Business-Frau mit Ethik und Elan
Gabriele Lothholz wurde in diesem Jahr als erste Frau zur Präsidentin der Deutsch-Chilenischen Industrie- und Handelskammer gewählt. Die Mannheimerin ist eine Managerin, die weiß, was sie will. Trotz ihres erfolgreichen Werdegangs betont sie: «Ich habe keine klassische Karriere gemacht.»
Von Silvia Kählert
In ihrem Leben habe es immer wieder Zeiten gegeben, in denen ihre Familie und ihr Mann Vorrang hatten. Ihre drei Kinder gehen inzwischen ihren eigenen Weg. Ihr Mann Christian und sie haben die Rollen getauscht. Die gestandene Führungskraft multinationaler Unternehmen ist nun ihre große Stütze: «Ich bin dankbar für seinen Rückhalt, ohne den ich nicht so weit gekommen wäre.» Das gelte vor allem für die Leitung ihres Familienunternehmens, der Kommunikationsagentur Voxkom. «Das hätte ich früher nie für möglich gehalten, mal ein eigenes Unternehmen zu führen.» Dass sie das gut macht, zeigt ihre Wahl zu den 100 führenden Unternehmerinnen im Jahr 2012 vom Mercurio und der Vereinigung Mujeres Empresarias.
Als Präsidentin der Deutsch-Chilenischen Industrie- und Handelskammer (AHK) will sie «das zurückzugeben, was die deutsch-chilenische Gemeinschaft und Chile mir gegeben haben, als ich hier ankam.» In das Land am Pazifik kam sie wegen ihres deutsch-chilenischen Mannes. «Wir haben uns beim Tennis in Leverkusen kennengelernt. Später erfuhren wir, dass unsere Väter als Kollegen bei der BASF zusammenarbeiteten», erzählt sie schmunzelnd.
«Mir gefiel es, international ausgerichtet zu sein.»
Gabriele Lothholz Vater arbeitete mehrere Jahre in Peru, wo sie von elf bis 19 Jahren aufgewachsen ist. Eigentlich wollte sie Kinderärztin werden, entschied sich dann aber für ein Studium der Betriebswirtschaftslehre in London und Reutlingen: «Mir gefiel es, international ausgerichtet zu sein.» Daher war es für sie auch kein Problem, ihrem Mann 1995 nach Malaysia und 1998 auf die Philippinen zu folgen. Zumal sie sich bereits seit 1993 beim Kosmetikkonzern L’Oréal profiliert hatte und die Firma ihr daher erst in Kuala Lumpur im Marketing und dann auch in Manila eine Stelle anbot.
«Ich musste mich immer wieder neu definieren. Das war dann kein gerader Karriereaufstieg, aber ich blieb am Ball.» Außerdem kamen in diesen Jahren ihre drei Kinder Janek, Alina und Felix zur Welt und es gelang ihr gut, Familie und Beruf zu vereinbaren.
Schließlich landete die Familie 2003 in Barcelona: «Diese Zeit nutzte ich, um meinen Magister in Unternehmenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit zu absolvieren.» 2005 stand eine grundsätzliche Entscheidung für den neuen Wohnort der Familie Lothholz an: «Wir entschieden uns nach Chile zu ziehen.»
«Chile ist mein neues Zuhause.»
Bald darauf stellte sie die Firma Cencosud ein. Die Managerin entwickelte die Unternehmenskommunikation in einer Zeit, als das Unternehmen auf Expansionskurs war. Eine Aufgabe, die ihr sehr lag: «Ich habe dabei viel gelernt und es gab viel zu tun.» Parallel widmete sie sich mit Elan der Corporate Social Responsibility. «Bei der Fonda Esperanza geht es darum, dass sich Frauen gegenseitig unterstützen.» Auch mit der Comunidad Mujeres begann sie damals zu kooperieren. Seit 2012 begleitet sie selber als Mentorin jährlich eine Frau im Arbeitsleben oder auf dem Weg in den Beruf.
In ihrer momentanen Lebensphase möchte die 52-Jährige vor allem eins: Etwas von dem Wiedergeben, was sie selber gelernt und erfahren hat. «Chile ist mein neues Zuhause. Als Deutsche hat man hier einen Vertrauensvorschuss. Wenn man verantwortungsbewusst handelt, hat man gute Chancen, sich beruflich zu entwickeln.» Das hat sie als Geschäftsführerin der Firma Voxkom erreicht, eine der führenden Agenturen im Bereich der Kommunikation in Chile. Mit 30 Mitarbeitern betreut das Unternehmen rund 40 Marken in den verschiedensten Branchen. Auch wenn es Höhen und Tiefen gegeben habe: «Unser zehnjähriges Jubiläum dieses Jahr spricht für sich.»
Präsidentin der größten binationalen Handelskammer in Chile
Auch als Präsidentin der Camchal kommt der aktiven Frau ihre rund 30-jährige Erfahrung im Bereich Kommunikation und Marketing zugute: «Ich möchte vor allem die Bedürfnisse und Herausforderungen unserer Mitglieder erkennen.» Ein wichtiges Anliegen sei ihr auch, «dass die Camchal als größte binationale Handelskammer in Chile eine Plattform für ihre Mitglieder ist, um deren Angebote sichtbar zu machen, Netzwerkarbeit zu ermöglichen und Brücken zwischen Chile und Deutschland zu schlagen.»
Dazu gehören das Kooperationsmodell mit Insalco und anderen nationalen Bildungseinrichtungen, um die kaufmännische und technische Ausbildung in Chile zu verbessern. Außerdem bedeutsam: der Beitrag der Camchal und ihrer Mitglieder zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Rahmen der Cop25 sowie die Inspiration Tour durch Deutschland, die in diesem Monat zum Thema «Hidden Champions» auf die Stärkung der kleinen und mittelständischen Firmen abzielt.
«Es gibt im Leben mehr als nur Leistung und Erfolg», meint Gabriele Lothholz
Es sporne sie an, als erste Frau und nur für ein Jahr Zeit zu haben, in ihrem Ehrenamt aktiv zu sein. «Ich war bereits fünf Jahre ununterbrochen für die Camchal im Vorstand tätig, daher bleibt mir nur dieses eine Jahr.» Der Vorteil sei: «Ich kenne das Team und die Arbeit sehr gut, war schon sehr gut vernetzt und konnte daher gleich voll einsteigen.»
Sicherlich wurde Gabriele Lothholz dieses Amt nicht nur darum anvertraut, weil sie mit klaren Worten überzeugend auftreten kann. Sie ist ein Mensch, der auch zu seinen Worten steht.
Beim Interview im Cóndor 2014 sprach sie von ihrem Wunsch, Philosophie zu studieren. Letztes Jahr beendete sie ihr Studium mit einer Masterarbeit über das Thema «Ethik in der Unternehmenskommunikation». Das Studium habe ihr geholfen, Werte und Lebensvorstellungen zu hinterfragen. Sie ist der Meinung: «Es gibt im Leben mehr als nur Leistung und Erfolg.»