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miércoles, 7. junio 2023
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Dr. Rosmarie Kroneberg – Ärztin und Gartenarchitektin

Zurück zur Natur

Rosmary Kroneberg vertraut den Heilkräften frischer Kräuter.

Ärztin und Gartenarchitektin sind zwei Berufe, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Wirklich nicht? Rosmarie Kroneberg hat beide ausgeübt und dabei zahlreiche Gemeinsamkeiten gefunden.

Von Walter Krumbach

Eigentlich interessierte sie sich zurzeit ihres Schulabgangs Anfang der 1970er Jahre für Design und Architektur. Damals waren diese Laufbahnen jedoch «keine selbstverständliche Berufsalternative», meint Rosmarie Kroneberg, weshalb sie sich für ein Medizinstudium in ihrer Heimatstadt Concepción entschied. Viele Jahre später, als sie bereits eine erfahrene Narkoseärztin war, kam sie auf ihre ursprünglichen Berufswünsche zurück. Sie wollte eine Tätigkeit ausüben, die ihren Träumen entsprach und die sie mit ihrem Arztberuf zeitlich in Einklang bringen konnte. Da das neue Studium nicht umsonst war, musste sie beides gleichzeitig machen, studieren und arbeiten, um den Lehrgang bezahlen zu können. So kam sie auf einen Studiengang des Inacap, der sich Design und Erstellung von Grünflächen nannte. Im Jahr 1998 machte sie ihr Diplom und fortan widmete sie sich beiden Berufsrichtungen parallel. Heute ist sie als Medizinerin pensioniert.

Während des Studiums drückten ihr mehrere Personen aus ihrem Bekanntenkreis ihre Verwunderung darüber aus, dass sie «die Medizin durch die Erde ersetzte», wie man es ihr sagte. Dazu meint sie: «Als Anästhesistin war es meine Aufgabe, Schmerzen zu lindern, dem Patienten die Angst vor der Operation zu nehmen, kurz, ich versuchte, ihm den Eingriff so angenehm wie möglich zu gestalten.» Das ist ihrer Ansicht nach mit dem Entwerfen eines Gartens nicht unähnlich, wobei der Fachmann ein Gelände schafft, auf dem der Auftraggeber sich ausruht, sich entspannt und mit seinen Kindern spielt: «Das ist Gartenbautherapie», erklärt sie, und führt dazu ein Beispiel an: «Es ist wissenschaftlich belegt, dass ein Kranker, der von seinem Bett aus auf eine Mauer schaut, viel größere Dosen schmerzstillender Mittel benötigt als einer, der eine Grünfläche betrachtet.»

Während einer Europareise besuchte Rosmarie Kroneberg die Universität Oxford. Dort entdeckte sie einen botanischen Garten, in dem Kräuter gezüchtet wurden. Er gehört zur Medizinfakultät und hat zum Ziel, dass die Studenten die heilenden Eigenschaften der Pflanzen erforschen können. Dieses Erlebnis hatte zur Folge, dass sie ihre Wohnung aufgab und in ein Haus zog, wo sie einen Garten mit verschiedenen Kräutern anlegte, «von denen ich täglich welche esse.» Damit meint sie Majoran, Schnittlauch und Petersilie, mit denen sie ihre Gerichte würzt, aber auch «eine große Menge Pflanzen, die entzündungshemmende, antirheumatische, antinarbenbildende oder zellenregenerierende  Eigenschaften besitzen.» Der chilenische matico etwa, «eine Pflanze, die bisher kaum erforscht worden ist, hat als Narbenheilmittel wunderbare Eigenschaften. Das habe ich als Kind gelernt, als meine Mutter mir die Wunden mit matico-Blättern auskurierte.»

Rosmarie Kroneberg ist eine begeisterte Anhängerin der naturverbundenen Medizin. Daher entbehrt ihre kritische Betrachtungsweise der heutigen akademischen Medizin nicht einer gewissen Logik: «Wir verlangen vom Staat, dass er uns von allem Möglichen heilt und uns ad eternum am Leben erhält. Der Sinn vom begrenzten Leben ist verlorengegangen. Das einzig sichere ist ja, dass wir eines Tages sterben werden. Das wollen viele Leute nicht wahrhaben, wenn sie zum Beispiel einen Angehörigen acht Jahre im Krankenhaus liegen haben und dich dann fragen: Wird er nun sterben? Es ist schon kurios.» Rosmarie Kroneberg hat mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung als Medizinerin gelernt, dass «wir unseren Krankheiten vorbeugen müssen, indem wir uns gesünder beköstigen, und uns mit den möglichst frischen, hoffentlich gerade geernteten Erzeugnissen der jeweiligen Jahreszeit ernähren.» Sie glaubt an die Selbstpflege und –prävention.

Die oft als «überaus gesunde» gepriesene mediterrane Kost wird mit vielen der Kräuter gewürzt, die Rosmarie Kroneberg empfiehlt und selber verwendet: «Rosmarin, Salbei, Majoran und Thymian sind mittelmeerische Kräuter, und wir haben das Glück, sie bei uns zu haben, weil Mittelchile eines der fünf Gebiete der Welt ist, die mediterranes Klima haben, weshalb wir diese Pflanzen anbauen können.» Was den Rest der Welt anbetrifft, meint die Ärztin: «Gott hat auf jedem Kontinent Kräuter mit heilenden Eigenschaften angelegt. In Chile haben wir sie allerdings bisher noch nicht ausreichend erforscht.»

Heute hat Rosmarie Kroneberg die akademische Medizin völlig aufgegeben. Sie gibt weder Narkose noch widmet sie sich Aufgaben in der Verwaltung. Mit einer Geschäftspartnerin betreibt sie ein Landschaftsbau-Unternehmen, «wo wir Gärten nach den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden entwerfen oder umgestalten.» Sie gesteht, dass es sie sehr frustrieren kann, wenn jemand zu ihr sagt: «Da ist der Pool, bitte tun Sie Gras drum herum! Um so etwas zu machen, braucht er ja keinen Gartenarchitekten zu engagieren.» In ihrer Freizeit hat die Beschäftigung mit verschiedenen künstlerischen Bereichen Vorrang: Sie besucht leidenschaftlich gern Ballettvorstellungen und liest anspruchsvolle Bücher. Mit Begeisterung las sie kürzlich «Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur» von Andrea Wulf. Natur ist überhaupt ein Begriff, der bei ihr einen hohen Stellenwert einnimmt, so zum Beispiel, wenn sie von ihrem Hobby, Sandsteinkeramik zu modellieren, erzählt: «Dabei genießt man das unbeschreibliche Gefühl, die Hände in der Erde zu haben und sich mit der Natur zu verbinden…»
Kontakt: rosmarie.kroneberg@gmail.com

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