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Zum 300. Geburtstag von Leopold Mozart

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Klassiker mit lebhafter Fantasie

Leopold Mozart, Porträt von Pietro Antonio Lorenzoni

Am 14. November 1719, vor 300 Jahren, wurde Leopold Mozart in Augsburg geboren. Meist wird er mit Wolfgang Amadeus Mozart in Verbindung gebracht, dessen Genie er früh erkannte. Dabei bleibt seine eigene Leistung meist auf der Strecke. Leopold Mozart war nämlich weit mehr als ein beflissener Musikpädagoge seines Sohnes. 

 Von Walter Krumbach

1756 verfasste er das Lehrbuch «Versuch einer gründlichen Violinschule», mit dem er beabsichtigte, der mangelhaften Ausbildung junger Geiger etwas Handfestes entgegenzusetzen. In der Vorrede nimmt er zur Kenntnis: «Mir that es oft sehr leid, wenn ich fand, dass die Lehrlinge so schlecht unterwiesen waren: dass man nicht nur alles vom ersten Anfange nachholen; sondern viele Mühe anwenden musste die ihnen beygebrachten, oder wenigstens nachgesehenen Fehler wieder abzuziehen. Ich fühlte großes Beyleid, wenn ich schon gewachsene Violinisten, die sich manchmal nicht wenig auf ihre Wissenschaft einbildeten, ganz leichte Passagen, (…) ganz wider die Meinung des Componisten vortragen hörte.»

1829 schrieb der Komponist Carl Friedrich Zelter an Goethe: «Der Vater (W. A. Mozarts) war ein tüchtiger Musikus; seine Violinschule ist ein Werk, das sich brauchen lässt, solange die Violine eine Violine bleibt; es ist sogar gut geschrieben.» In der Tat dient die Publikation heute noch den Musikwissenschaftlern, die sich mit der historischen Aufführungspraxis beschäftigen, als wertvolle Informationsquelle.

Leopold Mozart war gewiss nicht nur ein Experte im Geigenspiel, sondern ein versierter Komponist.  Seine Werke wirken gleich beim erstmaligen Hören einnehmend und  ansprechend. Der Tonschöpfer hält sich zwar immer strikt an die rigorosen Regeln der Wiener Klassik, lässt aber nichtsdestotrotz seiner Fantasie freien Lauf. Bei seinem Divertimento «Musikalische Schlittenfahrt» etwa kommen zum Orchester fünf abgestimmte Schlittengeläute und zwei Courrierpeitschen hinzu, die für fulminante Knalleffekte sorgen. Einigen Schallplatteneinspielungen dieses Werks wurde noch zusätzlich Hundegebell und Pferdewiehern eingeblendet, was die Realistik des winterlichen Ausflugs noch um ein weiteres steigert.

Auch die «Jagdsinfonie» wartet mit außergewöhnlichen Effekten auf. Angefangen bei den sechs Hörnern, die eine unverwechselbare Jagdatmophäre vermitteln, gibt der Autor genaue Anweisungen zur Ausführung des Stücks: «Erstlich müßten die g horn ganz rauh geploßen (geblasen)werden, wie es nemlich bey der Jacht gewöhnlich und so forte alß immer möglich. item kann auch ein hifthorn da bey sein. Dann soll man etliche hunde haben die bellen, die übrigen aber schreyen zusam ho ho etl. aber nur 6 Tact lang».

Ein besonders stimmungsvolles Werk ist «Die Bauernhochzeit». Hier kommen Dudelsack und Drehleier als Soloinstrumente schwungvoll zum Einsatz. Dazu gibt es Böllergeknall und die Gäste rufen «Juhu!»

Bildnis der Familie Mozart (um 1780) von Johann Nepomuk della Croce: Nannerl, Wolfgang und Leopold musizieren gemeinsam. Im Hintergrund, Bildnis von Anna Maria, der verstorbenen Frau Leopolds.

Bevor Leopold Mozart sich für den Musikerberuf entschied, studierte er Philosophie und Jurisprudenz. Allerdings wurde er aufgrund seines mangelnden Interesses relegiert, wie es aus einem am 8. September 1739 datierten Dokument hervorgeht: «Herr Johann Georg Mozart, ein Schwabe aus Augsburg, der vom Anfang dieses Jahres freilich kaum ein- oder zweimal die Physikvorlesung besuchte und sich daher selbst des Namens eines Studenten als unwürdig erwies: Dieser wurde wenige Tage vor dem Examen vor den Rektor zitiert, wo er den Urteilsspruch empfing, dass er nicht länger im Verzeichnis der Studenten zu halten sei; diesen Urteilsspruch nahm er ohne Bitteinwürfe an, gleichsam als ob ihn dies nicht beträfe und ging fort; aus diesem Grund wurde er nicht länger zum Examen gerufen.»

Leopold entschied sich bald darauf für den Musikerberuf. Er begann 1740 als Geiger und Kammerdiener des Reichsgrafen und Salzburger Domherrn Johann Baptist von Thurn und Taxis. 1743 nahm ihn die Salzburger Hofkapelle als vierten Geiger auf, 1747 wurde er zum «Hof- und Cammer-Componist» ernannt.

Aus seiner Ehe mit Anna Maria Pertl entsprangen sieben Kinder, von denen nur Maria Anna («Nannerl») und Wolfgang Amadeus das Erwachsenenalter erreichten. Beide verfügten über ein außerordentliches musikalisches Talent und gaben bereits als Kinder Konzerte. Besonders Wolfgang wurde von seinem Vater europaweit als Wunderkind vorgestellt. Er musste sich an zahlreichen Höfen als Pianist und Geiger produzieren, wobei er seine Zuhörer jedes Mal in Staunen versetzte. Mit Wolfgang besuchte er im Frühjahr 1770 den Vatikan. In einem Brief an seine Frau Anna Maria berichtet er am 14. April: «Du wirst vielleicht oft von dem berühmten  Miserere in Rom gehört haben, welches so hoch geachtet ist, dass den Musicis der Capellen unter der Excomunication verboten ist, eine Stimme davon aus der Capelle weg zu tragen, zu kopieren, oder jemandem zu geben. Allein, wir haben es schon. Der Wolfgang hat es schon aufgeschrieben.» Der 14-Jährige hatte es nach einmaligem Hören fertiggebracht, das Stück aus dem Gedächtnis niederzuschreiben!

Leopold Mozarts Werke sind von solider Faktur, was dazu beigetragen hat, dass sie die Jahrhunderte überdauert haben und heute genauso gerne gehört werden wie zu ihrer Entstehungszeit. Sein größter Verdienst ist jedoch wahrscheinlich, seinen hochbegabten Sohn für eine Musikerkarriere vorbereitet zu haben. Wolfgang hatte das einmalige Glück, als blutjunger Mensch eine Fülle wertvoller Lebens- und Berufserfahrungen von seinem Vater vermittelt zu bekommen, was mitunter ein Grund für sein frühzeitiges Heranreifen und Aufblühen gewesen sein kann.  

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