Disziplin als Leitmotiv

Von Dietrich Angerstein
Für seine jahrzehntelangen ehrenamtlichen Verdienste in der Freiwilligen Feuerwehr erhielt Ewaldo Mödinger das Ehrenkreuz in Gold. Dieses überreichte dem Hundertjährigen im Auftrag des Präsidenten des Verbandes Brandamtsrat Helge Weber, der zu diesem Anlass mit seiner Frau aus Berlin angereist war.
Das ereignisreiche Leben des Bürgers Ewaldo Mödinger aus Llanquihue drängt sich geradezu auf als Beispiel für die vielfältigen Tätigkeiten und Erlebnisse der Generationen, die am Llanquihue-See die Geschichte der Einwanderer prägten. Ewaldo Mödinger steht uns heute noch als Zeitzeuge einer Entwicklung zur Verfügung, deren Ursprünge mehr als 160 Jahre zurückliegen.
Metzgerei ausgebaut
Geboren am 1. September 1919 sah er sich gezwungen im jugendlichen Alter von 15 Jahren nach dem plötzlichen Tod seines Vaters die Metzgerei in Llanquihue zu übernehmen. Gemeinsam mit seiner Schwester Maria Juana führte er nicht nur das väterliche Geschäft weiter, sondern baute es zügig zur Herstellung von Wurstwaren aus. Später gesellte sich dann auch Bruder Arnoldo dazu. Als einen Höhepunkt in seinem Leben pflegte Don Ewaldo seit jeher stets und gerne seinen Militärdienst zu bezeichnen, den er im Regiment Sangra in Puerto Montt ablegte. Dort habe er erst richtig erkannt, was Disziplin bedeute, wie wichtig sie im Leben sei. Disziplin sollte zum Leitmotiv in seinem weiteren Leben werden.
Der «Kornettist»
Nach Beendigung der Dienstzeit und Rückkehr in seinen Heimatort trat Ewaldo Mödinger der 1. Feuerwehrkompanie Germania in Llanquihue bei, bekleidete als Anfänger den Posten eines «Kornettisten». Wir müssen uns daran erinnern, dass in jenen Zeiten Funksprechgeräte, ein Handy und ähnliche Geräte noch gänzlich unbekannt waren, die Befehle in der Feuerwehr also durch Hornsignale weitergegeben wurden. Auch wurde Feueralarm im Ort auf diese Weise kundgetan, eine Sirene kannte man nicht. Für einen jungen Mann wurde diese zur ersten verantwortungsvollen Aufgabe in der damals noch zu Puerto Varas gehörenden Gemeinde.
Mit den Aufgaben wuchs sein Tatendrang. Neben der Tätigkeit in der wachsenden Fleischindustrie, die sich rasch zu dem im ganzen Land bekannten Unternehmen Cecinas Llanquihue entwickelte, nahm ihn die Feuerwehr voll in Anspruch. Sein unermüdlicher Einsatz brachte es mit sich, die Stufenleiter der Feuerwehr zu erklimmen: Zunächst als Leutnant, bald als Einsatzleiter, Direktor, Kommandant und schließlich als Superintendent der Gesamtfeuerwehr am Llanquihue-See konnte die Gemeinschaft bei allen Einsätzen mit ihm rechnen.
Erster Bürgermeister von Llanquihue
Besondere Herausforderungen stellten in diesem Rahmen der Großbrand des Jahres 1943, dem auch sein eigenes Haus zum Opfer fiel und das Erdbeben im Jahre 1960, das wohl noch manchem von uns in Erinnerung sein dürfte. Aufgrund seines stetigen Einsatzes zum Gemeinwohl ernannte ihn Präsident Eduardo Frei Montalva im Jahre 1968 zum ersten Bürgermeister der Stadt Llanquihue, als diese sich endgültig aus der Gemeinde Puerto Varas löste und zur selbstständigen Stadt erklärt wurde.
Im Kreise seiner inzwischen gewachsenen Familie beging Ewaldo Mödinger Leichtle seinen hundertsten Geburtstag am 1. September 2019. Wenn auch körperlich nicht mehr so beweglich wie in früheren Jahren, so nimmt er doch noch regen Anteil am Geschehen seiner Stadt.