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martes, 12. noviembre 2024
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Vor 150 Jahren geboren

Mahatma Gandhi: Indiens «Vater der Nation» und Symbolfigur


Gandhi bleibt bis heute ein beeindruckender Mensch, der fasziniert, begeistert, aber zugleich fremdartig scheint
.

Sein Leben selbst war seine Botschaft und wurde zum Modell des gewaltlosen Kampfes gegen Ungerechtigkeiten. Wie sein Name «Mahatma» schon sagte: Er war die «große Seele» Indiens.

Als Rechtsanwalt, Sanitäter, Vegetarier, selbstversorgender Bauer, Frauenrechtler, Lehrer, Reisender zwischen den Kontinenten, Schriftsteller und Politiker stand er stets im unermüdlichen Einsatz für seine Landsleute in aller Welt. Für viele ein Heiliger, für andere ein Provokateur, blieb er dennoch ein Rätsel.

Schicksalshafte Familienprägung

Mohandas Karamchand Gandhi wurde am 2. Oktober 1869 im kleinen Fürstentum Porbandar, im heutigen Bundesstaat Gujarat, geboren. Der drittgeborener Sohn eines einflussreichen Ministers und Richters wurde früh von der Arbeit seines Vaters geprägt. Die oftmals schiedsrichterliche Funktion des Vaters war ihm Vorbild bei seiner eigenen späteren Anwalts-tätigkeit. Ihm ging es stets um das Verstehen des anderen, das Anhören von Positionen und die Aussöhnung zwischen den Streitenden.

Seine Mutter Putlibai war fromme Hindu, die oft Gelübde ablegte, fastete und religiöse Praktiken ausübte. Auch sie übernahm eine prägende Rolle für Gandhi, der in späteren Jahren Fasten als Quelle seiner inneren Kraft nutzte, mit der er auch Gegner beeindruckte und bezwingen konnte. Dabei war das Fasten weniger ein instrumentelles Druckmittel, sondern bildete vielmehr einen authentischen Kern seines Selbstverständnisses, seiner Frömmigkeit und der gelebten Beherrschung von Geist und Körper.

Die in Indien damals gängige Praxis, Kinder oder Jugendliche zu verheiraten, wurde auch in Gandhis Familie umgesetzt. Mit nur 13 Jahren heiratete er die gleichaltrige Kasturba Maktjaij, mit der er bereits seit seinem siebten Lebensjahr verlobt war. Auch sein zwei Jahre älterer Bruder und ein Cousin wurden bei dieser Hochzeit mit ihren Kindsbräuten vermählt. Gandhi verurteilte später die Kinderheiraten. Vier Söhne gingen aus dieser frühen Ehe hervor. Gandhi, ein wenig herzlicher Vater, nötigte seiner Familie seine Lebensform auf, was sich vor allem bei seinem ältesten Sohn Harilal auswirkte, der seine negativen Erfahrungen auch in einer Biographie festhielt.

Gentleman-Schule London

Mit 19 verließ der junge Familienvater seine Heimat, um in London ein Jurastudium zu beginnen und sich zu einem britischen Gentleman der viktorianischen Epoche zu wandeln‒ samt Zylinderhut, elegantem Abendanzug, Tanz-, Geigen- und Französischunterricht. Durch eine Bekanntschaft zu seinem Landsmann Dr. Pranjivan Mehta kam er in Kontakt zur Theosophie und der Vegetarian Society, für die er auch Schriftführer wurde. Die Beschäftigung mit verschiedenen Religionen stärkte sein spirituelles Verstehen. Nach Abschluss seines Studiums kehrte er als frischgebackener Anwalt 1891 nach Indien zurück. Viel Erfolg war ihm in diesem Beruf nicht beschieden: Der schüchterne junge Anwalt vermochte seine Verhandlungen nicht zu Ende zu führen, da er unter Sprachhemmungen litt.

