staatlich als Religion anerkannt.

Zwischen Erleuchtung und Lifestyle

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts begeisterten sich Schriftsteller wie Hermann Hesse für die fernöstliche Religion. Sein Buch «Siddhartha. Eine indische Dichtung», eine am Leben des originalen Buddha angelehnte Erzählung über Sinnsuche und -findung, mutierte in den frühen 1960er Jahren zur Bibel der Hippies. Die im Buch beschriebene Sehnsucht nach Ausgleich und Angekommensein ohne Ansprüche von Seiten der Gesellschaft spiegelte sich offenbar im Lebensstil der Hippies wieder. Die zuerst in Kalifornien entstandene Jugendkultur schwappte mitsamt einer esoterisch verbrämten Buddha-Verehrung in andere Länder über. Scharen von Hippies wanderten kurzzeitig oder für immer ins indische Goa, um in dieser ehemaligen portugiesischen Kolonie frei von jedem gesellschaftlichen Zwang zu leben und vermeintlich Erleuchtung zu finden.

Modisches Dekoelement

Von ihren Reisen brachten viele Hippies Erinnerungsstücke in ihre Heimatländer mit: nepalesische Wimpelketten, klingenden Silberschmuck, Räucherstäbchen und bunte Stoffe. Und eben auch Buddha-Figuren – letztere Artefakte, die sich heutzutage serienmäßig in Dekorationsgeschäften, Möbelhäusern und Gartenbaumärkten zum Kauf finden. Reiseanbieter kreieren Entschlackungs-Kuren in Indien, Indonesien und anderen asiatischen Ländern, frei nach der buddhistischen Lehre und verbunden mit Askese-Elementen und Yoga-Kurs. Modedesigner entwerfen fernöstlich inspirierte Kleider mit Motiven des Buddha-Kopfes. Und wer in Thailand, Kambodscha oder Vietnam eine Sightseeing-Tour bucht, landet gelegentlich in einer Verkaufsausstellung eines Steinmetzes. Tausende von Buddha-Figürchen aller Größen und Preise warten auf Touristen mit gut gefüllten Geldbörsen. Eine ganze Industrie lebt heute von Buddha.

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