Sorgenvoller Blick auf die Sommersaison
War schon Anfang 2019 die Krise in Argentinien dafür verantwortlich, dass sich die sonst so reisefreudigen Nachbarn Chiles sich kaum an den Stränden des Pazifiks oder im grünen Süden blicken ließen, so hat die Entwicklung seit Oktober ebenfalls enorme Auswirkungen auf die Tourismusindustrie des Landes.
Von Stefanie Hornung
Die Ferien haben begonnen und dort, wo normalerweise Menschenmassen die Strände bevölkern und ab Weihnachten kein freies Hotelzimmer oder eine bezahlbare Ferienwohnung zu bekommen wäre, gibt es viel Platz und Kapazitäten. Und zwar nicht erst seit Beginn der sozialen Krise im Oktober vergangenen Jahres. Allein in der ersten Jahreshälfte bis September verzeichneten die Tourismusstatistiken 19,5 Prozent weniger ausländische Gäste, darunter signifikant weniger aus Brasilien und Argentinien. Im Oktober, dem Beginn der Krise in Chile, wurden im Vergleich zum Vorjahr 17 Prozent weniger ausländische Gäste gezählt. Doch auch die Jahresbilanz 2019 sieht nicht rosig aus: Insgesamt rechnet die Federación de Empresas de Turismo de Chile (Fedetur) mit einem Rückgang von 28 Prozent bei ausländischen Touristen. Für 2020 wird ein Rückgang der Touristenzahlen um bis zu 35 Prozent prognostiziert. Bei einem Andauern der Krise sähe es noch schwärzer aus, warnen die Tourismus-Experten: Bis zu 70 Prozent weniger ausländische Gäste könnten nach Chile kommen.
Hotellerie und Gastronomie leiden
Davon betroffen sind insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen (Pyme), die einen erheblichen Anteil an den Gastronomie- und Hotelleriebetrieben ausmachen. Die Hotelbranche insgesamt rechnet mit fallenden Übernachtungspreisen. Bis zu 40 Prozent Preisnachlass seien zurzeit bei kleineren Unterkunftsanbietern möglich. Auch große Hotelketten geben auf Nachfrage durchaus Rabatte. Und die chilenische Hotellerie-Vereinigung plant bereits Kampagnen zur Revitalisierung des Marktes. Neben den bereits erwähnten Angeboten zu niedrigen Preisen will die Vereinigung mit Werbekampagnen gezielt die Nachfrage im Ausland stärken. Das Land sei sicher und alles funktioniere. Soweit so optimistisch. Dennoch verzeichnen vor allem die besonders von Protesten betroffenen Regionen wie Valparaíso, Viña del Mar und Santiago erhebliche Einbußen. Um bis zu 50 Prozent weniger Übernachtungen seien über das Jahresende zu verzeichnen gewesen, so der Servicio Nacional de Turismo (Sernatur).
Hoffnung auf den Binnen-Tourismus
Dass letztendlich auch der chilenische Binnen-Tourismus betroffen ist, zeigt sich an den bei Einheimischen beliebten Zielen abseits der größeren Urlaubsorte. Aus der Region De Los Ríos gab Paulina Steffen, Regional-Direktorin des Sernatur, einen Rückgang der Touristenzahlen zwischen 40 und 70 Prozent seit Oktober 2019 bekannt. Und Frank Zernott, privater Vermieter von Ferienapartments in Reñaca, beklagt in einem Zeitungsinterview, dass nun um Übernachtungspreise gefeilscht werde und direkt nach einem Preisnachlass gefragt werde – von Einheimischen wie von ausländischen Touristen. Hans Schöndorfer, Besitzer des Hotels Andenrose in Curacautín bei Temuco stellt fest: «Im Januar sind wir normalerweise voll. Die Hälfte der deutschen, österreichischen und schweizerischen Touristen hat das Zimmer storniert, auch im November und Dezember.» Da sich nun in Temuco die Lage beruhigt habe, hofft der gebürtige Bayer: «Die Chilenen entscheiden immer sehr kurzfristig, daher gehe ich davon aus, dass in den nächsten Wochen noch mehr Gäste kommen werden.» Allerdings habe er kein zusätzliches Personal eingestellt, wie es um diese Zeit normalerweise der Fall ist.
Kreuzfahrten nach wie vor gebucht
Der Rückgang wirkt sich jedoch nicht auf alle Bereiche aus. Kreuzfahrten haben nach wie vor Konjunktur. Anfang November lief das erste in Chile gebaute Kreuzfahrtschiff «Magellan Explorer» in Punta Arenas vom Stapel: 90 Meter lang, mit einer Kapazität für 100 Passagiere und ausgestattet mit einem eistauglichen Doppelrumpf der Klasse PC6. Der neue Stern der Tourismusfirma «Antarctica 21», die neben Kreuzfahrten mit insgesamt drei Schiffen auch Passagierflüge auf den Eiskontinent anbietet, ist von der Krise in Chile bislang nicht betroffen…
Den kompletten Artikel lesen Sie in der Printausgabe des Cóndor vom 10. Januar 2020.