Neue Heimat Südafrika

1893 übernahm er schließlich einen Auftrag für indische Kaufleute in Südafrika, den er für alle Seiten zufriedenstellend erledigte und ihm in der dort starken indischen Gemeinschaft einen guten Ruf einbrachte. Südafrika sollte seine neue Heimat für die kommenden 22 Jahre werden. Seine Erfahrung mit der Apartheid – der Diskriminierung von Dunkelhäutigen durch die weiße Oberschicht – machten ihn sensibel für notwendige Schutzmaßnahmen für die indischen Lohnarbeiter Südafrikas. 1894 gründete Gandhi den Natal Indian Congress und versuchte durch Eingaben, die britische Kolonialmacht zur Verbesserung der Lage der Inder zu bewegen und zugleich die verschiedenen indischen Kasten zu einer gemeinsamen Politik zu vereinen. 1896 holte er seine Familie nach. In dieser Zeit entstand auch seine berühmte Schrift «Green Pamphlet» – der Name kam vom grünen Einband. Darin klagte er die Diskriminierung indischer Bürger im britischen Empire an. Im Burenkrieg 1899 bildete er

eine Sanitätstruppe und bekundete damit seine Loyalität gegenüber dem Britischen Empire. Ein neuer Abschnitt begann 1903 mit der Eröffnung einer eigenen Kanzlei in Johannesburg und der Auflage der Zeitung «Indian Opinion». Als überzeugter Vegetarier ließ er sich von der Lektüre von Ruskins «Untothis Last» zur Gründung einer eigenen Farm nahe Durham inspirieren. Familie und Freunde Gandhis machten nun Erfahrungen als Selbstversorger-Bauern.

Erster passiver Widerstand gegen Briten

Der Zulu-Aufstand 1906 stellte einen weiteren Wendepunkt im Leben Gandhis dar. Entsetzt von der Gewalt gegen die aufständischen Einheimischen, verlor er jedes Vertrauen darin, dass die Briten seine Loyalität verdienten. Er suchte Erleuchtung in einer spirituellen und asketisch geprägten Keuschheitsphase – einer Lebensform, die für seine Familie eine Herausforderung bedeutete und nicht unbedingt begeistert aufgenommen wurde. In dieser Zeit kam es vermehrt zu Repressalien gegen indische Bürger. Im Januar 1908 wurde auch Gandhi kurzzeitig inhaftiert. Weitere Haftstrafen folgten, weil sich Gandhi an der sogenannten Satyagraha-Kampagne beteiligte, in der Registrierungsausweise für Inder verbrannt wurden. Gandhi nutzte seine Popularität, um aus dem Gefängnis heraus für passiven Widerstand zu werben. Sein Vertrauen darauf, dass dies die Briten zum Umdenken anregen würde, sollte ihn jedoch weiterhin auf eine harte Probe stellen.

Den zweiten Teil zu Gandhis Leben und seinem Einsatz für die Unabhängigkeit Indiens lesen Sie demnächst.

Leseempfehlungen:

Susmita Arp, Gandhi, 2. Aufl., Reinbeck bei Hambug: Rowohlt 2016. (Eine ansprechende Biographie, die die facettenreiche Lebenswelt dieses rastlosen indischen Idealisten verständlich macht)

Franziska Rossen (Hg.), MohandasKaramchand Ganhdi. Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg, München: Kösel 2019. (Eine sehr anregende Zitatsammlung zu zentralen Themen im Leben Gandhis)

Dieter Rothermund, Gandhi. Der gewaltlose Revolutionär, 3. Aufl., München: Beck 2019 (Eine kurze Biographie, die den kulturellen Kontakt dieses großen Inders im Blick behält)

Am 10. Oktober findet um 19 Uhr im DCB ein Vortrag zum Thema «Mahatma Gandhi: el ‚Padre de la nación’ de India y el símbolo de la resistencia pasiva (A los 150 años de su nacimiento el 2 de octubre de 1869) .» statt.

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