Mit Charme und Organisationstalent die Liga verjüngt
Von Silvia Kählert
Charmant, offen und ein großes Organisationstalent – das ist Christian Kroneberg, der bis Mitte November acht Jahre lang den Deutsch-Chilenischen Bund (DCB) geleitet hat. Mit diesen Eigenschaften hat er es geschafft, für eine deutliche Verjüngung dieser im Jahr 1916 gegründeten gemeinnnützigen Institution zu sorgen.
Wenn der aus der Araucanía stammende Christian Kroneberg etwas in die Hand nimmt, dann wird auch etwas draus – und das schafft er auf ganz ruhige und gelassene Art und Weise und Humor ist auch oft dabei. Das sieht man an dem engagierten Team des DCB, am Kulturprogramm mit Highlights, wie dem Aquarellwettbewerb, und am anhaltend großen Interesse am Schüleraustausch-Programm nach Deutschland und genauso am Zeltlager im Sommer.
Zupackend war der Deutsch-Chilene schon als Junge: «Ich liebte es zu meinem Großvater aufs Land zu fahren und bei der Ernte zu helfen. Es war auch kein Problem für mich als Zehnjähriger mit dem Traktor oder der Camioneta unterwegs zu sein.» Drei Stunden fuhr der Junge mit der Bahn von Temuco nach Los Sauces ganz allein. Zu seinem Großvater habe er eine ganz besondere Beziehung gehabt, liebte es, seinen Geschichten zuzuhören, die dieser immer auf Deutsch vortrug. «Vor allem über Australien, wo mein Uropa gelebt hatte.» Ursprünglich kommt die Familie aus Thüringen.
Als Ältester von drei Geschwistern stellte sich ihm mit 16 Jahren die Frage nach seinem weiteren Weg. Sein Vater riet ihm: «Du bist gut in Mathe. Geh auf die Marineschule in Valparaíso. Das ist eine gute Vorbereitung aufs Leben.» Tatsächlich verbrachte Christian Kroneberg 20 Jahre bei der Marine. Das hat er auch nie bereut:«Ich wurde Marineoffizier und lernte mit Chiffriersystemen zu arbeiten.»
Ein geschichtlich wichtiges Ereignis Chiles erlebte er als junger Mann von 23 Jahren hautnah: «Ich bin selber im Dezember 1978 auf dem Schiff Esmeralda gewesen, als der Beagle-Konflikt zwischen Argentinien und Chile seine gefährlichste Phase erreichte.» Besonders hat er in Erinnerung: «Ich habe nie Angst gehabt – wir waren entsprechend vorbereitet worden.» Obwohl klar war, dass Argentinien im Vorteil war: «Sie hatten zehn Flugzeuge – wir hatten nur Schiffe.» Der junge Kadett war dabei ausgerechnet auf dem Schiff des Admirals stationiert. «Aber ich habe mich immer sicher gefühlt und habe meine Zeit bei der Marine in guter Erinnerung behalten», erklärt der 64-Jährige. Die Marine hat seine Dienste anscheinend auch sehr geschätzt: Seit Anfang des Jahres ist er Ehrenmitglied des Marineclubs in Valparaíso.
Mit Mitte 30 entschloss sich Christian Kroneberg, einen neuen beruflichen Weg einzuschlagen. Er hatte inzwischen geheiratet, seine drei Kinder Christel, Marianne und Max waren schon auf der Welt und der Familienvater und seine Frau hatten ein eigenes Haus gekauft. «Ich machte mich mit Walkie-Talkies selbständig», erzählt er. Das Geschäft mit der Vermietung von 500 Geräten lief gut und es brachte zu seiner Freude mit sich, dass es auch seinem kulturellen Interesse entgegenkam. «In der heutigen Moviestar-Arena war ich rund fünf Jahre praktisch für die ganze Organisation der Shows zuständig. Wenn dann weltberühmte Stars, wie Phil Collins oder Michael Jackson in Chile ein Konzert gaben, stand ich ganz oben und hatte den besten Blick – und meine Kinder durften auch ab und zu dabei sein.»
Als dann die Telefónica in das Geschäft einstieg, konnte er den Preisen des großen Unternehmens nicht standhalten. Der damals 40-Jährige sah sich nach einer neuen Aufgabe um. Erstmals kamen ihm seine Deutschkenntnisse zugute: Die Lufthansa stellte ihn im Bereich Bodenabfertigung ein. Stichwort dabei war «Weight & Balance». Christian Kroneberg erklärt: «In ein Flugzeug wurde damals alles Mögliche reingeschoben, auch chemische Mischungen. Da kam es darauf an, aufzupassen, dass auch das Richtige nebeneinander stand und das Gewicht ausgeglichen war.» Anfang des neuen Jahrtausends ging er für die Lufthansa nach Venezuela. Das kam dem weltoffenen Mann ganz entgegen. Zumal er nicht lange dort alleine blieb. Mit seiner zweiten chilenischen Frau Paulina führte er jahrelang eine Fernbeziehung zwischen Caracas und Santiago. Privat, aber auch beruflich passte die Geschäftsführerstelle des DCB in diesem Moment in seinen Lebenslauf. Alle seine Erfahrungen und Kenntnisse kamen acht Jahre lang der Aufgabe des Leiters des DCB zugute, der vor allem den Zusammenhalt der Chilenen deutscher Abstammung durch den Erhalt der deutschen Sprache und Kultur fördern soll. Gemeinsam mit Heidi Rathke erstellte er jedes Jahr wieder ein umfangreiches Kulturprogramm mit im Schnitt acht Konzerten, zehn Ausstellungen, aber auch Lesungen. Jüngeres Publikum zog er an durch den von ihm initiierten Frühschoppen samstags im Club Manquehue und als Vorstandsmitglied konnte er Klaus Brien Klagges gewinnen, der das Sommerlager des DCB organisiert. Damit die vielen Musikkonzerte und Vorträge abends gut über «die Bühne gingen», war häufig Christian Kronebergs Einsatz auch zu Uhrzeiten gefragt, wenn andere Freizeit haben. Doch bei den Terminen merkte man ihm seinen Enthusiasmus für Kunst, Kultur oder auch geschichtliche Themen an und dass dies nicht nur Pflichtübungen waren.
Nun möchte er noch einmal mit seiner Frau Andrea einen Neustart in der Heimat seiner Vorfahren wagen. Langweilig wird es ihnen bestimmt nicht: «Meine Tochter in Essen hat meine Frau schon als Tagesmutter für unseren Enkel eingeplant.» Für sich selber hat er auch schon so viele verschiedene Ideen, dass man jedenfalls mit einem ruhigen Rentnerdasein bei dem umtriebigen Mann noch lange nicht rechnen kann.